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Sternenkinder

Sternenkinder

Titel: Sternenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
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Gesichtern. Sie waren so fern von allem, was er von seiner Heimat im Kern her kannte, dass er ebenso gut einer anderen Spezies hätte angehören können.
    Und selbst wenn er die offenen Räume draußen im Freien ertragen konnte, selbst wenn er die Menschen tolerieren konnte – er war trotzdem noch auf der Erde. Bei jedem Sonnenuntergang wurde der Himmel vom Widerschein der Konurbationslichter erhellt, und jenseits dieses Lichtscheins erstreckte sich die riesige, überhebliche Konstruktion der Brücke zum Mond, um die fortwährend der interplanetare Verkehr kroch. Er fühlte sich wie in einer riesigen Maschine gefangen.
    Seine Tage waren also alles andere als schön. Und wenn er allein im Dunkeln lag, wanderten seine Gedanken immer wieder zum Callisto zurück, als zöge sie etwas dorthin.
    Er verstand es nicht. Weshalb war er so durcheinander? Er war doch lediglich durch eine Tür gegangen. Er war der Pirius, der wohlbehalten herausgekommen war; nicht er war auf eine neue Realitätsebene kartografiert worden, ohne Hoffnung auf Wiederkehr, dem allmählichen Verlust seiner Menschlichkeit ausgesetzt. Er verabscheute sich für seine Schwäche.
    Aber wenn er nicht an Callisto dachte, erstanden Bilder von dem Schwarm im Olympus vor seinem geistigen Auge – oder von der seltsamen Unsterblichen, Luru Parz – oder, was am schlimmsten war, von den Silbergeistern auf dem Pluto und seiner schmachvollen, hilflosen, geradezu mechanischen Reaktion. Er hatte das Gefühl, dass er innerlich immer mehr dem uralten, lädierten Callisto ähnelte. Und er fürchtete, dass er – wenn er zu genau hinschaute – tief in seinem Innern jene Fremdartigkeit finden würde, die Luru Parz in diesem Eismond enthüllt hatte.
    Vielleicht hatte Nilis Recht damit, dass er eine Pause brauchte. Aber Nilis hatte nicht erkannt, dass ein einsamer Aufenthalt auf der Erde genau die falsche Ruhekur für ein Marinegör war. Er sehnte sich nach Torec, dem einzigen vertrauten Element in diesem fremdartigen Sonnensystem. Sie war jedoch draußen beim Saturn. Er konnte zwar mit ihr sprechen – Nilis hatte ihm sogar erlaubt, teure Untrennbarkeitskanäle zu benutzen, sodass es keine Zeitverzögerung gab –, aber das war nicht dasselbe. Er sehnte sich danach, berührt und in den Armen gehalten zu werden.
    Und überhaupt erschien ihm selbst Torec kalt.
    Nach achtundvierzig schlaflosen Stunden rief er Nilis an und bat ihn flehentlich, ihn zum Saturn zu holen und wieder arbeiten zu lassen.
     
    Pirius traf gerade rechtzeitig zu einem Test der »Callisto-Waffe« ein, wie Nilis sie nannte.
    Er wurde zu Nilis’ Korvette gebracht, die der Kommissar als Arbeitsbasis nutzte. Im Innern herrschte ein wirres Durcheinander; Data-Desks lagen auf dem Boden, Roboter aller Größen schossen durch die Luft, und Virts versperrten einem überall die Sicht. Nilis war anwesend, zusammen mit Commander Darc, Torec und diversen Assistenten. In dem lärmigen Chaos war es unmöglich, irgendwelche Arbeitsabläufe zu verfolgen. Nilis und Darc schienen eng zusammenzuarbeiten, aber wenn sie sich stritten, dann knisterte es heftig zwischen ihnen.
    Pirius erspähte Torec, die zu der Testvorrichtung hinausschaute. Er ging direkt auf sie zu; seit Wochen hatte er sie nicht mehr gesehen, seit er zur Venus geflogen war. Sie begrüßte ihn mit einem Nicken, wandte sich jedoch ab. Er stand unbeholfen herum, die Arme plötzlich schwer, und sehnte sich danach, sie zu berühren. Er verstand es einfach nicht.
    Dann aber riss er sich zusammen, stellte sich neben sie und schaute durch die Hülle hinaus.
    Die Testvorrichtung, die fern vom goldenen Antlitz des Saturns in einer Umlaufbahn kreiste, bestand aus einem Satz von zwanzig GUT-Triebwerken, die in einen losen sphärischen Rahmen von vielleicht fünfzig Metern Durchmesser montiert waren. Techniker und Roboter krochen darauf herum. Sie war binnen ein paar Tagen zusammengebaut worden und machte nicht viel her; erst recht sah sie nicht nach einer Waffe aus, mit der man die gewaltigste Festung in der Galaxis angreifen konnte.
    In ein paar Kilometern Entfernung wartete jedoch das gekaperte Xeelee-Schiff, umringt von seinem üblichen Kordon aufmerksamer Wächter-Drohnen; heute war der Nachtjäger wieder einmal das Testziel. Die langsam rotierende, von einer Begleitwolke aus Robotern und Technikern umhüllte Testvorrichtung wirkte ungefähr so bedrohlich für den geduldigen Xeelee wie ein gekautes Papierkügelchen.
    »Sieht ja echt scheiße aus, das Ding«, sagte

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