Sternenflut
seine Empörung über die absolute Autorität der Menschen über seine Spezies wuchs – das heißt, sie wuchs, bis er von den Praktiken des Liftings in der Galaxis insgesamt las. Er erfuhr, daß kein anderer Patron einer vierhundert Jahre alten Klientenrasse das Stimmrecht in ihren Höchsten Räten gegeben hatte.
Charles Dart war verwirrt. Aber dann dachte er über das Wort »gegeben« nach. Er las von den alten Rassenkämpfen der Menschen. War es wirklich weniger als ein halbes Jahrtausend her, daß die Menschen bloß wegen bestimmter Pigmentschattierungen gigantische, einfältige Lügen über einander erfunden hatten? Daß Millionen einander umgebracht hatten, bloß weil sie ihre eigenen Lügen geglaubt hatten?
Dann erfuhr er von dem Zusammenhang zwischen »Klient« und »Statussymbol«, und brennende Scham stieg in ihm auf. Er meldete sich freiwillig für eine Weltraummission, fest entschlossen, nicht ohne den Beweis für seine akademischen Fähigkeiten zurückzukehren. Er mußte zeigen, daß seine wissenschaftliche Begabung der eines jeden Menschen ebenbürtig war.
Zu seinem Verdruß hatte man ihn der Streaker zugeteilt, einem Schiff voller quiekender Delphine – und voller Wasser! Und zu allem Überfluß hatte dieser selbstgefällige Fatzke, dieser Ignacio Metz, ihn von Anfang an wie eines seiner unfertigen, experimentellen Halbblutgeschöpfe behandelt! Er hatte gelernt, damit zu leben. Er hatte sich mit Metz arrangiert. Er würde alles ertragen, bis seine Forschungsergebnisse über Kithrup veröffentlicht waren.
Und dann würden sie sich erheben, wenn Charles Dart einen Hörsaal beträte! Sie alle würden sehen, daß zumindest er kein Statussymbol war!
Charlies Nachdenken wurde von Geräuschen unterbrochen, die aus dem nahe gelegenen Wald herüberschallten. Hastig klappte er den Schutzdeckel über eine Reihe von Schaltern am unteren Rande seiner Konsole. Er würde nicht riskieren, daß jemand den geheimen Teil seines Experimentes entdeckte. Dennie Sudman und Toshio Iwashika erschienen auf dem Pfad, der vom Dorf herüberführte. Sie sprachen leise miteinander und trugen kleine Bündel bei sich. Charlie gab sich geschäftig und erteilte seinem Robot eine Serie von detaillierten Befehlen, aber verstohlen schlichen sich seine Blicke immer wieder zu den Menschen hinüber, und er fragte sich, ob sie einen Verdacht haben mochten.
Aber nein. Sie waren zu sehr ineinander vertieft mit ihrem ständigen Getratsche und Gegrabsche und Gemurmel. Charlie schnaubte leise angesichts der menschlichen Sexbesessenheit tagein, tagaus, aber als sie zu ihm herübersahen, grinste er und winkte ihnen zu.
Sie ahnen nichts, dachte er, sich selbst gratulierend, als sie zurückwinkten und sich dann wieder ihren eigenen Angelegenheiten zuwandten. Welch ein Glück für mich, daß sie verliebt sind.
»Ich will immer noch hierbleiben. Was ist, wenn Gillian sich irrt? Was ist, wenn Takkata-Jim die Bomben früher konvertieren kann?«
Toshio zuckte die Achseln. »Ich habe immer noch etwas, das er braucht.« Er schaute hinunter auf den zweiten der beiden Schlitten im Tümpel, auf den, der Tom Orley gehört hatte.
»Genau!« rief Dennie mit Nachdruck. »Das Radio würde er brauchen, sonst würden ihn die ETs zerstrahlen, ehe er mit ihnen verhandeln konnte! Aber du wirst ganz allein sein! Dieser Fin ist gefährlich!«
»Das ist einer der vielen Gründe, weshalb ich dich so schnell wie möglich von hier fortschicken will.«
»Spricht da der große Macho-Mel?« Dennie versuchte sarkastisch zu klingen, aber sonderlich viel Biß hatte ihre Bemerkung nicht.
»Nein.« Toshio schüttelte den Kopf. »Hier spricht dein militärischer Kommandant. Damit hat sich’s. Laß uns jetzt die letzten Proben verstauen. Ich werde dich und Sah’ot ein paar Meilen begleiten, ehe wir uns endgültig verabschieden.« Er beugte sich vor, um eines der Bündel aufzuheben, aber noch bevor er es berührt hatte, spürte er eine Hand in seinem Kreuz. Ein heftiger Stoß warf ihn aus dem Gleichgewicht, und er ruderte hilflos mit den Armen.
»Denniiiie!« Er erhaschte einen Blick auf ihr Gesicht. Sie grinste teuflisch. Im letzten Moment zuckte seine Linke nach vorn und packte die ihre. Ihr Lachen verwandelte sich in ein Quietschen, als er sie mit sich ins Wasser riß. Prustend tauchten sie zwischen den Schlitten wieder auf. Mit einem Triumphschrei legte Dennie ihm beide Hände auf den Kopf und drückte ihn unter Wasser. Dann fuhr sie senkrecht aus dem Wasser, als
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