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Sternenlaeufer

Sternenlaeufer

Titel: Sternenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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bequeme Position in seinen Armen und lächelte. Sie hatte es nie bedauert, dass sie Tallain geheiratet hatte, hatte nie auch nur einen Augenblick lang betrauert, dass er nicht Pol war. »Gute Nacht, Liebster«, flüsterte sie in die Dunkelheit. »Sanfte Träume.«
    »Mmmm«, gab er zurück. »Den besten halte ich im Arm … vielleicht nicht den sanftesten – bei deinem Temperament –, aber definitiv den besten.«
    »Oh, sprich weiter«, schnurrte Sionell. »Ich liebe das.«
    »Und mich.«
    »Und dich.«
    »Ich weiß«, meinte er nur.
    »Eingebildeter Halunke.«

Kapitel 14
    Stronghold: Frühjahr, 26. Tag
    Fünfzehn Jahre in der reichen Küstenregion, wo die Schule der Göttin angesiedelt war, hatten Andrys Reaktion auf einen Frühling in der Wüste noch nicht beeinflussen können. Noch immer beobachtete er mit staunendem Blick, wie die Pflanzen auf die länger werdenden Tage reagierten. Er wusste, dass sich seine Lichtläufer häufig hinter vorgehaltener Hand amüsierten, wenn er sein Erstaunen über diese jährliche Erneuerung ausdrückte. Als er jedoch in diesem Frühjahr mit Oclel und Nialdan von Feruche hinabritt, lachten seine Begleiter ganz offen über das verblüffte Schweigen, mit dem er das unglaubliche Blühen der Wüste betrachtete.
    »Man könnte glauben, er hätte noch nie zuvor eine Blume gesehen«, spottete Nialdan.
    Endlich fand Andry seine Stimme wieder. »Ihr versteht das nicht. Ihr seht nichts anderes als das, was Ihr Euer Leben lang gesehen habt. Was ich sehe, ist ein Wunder.«
    Eines, das Sorin niemals kennenlernen würde.
    Andry hatte zwei Tage in Feruche verbracht. Es war das erste Mal, dass er das Schloss seines Bruders gesehen hatte. Es war fast so schmerzhaft gewesen wie der Augenblick, in dem er gespürt hatte, dass Sorin starb. Feruche war durchdrungen von der Energie seines Zwillingsbruders, von seiner Nachdenklichkeit und seinem Geschmack, was Entwürfe und Dekoration anging. Jeder Stein, jedes Brett, jeder Teppich war sorgfältig und zielbewusst ausgewählt und eingesetzt worden; das Schloss war ein Wunder an Schönheit und Kraft, und keine Seite dominierte, sondern jede war jeweils in der anderen vorhanden, und sie ergänzten sich. Andry schritt durch Gänge, die Sorin geplant hatte, schlief in Räumen, die Sorin eingerichtet hatte, fuhr mit den Fingern über Holz, das nach Sorins Vorstellungen geschnitzt worden war, und stand in der Großen Halle, wo Sorin Gericht gehalten hatte. Die Angst, die durch den langen, anstrengenden Ritt gedämpft worden war, war daraufhin mit voller Wucht zurückgekehrt. Er hatte die vorletzte Nacht in Sorins Privatgemächern verbracht und hatte auf den Sand gestarrt, der von Mondlicht überflutet wurde. Und endlich hatte er den Tränen freien Lauf gelassen, was er nicht einmal getan hatte, als ihm Sorins Tod zum ersten Mal brutal bewusst geworden war.
    Als er nur noch wenige Längen nach Stronghold vor sich hatte, nachdem er die Nacht zuvor im Freien verbracht hatte – es gab, keinen Grund, in Skybowl einzukehren, da sich Riyan in Tiglath aufhielt –, war der Kummer zuerst durch die verblüffende Schönheit rund um ihn her besänftigt worden. Aber Sorin würde dies Blühen niemals sehen. Und es war nur ein kurzer Weg von Kummer zu Zorn.
    Er gab Pol die Schuld. Aber noch mehr Schuld gab er sich selbst, weil er nicht jeden einzelnen Diarmadhi in den Prinzentümern aufgespürt hatte. Die einzig dumme Tat, die Lady Merisel in ihrem langen Leben begangen hatte, war es, ihren Feinden zu gestatten, der gerechten Strafe zu entgehen. In den Geschichtsbüchern stand nicht, warum sie sie nicht verfolgt und ausgelöscht hatte, wie sie es verdienten. Es konnte nicht daran gelegen haben, dass sie nicht zu erkennen gewesen waren.
    Die Lichtläufer, die an heftiger Übelkeit litten, wenn sie Wasser überquerten, konnten überhaupt nicht schwimmen. Man erzählte sich von Faradh’im, die in ganz flachem, ruhigem Wasser ertrunken waren, in dem selbst ein Kind sicher gewesen wäre. Aber die Zauberer hatten keine derartigen Schwierigkeiten. Das würde eine nützliche Falle ergeben, sollte Andry sich entschließen, eine einzusetzen. Sorins Tod hatte ihn überzeugt, dass er diese Wahl schnell treffen musste, ehe noch jemand durch Diarmadhi -Hände starb.
    Warum hatte Merisel diejenigen nicht zerstört, die Lord Rosseyn ums Leben gebracht hatten? In seinen Studien in den Schriftrollen hatte Andry fast alles über sie erfahren, bis auf eine Sache, die ihn verwirrte. Er hatte

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