Sternengötter
gesprochen hatte, war Storra die breite Treppe, die sich hinten an der Plattform befand, emporgestiegen und hatte sich links neben ihn gestellt. »Es mag ja sein, dass es gegen die Gesetze deiner Regierung ist, derartige Dinge zu tun, aber deine Regierung ist nicht hier. Ich bin mir sogar sicher, dass sie sehr weit weg ist, sonst wären wir Wesen deiner Art schon früher begegnet und würden mehr über euch wissen.« Sie machte mit all ihren vier Greiflappen eine Geste, die den immer noch schuldbewusst aussehenden Ebbanai, der unten am Boden geblieben war, sowie den Rest der versammelten Dwarra einschloss. »Wir haben dir geholfen. Du hast meinen Gefährten geheilt. Hilf diesen anderen.« Beide linken Hände zeigten nun auf die wartenden Bittsteller. »Sie sind arme Leute wie Ebbanai und ich. Das sind unsere Freunde und Bekannten. Sie haben nur wenig Geld, aber große Sorgen. Du bist stark und mächtig.
Wie kannst du ihnen deine Hilfe verweigern und dich dennoch als zivilisiertes, mitfühlendes Wesen bezeichnen?«
Ihre Worte waren direkt, doch ihre Emotionen stellten sich als weitaus komplexer heraus, bemerkte Flinx. Das Flehen war ehrlich, aber auch vermischt mit anderen Gefühlen. Erwartungen und Ungeduld hörte er heraus. Warum Ungeduld? Wollte sie sehen, wie er noch mehr ›Wunder‹ wirkte? Oder hatte sie vor, die Situation zu ihrem Vorteil zu nutzen? Eine clevere Frau hatte er da vor sich …
»Bitte hilf meinem Nachkommen!« Eine ältere Dwarra, deren Oberschenkel vor Altersschwäche zitterten, drängte sich zusammen mit einem jungen Erwachsenen mit ahnungslosem Gesicht vor. Die Emotionen, die von ihr ausgingen, spiegelten nichts als Angst und Verzweiflung wider. Im Gegensatz dazu war der Jüngling … schwerfällig. Er hatte einen Hirnschaden erlitten, und Flinx konnte nichts für ihn tun, selbst wenn er es gewollt hätte.
Aber da waren andere: Sie hatten gebrochene Knochen und gerissene Muskeln, furchtbare Narben und fehlende Gliedmaßen – denen konnte er helfen. Sein einfacher Strahlheiler war bereits an die dwarranische Biologie angepasst und konnte den Heilprozess bei vielen der vor ihm Erschienenen beschleunigen. Nach einer ähnlichen Neukalibrierung wäre der Synthetisierer an Bord der Teacher außerdem in der Lage, einfache Arzneien zu produzieren, mit denen sich viele der Krankheiten, unter denen mehrere Dutzend der verzweifelten Bittsteller litten, behandeln ließen.
Die nichtmedizinischen Fragen, die sie ihm weiterhin laut und häufig sogar verzweifelt zuriefen, waren jedoch ganz anderer Art.
»Wo sind die Sterne, wenn es Tag ist?«, fragte jemand.
»Die Priester behaupten verschiedene Dinge«, schrie ein anderer, »aber wo gehen wir wirklich hin, wenn wir sterben?«
»Warum muss ich erwachsen werden?«, wollte ein Heranwachsender wissen, dessen unterentwickelte Gliedmaßen kaum in der Lage zu sein schienen, seinen bereits ausgewachsen wirkenden, eckigen Körper zu tragen.
»Gibt es da oben noch andere außer deinem Volk?«, erkundigte sich ein älterer Bittsteller, der dabei zwei Greiflappen in Richtung des Scheunendachs reckte.
»Bitte, bitte«, flehte Flinx sie an. »Ich kann eure Fragen nicht beantworten.«
»Weil es gegen eure ›Gesetze‹ ist«, rief Ebbanai plötzlich verärgert zu ihm hinauf, »oder weil du dich uns derart überlegen fühlst, dass du denkst, wir würden deine Antworten nicht verstehen? Meine Gefährtin und ich haben dir geholfen, und du dankst es uns mit deiner Zurückhaltung.«
Flinx kniff die Augen zusammen. Als Reaktion auf seine finsterer werdenden Emotionen begann Pip, nervös über seinem Kopf Kreise zu ziehen. »Was ist mit deinem gebrochenen Bein, Ebbanai? Habe ich das auch mit Zurückhaltung behandelt?«
»Nein. Nein, das hast du nicht«, gab der Netzauswerfer zu, als sich der Pulk umdrehte und ihn anstarrte. »Du hast es gut behandelt, so wie du dich um dein eigenes gekümmert hättest. Dafür sind Storra und ich sehr dankbar.« Er breitete alle vier Arme aus. »Willst du deine Güte nicht noch mit einigen anderen teilen? Nur mit jenen, die jetzt hier sind, dann kannst du gehen – an den Ort am Himmel, der dich so sehr anzuziehen scheint. Ich bitte, nein, wir bitten nur um die Hilfe von jemandem, der über uns steht. Ist das denn zu viel verlangt?«
Erneut öffnete sich Flinx dem Emotionsschwall. Diese einfachen Leute wünschten seinen Tod nicht, ganz im Gegensatz zum Orden von Null. Sie wollten ihn nicht für ihre eigenen Zwecke einsetzen, wie es
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