Sternenkinder
wird im ersten Operationsbefehl des Steins erwähnt, der im Archiv aufbewahrt wird. Natürlich wussten wir nie, worin unsere Mission bestehen würde. Und niemand wusste jemals, wann sie zu Ende sein würde. Und nun stellt sich heraus, dass ich es bin, meine Generation, die die Pflicht hat – nein, das Privileg –, im entscheidenden Moment hier zu sein.« Er seufzte. »Tausend Jahre kulminieren hier und jetzt, in dem, was ich heute mache.«
Blayle war ein disziplinierter Soldat und ein guter Sergeant; bei der Zusammenarbeit mit diesem Zug hatte sie gelernt, sich auf ihn zu stützen. Aber er war auch ein nachdenklicher, freundlicher Mann mit einem weichen Körper, dem der Kameradschaftsgeist einiger anderer Soldaten zu fehlen schien, jene Loyalität, die sie dazu trieb, so verbissen zu kämpfen. Stattdessen hatte er sich offenbar die größere Mission des Orion-Steins zu Eigen gemacht und musste sich selbst zum Kampf überreden. Und wie die meisten auf diesem Asteroiden hatte Blayle keinerlei Kampferfahrung.
»Am besten denken Sie nicht allzu viel über diese Dinge nach, Sergeant. Der Kampf ist schon schwierig genug, auch ohne das Gefühl, dass einem vierzig Generationen über die Schulter schauen.«
»Ja. Was würde Hama Druz sagen, wenn er hier wäre? ›Konzentriere dich auf den Moment; die Gegenwart ist das Einzige, was zählt.‹«
»Vielleicht würde er auch sagen: ›Halt die Klappe, während ein paar von uns zu schlafen versuchen‹«, rief jemand unter leisem Gelächter.
Cohl wusste wenig über die Mission der Triumph-Staffel. Sie wusste jedoch – im Gegensatz zu ihrem Zug –, dass all ihre sorgfältigen Vorbereitungen, all die Menschenleben, die der heutige Einsatz auf diesem Steinbrocken kosten würde, nicht einmal dem eigentlichen Operationsziel galten. Nach tausend Jahren der Planungen, der Vorbereitungen und des geräuschlosen Gangs sollte der Orion-Stein als Ablenkungsmanöver geopfert werden. Doch darüber würde sie kein Wort verlieren.
Cohl versuchte, sich zu entspannen. Sie ließ sich von der Mikrogravitation des Steinbrockens auffangen, schloss die Augen und bemühte sich, die Situation zu verdrängen; sie dachte an weniger komplizierte Zeiten in der Bogen-Basis zurück, als sie nur eine von vielen Soldatinnen und Soldaten in der Grundausbildung gewesen war…
An diesem Morgen klang selbst das Wecksignal düster.
Bleibende Hoffnung machte das nichts aus, denn er hatte sowieso nicht geschlafen. Die letzten Stunden hatte er damit verbracht, alles Erdenkliche mehrfach zu überprüfen, aber die neuartigen Systeme, die man diesen elenden Grünschiffen eingepflanzt hatte, waren ungefähr so integriert wie ein dritter Arm, der ihm aus dem Rücken wuchs, und er wusste, dass die jämmerlichen paar Wochen, die ihnen für Entwicklungsarbeit, Tests und Modifikationen zur Verfügung gestanden hatten, viel zu knapp bemessen gewesen waren.
Was ihm wirklich Angst machte, war der Gedanke, für ein etwaiges Scheitern der Mission verantwortlich zu sein. Er wusste, dass seine Leute genauso empfanden. Deshalb arbeiteten sie bis zur Ankunft der ersten Schiffscrews durch und taten alles in ihrer Macht Stehende, um zu verhindern, dass die Mission wegen irgendeines Versäumnisses der Bodencrew fehlschlagen würde.
Schließlich trafen die Crews der ersten Welle ein. Und Pila war bei ihnen. Während die Flieger aus ihrem kleinen Transporter kletterten, trat Pila beiseite und begann, auf einem Data-Desk, das sie bei sich trug, alles Mögliche abzuhaken. Niemand näherte sich ihr.
Alle fanden Pirius’ Adjutantin mehr als nur ein wenig einschüchternd – diese Frau von der Erde war kalt und seltsam. Aber ihr Aufgabenbereich umfasste lauter profane Dinge: dass die Besatzungen das gewünschte Frühstück erhielten, dass die Transporte korrekt ausgeführt wurden, hundert winzige Details, die es zu regeln galt, damit die Crews auch nichts davon abhielt, ihren Job zu erledigen. Sie führte diese Aufgaben mit ruhiger, unsichtbarer Effizienz aus, und die Leute hatten nach und nach angefangen, sie zu respektieren.
Jeder wusste, dass ein Geist bei dieser Mission mitflog. Hoffnung war erleichtert, dass er an diesem Morgen nicht auftauchte.
Die Besatzungsmitglieder taten unterdessen, was Flieger immer taten. Sie ließen ihre Anzüge von den Technikern checken, überprüften sie jedoch anschließend selbst noch einmal – kein Flieger traute dem Bodenpersonal bei solchen Dingen. Einige von ihnen befragten ihre
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