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Sternenkinder

Sternenkinder

Titel: Sternenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
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er wolle spätestens in vierundzwanzig Stunden wieder die Trainingsflüge aufnehmen. Sie lachte erneut.
    Captain Boote führte Pirius und Nilis durch das Innere des in den Orion-Stein gegrabenen Komplexes.
    Boote trug ein Gewand, das in lässigen, eleganten Falten bis zum Boden reichte. Sein Gesicht und sein Schädel waren völlig kahl rasiert; sogar Augenbrauen und Nasenhaare hatte er entfernt.
    Wenn Boote beeindruckend war, so war es auch die Basis, die er befehligte. Aber ebenso wie er war auch sie seltsam. Von der Anlage her unterschied sie sich in nichts von den Basen auf allen anderen Steinbrocken, die Pirius besucht hatte; es gab die üblichen Kasernenräume, Speisesäle, Lazarettapotheken und Wissenschaftslabors, dazu die Ausbildungs- und Trainingseinrichtungen, von Klassenräumen bis zu Sim-Kammern, sowie die technischen Einrichtungen, von Umweltsystemen bis zu riesigen unterirdischen Hangars.
    Aber die anderen Asteroiden hatten stets etwas Schäbiges an sich; ein Steinbrocken sah immer verwohnt aus, weil er es war – verwohnt von einer Horde sich kabbelnder, ewig geiler Soldatinnen und Soldaten, die sich wesentlich lieber aufs Ohr hauten, als sich um Hygiene und Sauberkeit zu kümmern – und weil jeder militärische Stützpunkt dank der Koalitionspolitik ohnehin mit knappsten Mitteln auskommen musste. Eine Basis war ein Ort, den man verließ, um zu kämpfen, zu dem man sich jedoch nicht zurücksehnte.
    Orion war anders. Pirius hatte noch nie eine so saubere Basis gesehen. In den Kasernenräumen war keine einzige Decke am falschen Platz. Als sie hindurchgingen, nahmen die Soldaten sofort Haltung an und stellten sich ordentlich neben ihren Kojen auf, ein unheimliches Grinsen ins Gesicht geklebt. Selbst die Wände fühlten sich glatt an – in Schulterhöhe waren sie von Millionen junger Körper abgewetzt.
    Sauber mochte es sein, aber es war überall dunkel; nur ein paar schwebende Kugeln spendeten etwas Licht. Pirius fand die Luft ein bisschen kalt, obwohl sie durchaus frisch roch. Nicht nur das, jeder – sogar die kleinsten Kinder in den Juniorkadern – schlich lautlos herum, trat behutsam auf und sprach leise. Boote erklärte, so sei es immer.
    »Aha«, sagte Nilis. »Geräuschloser Gang.«
    »Was ist das?« Sie flüsterten beide; es war ansteckend.
    »Denken Sie daran, dies ist eine geheime Basis. Die Besatzung fliegt auf die Xeelee zu, die nichts von ihrer Anwesenheit merken dürfen. Sie bemüht sich, immer unter dem Pegel des Hintergrundgeräuschs der Babyspirale zu bleiben – mit ihrem Energieverbrauch, ihrem Funkverkehr. Was das Flüstern und Herumschleichen betrifft, so glaube ich nicht, dass es in praktischer Hinsicht viel ausmacht, aber obwohl ich kein Motivationsexperte bin, würde ich meinen, es ist psychologisch von Vorteil – eine beständige Mahnung, den Kopf einzuziehen.«
    Neugierig betrachtete Pirius die Kinder mit ihren großen Augen, die ihn hoffnungsvoll anlächelten. Er versuchte sich auszumalen, wie es sein musste, in dieser klaustrophobischen Umgebung aus verdunkelten Gängen und Flüsterlauten aufzuwachsen. Aber diese Kinder hatten nie etwas anderes gekannt; für sie war das normal.
    Während sie weitergingen, erklärte ihnen Boote stolz, woher sein Name kam.
    Natürlich gab es hier keine richtigen Familien, keine Erblichkeit; das wäre bei weitem zu undoktrinell gewesen. Dies war ein Ort von Geburtstanks und Kadern, wie die meisten Militärbasen. Trotzdem hatte sich eine Tradition herausgebildet. Angefangen hatte es vor mehreren hundert Jahren mit der ersten Boote. Sie war ein hervorragender Captain gewesen, und jeder hatte ihr Loyalität und Zuneigung entgegengebracht. Als ihr Nachfolger bei seiner Ernennung ihren Namen angenommen hatte und Boote der Zweite geworden war, erschien es wie das Natürlichste von der Welt, ein Tribut, der zum Ehrenzeichen für die folgenden Captains wurde, bis hin zum gegenwärtigen Inhaber dieses edlen Amtes, Boote dem Dreiundvierzigsten. Ähnliche »Dynastien« gab es bei den Ingenieuren und Ärzten, den Kommunikationsoffizieren und Piloten sowie anderen Spezialisten-Korps.
    Nilis sah Pirius mit hochgezogenen Augenbrauen an, sagte jedoch nichts. Wohin man auch kam, ein gewisses Maß an Abweichung war offenbar unvermeidlich.
    Sie wurden in einem umschlossenen Gehweg an die Oberfläche geführt. Nilis zog angesichts des übervollen Himmels den Kopf ein, aber Pirius war froh, nach dieser düsteren Höhle wieder draußen unter dem gesunden

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