Sternenkinder
Bots ausschwärmen lassen. Zweitens, Disziplin. Selbst ich sehe aus einer halben Million Kilometer Entfernung, dass zwischen einigen deiner Untergruppen ein offener Krieg ausgebrochen ist.«
»Sie behaupten alle, die anderen wären Dummköpfe oder sogar Saboteure, Sir, die man zwingen müsste, alles nach ihrer Fasson zu machen«, sagte Torec elend. »Und wenn wir uns auf dem Testgelände treffen, passt nie etwas zusammen.«
Er lachte. »Tja, du bist nicht die erste Projektmanagerin, die mit so etwas konfrontiert ist. Schnittstellenmanagement, Torec. Änderungskontrolle. Schlag diese Konzepte nach und wende sie an.« Er stand auf und wischte sich Staub vom Gewand; sobald die Körnchen den Kontakt zu seinem Körper verloren, verschwanden sie. »Und drittens…«
»Sir?«
Sie sah die Müdigkeit in seinen eingesunkenen Augen; sie wusste, dass er sich aufrieb, während er zwischen Erde und Saturn pendelte, um all den verschiedenen und gleichermaßen anstrengenden Aspekten seines Projekts Zeit zu widmen. »Ach herrje, mir fehlen die richtigen Worte. Die Leute hier sind schlaffe Techniker aus den Städten der Erde. Die sind noch schlaffer als ich! Aber du, du bist eine Soldatin aus der zentralen Sternenmasse! Und du bist clever, das weiß ich.« Er fuchtelte mit den Händen. »Tritt ihnen in den Arsch! Würdest du es so formulieren?«
»Ja, Sir«, sagte sie lustlos.
Er starrte sie an. Offenbar war er immer noch nicht ganz sicher, ob sie ihn verstanden hatte. »Was glaubst du, was passiert, wenn dieses Projekt scheitert?«
»Der Krieg geht weiter.«
»Vergiss den Krieg. Vergiss das glorreiche Schicksal der Menschheit. Was ist mit dir? Glaubst du, man wird dich an die Front zurückbringen – quer durch die ganze Galaxis? Glaubst du, irgendwer würde sich in solche Unkosten stürzen, nur um ein paar Kampfwochen aus einem Nichts wie dir rauszuholen? Glaubst du, dass du irgendwem so wichtig bist? Glaubst du, die Koalition liebt dich, Soldatin?«
Sie fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen.
»Ich will dir sagen, was passieren wird«, donnerte er. »Du wirst zum Merkur geschickt. Das ist Sol Eins, der sonnennächste Planet. Dort gibt es Bergwerke und Sonnenenergiefarmen. Es ist eine Fabrikwelt, Torec, ein Planet voller unterirdischer Gänge, in denen man niemals den Feuerofen der Sonne sieht – und dankbar dafür ist. Und dort wirst du sterben – nicht ruhmreich, nicht im Kampf zusammen mit deinen Kameraden, sondern elend und allein, wenn deine Jugend und Kraft verbraucht sind. Willst du das?«
»Sir, meine Pflicht…«
»Ach, zur Lethe mit deiner Pflicht!«, brüllte er. »Willst du so sterben?«
»Nein.«
»Was hast du gesagt?«
»Nein! Sir.«
»Dann schlage ich vor, du sorgst dafür, dass wir Erfolg haben.«
Sein virtuelles Bild erlosch abrupt.
13
Obwohl Pirius Blau die simplen Ausdauer- und Fitnessübungen in seiner Ausbildung allmählich hinter sich ließ, war das Alltagsdasein eines Infanteriekadetten viel härter als alles, was er bei der Marine durchgemacht hatte.
So kam er nun beispielsweise gar nicht mehr aus seinem Heereshautanzug heraus. In einer Grünschiffblase konnte man zumindest hin und wieder das Visier hochklappen und sich die Nase kratzen. Hier musste man stundenlang das Jucken, Scheuern und andere Unannehmlichkeiten ertragen.
Man wurde sogar im Hautanzug von Marta oder einem der anderen Ausbilder unterrichtet, während man zusammen mit tausend anderen auf der Oberfläche des Steinbrockens stand.
»Ihr müsst die grundlegende Logik der Steine verstehen«, pflegte Marta zu sagen. »Die Xeelee verfügen über mehr Feuerkraft als wir. Und diese Feuerkraft müssen wir irgendwie aufsaugen. Da kommen die Steine ins Spiel. Wir schleudern einfach einen nach dem anderen durch die Front in den Hohlraum um Chandra hinein. Die Xeelee strömen heraus. Aber die große Masse eines Steins absorbiert den ganzen Xeelee-Saft…« Es sei eine primitive, aber bewährte Strategie, erklärte Captain Marta; die menschlichen Soldaten auf den Steinbrocken hatten die Xeelee seit dreitausend Jahren im Innern der Front eingeschlossen. Und bald würden diese frischen Truppen die Ehre haben, sich zu ihnen zu gesellen.
Ins Licht des galaktischen Zentrums getaucht, standen die Kadetten mit ihren grün leuchtenden Biotornistern in Reih und Glied da und lauschten derartigen Darlegungen in aufmerksamem Schweigen. Im Lauf der Stunden bemerkte Pirius hin und wieder eine raschelnde Bewegung, wenn eine Kadettin
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