Sternenkinder
eines Sterns als Begleiter eines massiven Planeten verbracht, und von diesen sich überlagernden Gravitationsfeldern angesaugter Weltraumschutt hatte seine Oberfläche zerschlagen, bis nichts mehr übrig war. Im Ergebnis war jeder Berg zu dünenartiger Glätte sandgestrahlt, und jedes Fitzelchen Boden war von einer dicken Staubschicht bedeckt, die man beim Gehen unter den Füßen zermalmte oder hinter sich aufwirbelte und die am Hautanzug kleben blieb, bis es fast unmöglich war, sie wieder abzubekommen, auch wenn man noch so heftig schrubbte.
Und dann waren da die Menschen.
Unglaublicherweise war sie die einzige Anwesende, die außerhalb der Mondumlaufbahn geboren war. Nicht nur das, abgesehen von ein paar unverzichtbaren System- und Sicherheitsleuten war sie die einzige Marineangehörige hier. Die anderen waren Leute vom Ministerium, Bürokraten – und Kropfköpfe. Von Anfang an hatten sie sie als bizarre, exotische Kreatur aus einem fremdartigen Reich betrachtet, als wäre sie gar nicht menschlich.
Die Kropfköpfe hatten bald herausgefunden, dass sie wenig über ihre technischen Spezialgebiete wusste. Wenn sie ein Machtwort zu sprechen versuchte, bliesen sie sich auf und verwirrten sie mit ihrem Jargon. Und sie zankten sich die ganze Zeit.
Das Entwicklungsteam war von vornherein in Gruppen eingeteilt worden, die für einzelne Unterkomponenten des GZK-Prozessors oder Projektstadien zuständig waren: Planung, Konzeption, Entwicklung von Komponenten-Prototypen, Teilmontage, Integration. Auch wenn Torec sich noch so viel Mühe gab, diese Gruppen wurden bald zu so etwas wie Clans, und zwar in solchem Ausmaß, dass viele von ihnen nicht einmal mehr miteinander kommunizieren wollten – obwohl ihre Arbeit sich nahtlos ineinander fügen musste, wenn das Gesamtziel erreicht werden sollte.
Es war ein schrecklicher, frustrierender Schlamassel. Torec entwickelte bald einen Hass auf den Prototypen, der zu einem verwirrenden, labyrinthischen Komplex über den grauen Mondstaub verteilter Komponenten heranwuchs. Und sie entwickelte einen Hass auf die Techniker in ihren teuren Ministeriumshautanzügen, die auf ihren Gerätschaften herumkletterten und an allem herumfummelten, herumbastelten und herumdiskutierten.
Noch schlimmer war, dass Torec sich für all das eigentlich nicht die Bohne interessierte. Dies war nicht ihr Leben, ihr Ziel; sie wollte nicht hier sein. Und als die Techniker das mitbekamen, ignorierten sie sie schließlich völlig.
Sie war wegen Pirius hier, nicht um ihrer selbst willen. Das war die grundlegende Wahrheit. Zufällig hatte sie schon vor Nilis’ Erscheinen etwas für Pirius empfunden. Sie wusste, dass ihre Beziehung etwas Besonderes war – aber sie fragte sich, ob er das auch erkannte. Jetzt war jedoch alles anders. Sie wusste, dass Pirius keine Schuld an der Situation trug, aber er war der Grund dafür.
Sie hasste den Mond, ihre Arbeit, die Leute, mit denen sie sich abgeben musste. Ihre Gefühle für Pirius waren ein großes Durcheinander. Und das Schlimmste war, dass er nicht hier bei ihr war.
Als sie aus der Dusche kam, stand der virtuelle Nilis im Raum.
Das Licht einer unsichtbaren Sonne lag auf seinem Gesicht, aber er schaute nicht in ihre Richtung. Seit dem Krach auf der Korvette fühlte er sich in ihrer Gesellschaft unwohl. »Also eine weitere Enttäuschung«, sagte er.
»Ja.«
Die Verzögerung zwischen Mond und Erde war gering, aber trotzdem beunruhigend, bis man sich daran gewöhnte. »Wenn wir nur Wurmlöcher benutzen könnten!«
»Kommissar?«
»Ich weiß, du bist in letzter Zeit öfter zu den Ruinen der alten Qax-Fabrik für exotische Materie gegangen. Aber weißt du auch, weshalb die Qax sie errichtet haben? Weil man mithilfe exotischer Materie Wurmlöcher erzeugen kann, Überlichtbrücken zwischen zwei Punkten in Raum und Zeit. Wenn man ein Wurmloch richtig konfiguriert, kann es ein Tunnel in die Vergangenheit sein. Tatsächlich war es eine menschliche Wurmloch-Zeitbrücke, mit der unsere Probleme mit den Qax überhaupt erst angefangen haben.«
Torec hatte einige der Techniker von dieser fast schon legendären Zeit vor der Besatzung und von Michael Poole reden hören, dem großen Ingenieur, der Wurmlöcher konstruiert hatte, um nicht nur das Sol-System, sondern auch die Vergangenheit und die Zukunft zugänglich zu machen.
»Nun stell dir vor, wir könnten die zeitartigen Kurven unseres Prozessors mit Wurmlöchern schließen statt mit diesen absurden Spielzeugraumschiffen,
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