Sternenkinder
Widerstand eines Mannes, der keine neuen Herangehensweisen an die Dinge akzeptieren will, selbst wenn man damit den toten Punkt dieses Krieges überwinden könnte.
Und er kann erst recht keinen Rat von einem Außenseiter wie Ihnen annehmen, Nilis. Kimmer blieb nichts anderes übrig, als sich zu fügen, und das wusste er. Es war alles bloß Theaterdonner.«
»Allerdings ein ziemlich Furcht einflößender Theaterdonner!«, bekannte Nilis.
Pirius war besorgt. »Aber trotzdem, wenn es so kommt, wie der Marshal gesagt hat – wenn wir nur lausige Ausrüstung und unbrauchbare Besatzungen kriegen…«
»Das schaffen wir schon«, sagte Nilis. »Stein vierhundertzweiundneunzig habt ihr doch auch schon wieder auf Vordermann gebracht, oder?«
Pirius schüttelte den Kopf. »Einen kaputten Luftaufbereiter zu reparieren ist eine Sache. Eine Staffel aufzubauen ist etwas anderes.«
Darc warf Nilis einen Blick zu. »Nun ja, aber das wichtigste Element jeder Staffel ist ihr Führer. Habe ich nicht Recht, Kommissar?«
»Ja, zweifellos, Commander. Und welches Glück für uns, dass wir den richtigen Offizier dafür schon gefunden haben!« Nilis klopfte Pirius auf die Schulter und strahlte.
Pirius gefror innerlich zu Eis.
Torec fiel das Kinn herunter. »Der? Das soll wohl ein Scherz sein. Sir.«
»Vielen Dank«, sagte Pirius zu Torec.
»Du warst schon einmal ein Held, Pirius, in einer anderen Zeitlinie«, sagte Nilis. »Jetzt musst du noch mal einer sein.«
»Aber Sir, ich kann keine Soldaten befehligen. Ich bin noch nicht einmal zum Offizier ernannt.«
Darc grinste. »Jetzt schon. Hiermit sind Sie zum Major befördert.«
»Aber – zehn Wochen?«
Darc zuckte die Achseln. »Das ist nun mal das Blatt, das wir bekommen haben; entweder wir schaffen es oder nicht.«
Nilis beobachtete Pirius. »Natürlich musst du selbst die Entscheidung treffen, Pirius. Erinnerst du dich an unser Gespräch im Venus-Habitat?«
»Ja, Sir.«
»Also sag mir – wie weit bist du inzwischen mit deiner Selbstanalyse?«
Torec sagte: »Ich habe keine Ahnung, wovon er redet.«
»Er fragt mich, ob ich etwas gefunden habe, wofür es sich zu kämpfen lohnt«, erklärte Pirius. Er sah Nilis an. »Es gibt nur ein Ziel, für das es sich zu sterben lohnt«, sagte er.
»Nämlich?«
»Der Sieg – das Ende dieses Krieges. Danach werden wir herausfinden müssen, was Menschen eigentlich mit ihrer Zeit anfangen sollten.«
Nilis nickte nur. Offenbar befürchtete er, ihm könnte die Stimme versagen.
»Ach, wie edel ihr alle seid.« Pila schüttelte ihren eleganten Kopf. »Es erstaunt mich doch immer wieder, wie ihr Militärs euch in die Brust werft.«
Darc beachtete sie nicht. »Also, was sagen Sie, Major?«
»Wann fange ich an, Sir?«
»Nun, das liegt bei Ihnen«, sagte Darc leise. »Aber ich glaube, vorher sollten Sie sich Ihre Crews zusammensuchen.«
Es war eine Erleichterung, wieder zu Stein 492 zurückzukommen.
Anfangs hatten Pirius und Torec in ihren Hautanzügen leben müssen; Wärme, Nahrung, Wasser und – als der Staub zu schlimm wurde – sogar Luft hatten ihnen die Tornister geliefert. Bevor die Waschräume wieder funktionierten, hatten sie sich in ihren Anzügen erleichtern und alle paar Tage zu einem Flitzer hinausgehen müssen, um ihre Ausscheidungen zu entsorgen. Doch als sich die Systeme erholten, fingen sie an, mit offenem Helmvisier zu schlafen, und als die Luft langsam frisch und warm wurde, legten sie die Hautanzüge schließlich ganz ab. Da die Filter weitgehend machtlos gegen den Asteroidenstaub in der Luft waren, litten sie beide unter gereizten Nebenhöhlen.
In der Nacht nach der Besprechung mit Kimmer schliefen sie wie üblich in einer Ecke der Kuppel, wo sie sich in ihren Hautanzügen unter einer Decke aneinander kuschelten. Die Mikroschwerkraft war so gering, dass sie fast über dem Boden schweben und wie Seifenblasen drifteten. In der stillsten Stunde sprangen plötzlich die Trägheitsregler an. Als die volle Schwerkraft’ sie packte, landeten sie in einem Gewirr von Gliedmaßen lachend auf dem Boden, der auf einmal voller Grate und Knubbel war – morgen würden sie eine Matratze brauchen, sagte sich Pirius –, und sie spürten, wie das neue, unregelmäßige Schwerefeld an ihren inneren Organen zerrte.
Auch der Steinbrocken stellte sich auf seinen neuen Zustand ein. Wie die meisten Asteroiden war 492 keine solide Masse, sondern ein lockeres Aggregat von Staub und Steinen. Als die Trägheitsmaschinen in seinem Kern
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