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Sternenkinder

Sternenkinder

Titel: Sternenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
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der Luft; alle warteten auf den Beginn des Tests.
    Der Prototyp des GZK-Prozessors war ein Labyrinth aus Leitungen, Rohren und Schläuchen, die unauffällige silberweiße Boxen verbanden. Es breitete sich mehr als einen halben Kilometer weit über die staubige Mondebene aus. Der Boden war dunkel von Stiefelabdrücken, aber als der Zeitpunkt des Tests näher rückte, hatte man das Gebiet evakuiert, und nur Überwachungsroboter schwebten vorsichtig über dem komplexen zentralen Gewirr.
    Der Prototyp, der im reinen Licht der niedrig stehenden Sonne dieses Mondmorgens silbern und golden glänzte, war auf seltsame Weise schön, ein weiträumig verteiltes Kunstwerk. Doch inzwischen hasste Torec dieses Ding, das ihr Leben beherrschte.
    Aus dem Nichts heraus materialisierten sich zwei virtuelle Gestalten. Eine trug einen Hautanzug; die andere, Nilis, nicht. Der Kommissar, der ein paar Zentimeter über dem Mondboden schwebte, war nur mit seinem üblichen abgewetzten Gewand bekleidet und ging barfuß. Er war nie ein großer Freund des virtuellen Protokolls gewesen, aber das war nun wirklich illegal. Virtuelle sollten sich der Umwelt gemäß »kleiden«, in der sie erschienen; das kostete nicht mehr als ein bisschen zusätzliche Rechenleistung. Andernfalls riskierte man, einen echten Bewohner der Zielumgebung über möglicherweise tödliche Bedingungen hinwegzutäuschen. Aber es war typisch für Nilis, dachte Torec. Während er den geduldigen Countdown verfolgte, war sein Blick aufmerksam; er hatte die Hände gefaltet, und seine Augen lagen tief in den Höhlen.
    Die andere virtuelle Gestalt in dem der Situation angemessenen Hautanzug war eine Frau. Sie war groß und wirkte trotz ihrer funktionellen Kleidung auf unbestimmte Weise elegant. Als sie Torec sah, kam sie zu ihr herüber, ohne Fußabdrücke im Mondstaub zu hinterlassen. »Sie sind die Kleine von der Marine.«
    Torec wurde wütend. »Ich bin Ensign Torec.«
    »Mein Name ist Pila. Ich arbeite im Ministerium für ökonomische Kriegsführung.« Ihr Gesicht war glatt und alterslos; der Blick, mit dem sie Torec ansah, wirkte spöttisch. Es war ein Blick, den Torec auf der Erde sehr häufig zu sehen bekommen hatte und den sie mittlerweile verabscheute.
    »Wir sind uns schon einmal begegnet. Sie arbeiten für Minister Gramm.«
    »Ich gehöre zu seinem Beraterteam, ja.« Pila deutete auf den Prototyp. »Sehr eindrucksvoll. Und es beruht alles auf Zeitreisen?«
    »Auf geschlossenen zeitartigen Kurven, ja.« Torec zeigte auf die Leitungen. »Fliegeroffizier Pirius – Pirius Blau – hat den Xeelee besiegt, weil seine Fliegerkameradin mithilfe ihres Überlichtantriebs taktische Informationen aus der Zukunft geholt hat. Deshalb haben wir Miniaturroboter in diesen Schläuchen. Die Roboter sind die Komponenten des Prozessors. Sie fliegen hin und her und springen durch kurze Überlichtschleifen.«
    »Wie Sternenschiffe in Schläuchen! Und diese Bots reisen in die Vergangenheit und geben einem die Antwort, bevor man überhaupt die Frage gestellt hat?«
    »So ungefähr.«
    »Wie faszinierend.«
    Bei dem Übungsproblem, mit dem sie sich heute befassen wollten, ging es um die Proteinfaltung. Proteine waren die Bauelemente des Lebens, doch ihre optimale Konstruktion überstieg nach wie vor die menschlichen Fähigkeiten. Theoretisch gab es mehr hundert Komponenten lange Proteine als Elektronen im Universum; herauszufinden, auf wie viele Arten und Weisen sich ein langes Proteinmolekül falten konnte, war ein uraltes Problem, das bisher schon prinzipiell unlösbar gewesen war. »Aber wir hoffen, dass wir es knacken können«, sagte Torec. Sie deutete auf einen großen, leeren virtuellen Schirm. »Die Ergebnisse werden dort angezeigt.«
    Pila musterte sie forschend. »Gefällt Ihnen Ihre Arbeit hier, Ensign? Auf dem Mond, bei diesem Projekt?«
    »Ich bin hier, um meine Pflicht zu tun, Ma’am.«
    Sie nickte und schürzte die Lippen. »Natürlich. Und Sie rechnen mit einem Erfolg?«
    Torec hatte gelernt, wie man mit glattgesichtigen Bürokraten und ihren hinterlistigen Fragen umging. Nilis hatte sie eindringlich gewarnt, dass sie die Streichung ihrer finanziellen Mittel riskierte, wenn sie sich pessimistisch oder auch nur übermäßig optimistisch gab. »Dies ist nur der erste Schritt. Ein Beweis für die Richtigkeit des Konzepts. Irgendwann müssen wir das Ganze in ein so kleines Gerät stopfen, dass man es in einem Grünschiff unterbringen kann.«
    »Eine geschickte Antwort«, murmelte die

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