Sternengötter
Menge an. Ihre Worte klangen sehr verzweifelt, doch ihre Emotionen sprachen auch von unbändigem Zorn. Er sollte es ja nicht wagen, abzureisen, ohne ihr zu helfen. Die Gefühle der anderen Dwarra spiegelten eine ähnliche Mischung aus Not und Wut wider.
Fremdartig oder nicht, so schien jedes Individuum jeder empfindungsfähigen Spezies ein öffentliches und ein privates Gesicht zu haben. Es war seine Fähigkeit und gleichzeitig sein Fluch, sie beide sehen zu können.
»Ich kann euch nicht mehr helfen«, sagte er zu ihnen, und sie wurden still, um seine Worte hören zu können. »Ich habe so vielen geholfen, wie ich konnte. Doch jetzt ist es Zeit für mich zu gehen. Ich muss mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern.«
Zwei junge Männer taumelten vor und bauten sich in seltsamer Haltung vor ihm auf. »Was treibt einen Gott, der über die Zeit befehlen kann, zur Eile an?«, wollte der Älteste, der sie begleitete, wissen. »Nur ein böser, gefühlloser Gott würde sich weigern, den Bedürftigen zu helfen!«
Die feindseligen Emotionen, die in diesem Augenblick durch den Mob strömten, machten Flinx krank.
»Ich bin kein Gott!«, schrie er sie an und verkündete das Dementi in gutem Dwarranisch, das er sich in den vorangegangenen Wochen angeeignet hatte. »Ich bin bloß ein sterbliches Wesen, genau wie ihr. Ein Reisender, der etwas zu erledigen hat und hier nur kurz Rast machen wollte. Während meines Aufenthalts hier habe ich einigen von euch geholfen – und dann immer weiteren.« Er drehte sich ein wenig um und sah Storra an, die unter dem wütenden Alien-Blick fast völlig hinter ihrem Gefährten verschwand.
Dann wandte er sich wieder an die tobende, verzweifelte Menge. »Ich habe so vielen geholfen, wie ich konnte, so vielen, wie es mir möglich war. Jetzt muss ich gehen . Ihr müsst mich gehen lassen.«
Ihre Wut und Frustration tosten in seinem Kopf wie ein emotionaler Sturm. Der wunderbare Frieden, den er seit seiner Landung auf Arrawd gespürt hatte, war fort. Zertrümmert und fortgesprengt durch die Verzweiflung der Kranken und Verletzten und durch ihren Egoismus und ihre individuellen Bedürfnisse. Er hatte das Paradies gefunden und versucht, einen kleinen Teil davon zu verbessern, nur um es damit endgültig für sich zu zerstören. Dass ich mal geglaubt habe, ich könnte mich hier niederlassen, dachte er, während er die Menge genau im Auge behielt. Er hatte sowohl die Realität als auch seine Umgebung unterschätzt. Wie bei einem Quantenzustand war durch seine Anwesenheit alles derart verwandelt worden, dass es nie wieder dasselbe sein würde.
»Heile uns!«, schrie eine schwangere Frau, die in vorderster Reihe stand.
»Bitte mach meinen Nachkommen wieder gesund!«, jaulte eine andere und drückte ihre Nurset mitsamt ihrem verwundeten Sprössling weiter nach vorne.
Es war, als hätten sie kein Wort von dem, was er gesagt hatte, gehört oder verstanden. Diejenigen, die weiter vorn standen, drängten vorwärts und wurden von dem Druck der entmutigten Massen hinter sich noch angetrieben. Verschreckt und ganz und gar nicht mehr entschlossen klammerte sich Storra schutzsuchend an ihren ebenso verstörten Gefährten.
Es waren zu viele, das war Flinx sofort klar. Zu viele, die zu nah waren, als dass er sie mit seinem Talent beeinflussen konnte. Zu seinem Glück hatte er jedoch noch Zugriff auf andere Ressourcen als seine unberechenbare Fähigkeit, auch wenn er diese nur ungern nutzte.
Er zog seine Waffe.
Der Beamer war auf ›Töten‹ eingestellt. Er justierte ihn rasch neu und zeigte damit auf die Menge. Die vorn stehenden Dwarra zögerten und versuchten, die anderen wieder nach hinten zu drücken. Alle Blicke konzentrierten sich auf das Gerät, das der Fremde in seiner starken Hand hielt. Es sah nicht aus wie etwas, mit dem man Magie wirkte, sondern eher robust und funktional, wie ein Stück eines gut gewarteten Tethet-Halfters.
Leise vor sich hin murmelnd machte der Älteste, der dafür gesorgt hatte, dass im Kopf des Besuchers jetzt das Chaos tobte, und möglicherweise in diesem Moment nicht genau wusste, was er tat, einige Schritte nach vorn. Flinx richtete die Waffe auf ihn und drückte den Abzug. Die Spitze glühte einmal kurz auf.
Plötzlich sprang der Dwarra wie wild umher und klopfte auf seiner einfachen Kleidung herum. Als die Flammen begannen, an dem Stoff zu zerren, riss er panisch an den Verschlüssen und warf das brennende Teil dann auf den Boden. An seinen Fühlern erschienen an
Weitere Kostenlose Bücher