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Sternenlaeufer

Sternenlaeufer

Titel: Sternenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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bedauern würde, dieses Objekt seines Spotts zu verlieren – Pech für Miyon.
    Sionell wollte gerade ihren Morgenmantel auf einen Stuhl im Vorzimmer werfen, als sie noch einen Schrei hörte. Aber diesmal war es kein Kind – das war ein Erwachsener. Sie mühte sich wieder in ihren Mantel und hastete schon den Gang entlang, als sie einen zweiten schrillen Schrei hörte. Sie meinte, zwei Schatten die Treppen hinabeilen zu sehen, aber plötzlich waren so viele andere Menschen in der Nähe, dass sie diese Beobachtung ganz vergaß. Meiglan, deren fülliges goldenes Haar wild zerzaust war, war der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und die Quelle der Schreie – die abrupt aufhörten, als ihre Magd sie schüttelte. Von Kopf bis Fuß zitternd, rang sie keuchend nach Atem.
    Riyan, dessen Gemächer nur zwei Türen von Meiglans Zimmer entfernt waren, erreichte sie als Erster. »Ruhig jetzt, Mylady – so ist es gut, beruhigt Euch. Psst. Ist ja alles gut.« Er tätschelte ihre Schulter und lächelte beruhigend – und Sionell stellte fest, dass es ihm nicht ganz gelang, den Blick von den geschmeidigen Kurven unter dem dünnen Seidenhemd abzuwenden. »Kein Grund zur Angst, Lady Meiglan, überhaupt keiner.«
    Die kleine Ansammlung machte Sionell Platz. Doch ehe sie etwas unternehmen konnte, trat Rialt vor und erklärte:
    »Gestattet Ihr, Mylady?« Er entließ die Diener und Wachen mit einem einzigen Blick, befahl der Magd, warmen Wein zu holen, und führte Meiglan durch die Tür in ihr Ankleidezimmer. Sionell wechselte einen Blick mit Riyan, der überrascht die Schultern hochzog.
    Zusammen mit Riyan und dem Wachtposten, der Meiglan zugeteilt war, folgte sie Rialt.
    »Was ist passiert?« fragte sie den Wächter.
    »Sie riss die Tür auf, Herrin, und schrie, dass jemand in ihrem Zimmer wäre. Ein Mann.«
    »Unmöglich«, erklärte Sionell.
    Der Wächter nickte, offensichtlich war er dankbar, dass sie ihm vertraute. »Genau, Herrin. Selbst wenn jemand an mir vorüber gelangt wäre, so war doch noch ihre andere Dienerin, die ältere, drinnen. Sie hätte bestimmt gerufen.«
    »Hmm.« Sionell spähte durch die Innentür und sah, dass Rialt Meiglan flink und mitfühlend auf Kissen gebettet hatte und jetzt Kerzen entzündete. Plötzlich flammte eine ganze Reihe von ihnen auf, und das Mädchen hielt vor Schreck die Luft an. Rialt drehte sich bloß um, die Brauen leicht emporgezogen.
    »Riyan«, schalt Sionell empört.
    »Es spart Zeit«, meinte der nur achselzuckend.
    Und verschafft dir einen besseren Blick auf das Mädchen in diesem durchsichtigen, kleinen Seidenfetzen, dachte sie amüsiert. »Geh wieder zu Bett. Ich werde nachsehen, was sie so beunruhigt hat.«
    »Ich werde hierbleiben, wenn du willst …«
    »Nein. Du willst es aber gerne«, gab sie zurück. Sie konnte einfach nicht widerstehen, ihn zu necken. Er grinste und fühlte sich offenbar nicht getroffen. »Ach, verschwinde von hier«, fügte sie hinzu und versetzte ihm einen kleinen Stoß.
    Eine Weile später hatte sie Meiglan so weit beruhigt, dass diese wieder sprechen konnte, wenn es auch nicht viel Sinn ergab. Sionell blieb neben ihr sitzen und hielt ihre kalten Hände. Dabei lächelte sie ermutigend; zum zweiten Mal heute Nacht hatte sie ein verängstigtes Kind zu beruhigen.
    »Es war nur ein Traum, meine Liebe.«
    »Es tut mir leid, Herrin – ich wollte Euch keinen Ärger machen! Aber bitte, erzählt es nicht meinem Vater!«
    »Macht Euch keine Gedanken. Es ist alles gut.«
    Das bleiche Gesicht mit seinen riesigen, dunklen, tränenfeuchten Augen verlor sich fast in dem Wirrwarr ihrer Locken. »Hier war ein Mann, Herrin – ich schwöre es.«
    »Meiglan …«
    »Er war da! Ihr müsst mir glauben!«
    Sionell beruhigte sie. »Habt Ihr ihn deutlich genug gesehen, um ihn wiederzuerkennen?« Ein kurzes, angespanntes Nicken. »Dann müsst Ihr ihn mir beschreiben, damit er gefunden und bestraft werden kann. Erzählt mir genau, was passiert ist und was Ihr gesehen habt.«
    Meiglan nickte wieder wie ein braves, kleines Mädchen. »Ich konnte nicht schlafen – das Zimmer ist wunderschön, Herrin, und das Bett ist sehr bequem, das ist es nicht …«
    »Wir haben alle immer mal Probleme mit dem Schlafen«, erklärte Sionell und verbarg angesichts dieser verzweifelten Entschuldigung ihre Ungeduld. »Weiter.«
    »Ich … ich ging in die Küche. Der Posten zeigte mir, wo sie ist, und dort nahm ich heißen Taze und Kekse zu mir. Thanys fand mich und brachte mich zurück nach oben, und

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