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Sternenkinder

Sternenkinder

Titel: Sternenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
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Löcher begann das Fressen.

 
38
     
     
    Als Major Pirius Rot mit seinen neuen Offiziersepauletten an der Uniform in die Kaserne zurückkehrte, empfing ihn ein stiller Sturm des Unmuts und der Verachtung. Nach ein paar Minuten schlich er sich in einen Waschraumblock und riss sich die Epauletten von den Schultern.
    Vierundzwanzig Stunden lang war der neue Staffelführer wie gelähmt von Unsicherheit und Unschlüssigkeit. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, wo er anfangen sollte.
     
    Nilis ließ Pirius in sein unordentliches Quartier im Offiziersland kommen.
    Als Pirius dort eintraf, arbeitete der Kommissar gerade an einem niedrigen Tisch voller Data-Desks. Er war gereizt und nervös. Abstrakte Virts umschwirrten ihn wie Vögel. Offenbar war er mit seinen Chandra-Studien beschäftigt. Es gab keine andere Sitzgelegenheit als Nilis’ mit Decken übersätes, ungemachtes Bett. Es roch ein wenig feucht und muffig - Nilis’ Geruch, dachte Pirius mit einer Mischung aus Erbitterung und Zuneigung, ein Geruch nach Füßen und Achselhöhlen, der Geruch eines Gärtners.
    Zu Pirius’ Überraschung war Pila da, Minister Gramms Assistentin. Schlank und elegant, sah sie irgendwie aus, als wäre sie abgeschirmt gegen Nilis’ Unordnung. Ihre Haut glänzte in einer kalten Schönheit, und ihr schwarzes, purpurrot besticktes Gewand fiel in exakten Falten um ihren schmalen, geschlechtslosen Körper. Sie nahm keinerlei Notiz von Pirius.
    Nilis klatschte in die Hände, und seine Virts schrumpelten zusammen und verschwanden. »Faszinierend, faszinierend.
    Ich erforsche gerade Chandras zentrale Singularität, soweit wir sie anhand der äußeren Merkmale des Ereignishorizonts und der umgebenden Raumzeit erkennen können. Selbst dort, tief im Herzen des schwarzen Lochs, gibt es Struktur… Dieses Ding im Zentrum der Galaxis ist wie eine Zwiebel, weißt du; wenn man gerade eine Schicht abgeschält hat, tja, meine Güte, findet man darunter nur eine weitere Schicht – eine weitere Schicht Astrophysik und Leben und Bedeutung. Wirklich erstaunlich… Ich frage mich, ob wir ihm jemals ganz auf den Grund kommen werden.«
    Pirius wusste nicht, was eine Zwiebel war, und konnte nichts dazu sagen. Aber er spürte, dass Nilis unruhig war. »Sie scheinen irgendwie unzufrieden zu sein, Kommissar.«
    »Aufmerksam wie immer, Pirius!«, sagte Nilis kläglich. »Aber es stimmt. Ich bin frustriert. Ich dachte, hier in der Bogen-Basis, wo ich meinem Studienobjekt so nahe bin, käme ich mit dieser Arbeit schnell voran. Aber auf einmal ist sie viel schwieriger geworden. Man verweigert mir den Zugang zu Unterlagen. Wenn ich ein Archiv aufspüre, ist es geleert oder verlegt worden – ich verfüge nicht einmal über genug Verarbeitungskapazität für die Analyse!« Er schüttelte den Kopf. »Ich will ja nicht paranoid sein, jedenfalls nicht mehr, als es jeder Bürger unserer wundervollen Koalition mit Fug und Recht sein darf. Im Sol-System hat man mir Unterstützung für meine Forschungen gewährt. Jetzt ist es, als würde ich auf Schritt und Tritt behindert! Aber wenn es mit Absicht geschieht, dann weiß ich nicht, weshalb – und wer mich da zu blockieren versucht.«
    Pila sagte mit ihrem üblichen kalten Sarkasmus: »Ich möchte Sie nicht von Ihrer schwierigen Arbeit abhalten, Kommissar. Aber Sie haben uns rufen lassen.«
    »Ganz recht, ganz recht.« Er trank einen Schluck von einem lauwarmen Getränk, das schon so lange auf dem Tisch stand, dass es an der Oberfläche Staub angesetzt hatte.
    »Machen wir also weiter. Ich habe mich gefragt, wie es mit der neuen Staffel steht. Was sind deine Prioritäten, Pirius?«
    Das war leicht. »Wir müssen das Material und die Crews zusammenbekommen. Dann führen wir zwei parallele Programme durch: technische Entwicklung, um die neue Ausrüstung in die Schiffe einzubauen und sie kampffähig zu machen, und Training, um die Besatzungen auf die Mission vorzubereiten.«
    »Gut, gut. Dagegen wird niemand etwas haben. Aber die Zeit ist knapp. Welche realen Fortschritte hast du gemacht?«
    »Ich bin stolz auf meine Ernennung zum Offizier, Sir…«
    Der Blick der scharfen, feuchten Augen des Kommissars ruhte auf ihm, und Nilis bemerkte ganz offenkundig die Flecken, wo Pirius seine Epauletten abgerissen hatte. »In Wirklichkeit hast du noch gar nichts unternommen, stimmt’s?«
    »Der Major ist überbefördert«, sagte Pila kalt.
    »Nein«, sagte Nilis. »Das ist eine Schlachtfeld-Beförderung. Was sein muss, muss sein, Madam.

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