Sternengötter
fielen deutlich geringer aus. Über diese und andere damit verbundene Angelegenheiten meditierte der Hohepriester Baugarikk nun schon seit vielen Tagen.
Sein Vorgesetzter war seit so langer Zeit leise und in sich gekehrt gewesen, dass Kredlehken fast aus seinen zeremoniellen Slippern rutschte, als sich Baugarikk plötzlich erhob und zu ihm umdrehte.
»Akolyth!«
»Ja, Höchstheiliger. Ich bin hier.« Kredlehken breitete beide Arme und alle vier Unterarme aus und neigte seinem religiösen Oberhaupt die Fühler in einer Geste entgegen, die ebenso respektvoll wie ehrfürchtig war.
»Ich weiß, was zu tun ist.« Die Augen des Hohepriesters waren nicht sehr geweitet, aber in ihnen brannte eine neue Gewissheit. »Rakshinns Jünger haben mich darauf aufmerksam gemacht.«
»Höchst Verehrter!«, zischte Kredlehken sanft. Wer konnte an der Heiligkeit des Hohepriesters zweifeln, der direkt mit den Göttern zu sprechen vermochte? »Was sollen wir tun?«
Baugarikk legte dem Akolythen ein Paar linke Greiflappen auf die Schulter, drehte ihn um und führte ihn aus dem Heiligtum. Gemeinsam erklommen sie die Treppe, die von der unterirdischen Meditationskammer in die kargen, aber gut beleuchteten Gänge des Haupttempels führte.
»Bei dieser Kreatur, die zu uns gekommen ist, muss es sich um eine Abscheulichkeit handeln. Sie führt die Gläubigen vom Weg der Rechtschaffenheit ab und mit Tricks und Listen in die Irre. Damit sie auf den rechten Weg zurückkehren, muss man ihnen die Falschheit des Wesens auf eine Art zeigen, die sich nicht leugnen lässt.«
Kredlehken gestikulierte, um seiner Begeisterung Ausdruck zu verleihen. »Natürlich, Heiliger. Und auf welche Weise?«
»Rakshinn hat es mir gesagt. Im Grunde genommen ist es ganz einfach. Das Volk muss erkennen, dass dieser Besucher nicht göttlich ist, sondern genau das, was er zu sein behauptet: ein gewöhnlicher Sterblicher wie sie, der sich in den Lauf der Dinge einmischt. Er mag zwar Zugang zu einer Wissenschaft haben, die der unseren weit überlegen ist, doch das ist nichts Anbetungswürdiges. Wir müssen die natürliche Ordnung wiederherstellen.«
»Aber mit welcher Methode lässt sich das erreichen, Heiliger?«, fragte der Akolyth interessiert.
»Mit der, die am direktesten und unumstößlichsten ist. Der Besucher muss getötet werden. Nur durch seinen Tod wird das Volk seine Sterblichkeit begreifen und dass er nichts ist – oder jemals war –, was der Anbetung würdig wäre, sondern nur etwas, das sie vom rechten Weg des Rakshinn und der Heiligen Acht abgebracht hat.«
Kredlehken blieb unter einem beeindruckenden Mosaik von Toryyin, dem Fünften der Acht, stehen und musste schwer schlucken. »Heiliger, es ist bekannt, dass der Besucher große Heilkräfte besitzt. Es heißt außerdem, er verfüge über die Mittel, sich selbst vor Feindseligkeiten, die gegen ihn gerichtet sind, zu schützen.«
Baugarikk bedeutete ihm, dass ihm das alles bereits bekannt sei. »Natürlich flüstert man solche Dinge. Und was ist die Ursache derartiger Gerüchte? Natürlich der Besucher selbst! Wenn er jeden davon überzeugen kann, unberührbar zu sein, dann muss er sich gar nicht erst die Mühe machen, sich zu schützen. Das ist eine alte und weise Taktik, die offenbar auch anderen Kreaturen außer uns bekannt ist.«
»Wenngleich diese List die ursprüngliche Behauptung weder bestätigt noch außer Kraft setzt«, hob Akolyth Kredlehken rasch hervor.
»Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden.« Baugarikk gab einfach nicht nach. Erneut legte er ein Paar Greiflappen auf die Schulter des jungen Klerikers. »Die Ehre, die Wahrheit über diesen lästigen Besucher zu ergründen, fällt dir zu, werter Kredlehken. Dir wird alles zur Verfügung gestellt, was du zur Durchführung dieser Aufgabe benötigst. Ich habe mich mit jenen beraten, die Rakshinn im Vereinigten Pakktrine verehren und anbeten, und wage zu behaupten, dass du nach der erfolgreichen Ausführung deiner Mission rasch von einem Akolythen zu einem Priester befördert wirst, mit allen Verantwortungen und Ehren, die damit zusammenhängen.«
Auch wenn er eher nervöser Natur war, hatte Kredlehken nie vor seiner heiligen Pflicht zurückgeschreckt – was auch genau der Grund war, warum ihn der Hohepriester für diese Aufgabe auserwählt hatte. Und wenn der eifrige Jüngling scheitern sollte, dann gab es immer noch andere Mittel, zu denen man greifen konnte. Was bedeutete der Verlust eines einzigen Akolythen schon für den
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