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Sternenlaeufer

Sternenlaeufer

Titel: Sternenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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das?«
    »Ich glaube, jeder muss auf die eine oder andere Weise einmal ein Risiko eingehen. Wie sollte man sonst seine Möglichkeiten kennenlernen?«
    Sie schwieg eine Zeit lang und dachte über seine Worte nach. Mehr als alles andere liebte er das an ihr: dass sie ihm mit all ihren Gaben zuhörte. Sie stimmte ihm nie einfach nur zu, weil er nun mal ihr Gemahl und der Hoheprinz war. Wenn sie dachte, er wäre im Irrtum, dann sagte sie das; wenn sie seine Überlegungen akzeptierte, dann erklärte sie, warum, und fast immer bestätigte sie seine eigenen Gedanken mit Dingen, die er nicht bedacht hatte. So kostbar sie ihm als seine Gemahlin war, so nötig brauchte er sie als seine Prinzessin.
    Endlich redete sie wieder. »Es ist nur natürlich, dass die Jugend sich selbst erproben will. Ein Risiko eingehen will, wie du es ausgedrückt hast.«
    »Sie müssen zeigen, dass sie erwachsen sind«, meinte er lächelnd.
    »Ja, aber das meinte ich nicht. Sie können es sich leisten, alles aufs Spiel zu setzen, weil sie nicht wirklich wissen, worum es im Leben geht. Sie wissen noch nicht, dass die Dinge, für die man alles riskieren kann, weder groß noch glorreich sind.« Sie zog einen nackten Fuß unter sich und runzelte die Stirn. »Du hast Roelstra zum Narren gehalten, weil dir das Spiel Spaß gemacht hat, und hast erst hinterher herausgefunden, warum du es gespielt hast.«
    »Für das Recht, jeden Morgen in meinem eigenen Bett aufzuwachen, mit dir an meiner Seite. Für das Recht, in Frieden zu leben, ohne ständig mein Schwert in der Hand halten zu müssen.« Und um seinem Sohn etwas beizubringen: nicht die offiziellen Dinge, nicht Recht oder Geschichte oder wie man regiert, sondern wie man einen Zügel flicht, oder wie man pfeift. Keine großen Dinge, sondern die kleinen Dinge im Leben, über die niemand sonderlich nachdachte, bis sie von den Umständen zerstört waren. »Die Risiken, die wir eingehen, lehren uns, ein friedliches Leben ohne Risiko zu schätzen. Pol versteht das noch nicht. Er hat sich nicht selbst ausprobiert. Bald wird er sich einer Situation gegenübersehen, in der alles auf dem Spiel steht, aber er weiß noch nicht einmal, was ›alles‹ ist.«
    »Und wir können ihm das diesmal nicht abnehmen. Rohan, gehen die Menschen auch weiterhin Risiken ein, wenn sie nicht bekommen, was sie bekommen wollten, oder sich nicht zu ihrer eigenen Zufriedenheit beweisen konnten?«
    »Vielleicht muss das Risiko groß genug sein, um uns unsere Grenzen ebenso zu lehren wie unsere Möglichkeiten.« Und vielleicht, so dachte er, musste man den Krieg kennen – welcher Art auch immer –, ehe man die langsame und geduldige Eintönigkeit von Tagen wertschätzen konnte, die den Frieden ausmachten.
    »Weißt du, was mir wirklich Angst macht?«, fragte Sioned plötzlich. »Was ist, wenn das, was du tatsächlich gewinnst, dir nicht genug ist?«
    »Das ist etwas, das Pol selbst wissen muss.«
    Gequälte Augen begegneten seinem Blick. »Rohan …««
    »Es ist seine Entscheidung, Sioned. Sein Risiko. Nicht unseres.«
    Rebellion flackerte auf und wurde mit einer müden Zustimmung ausgelöscht, die er nie zuvor in ihr gesehen hatte. »Du bist klüger als ich, mein Lieber«, murmelte sie. »Aber du hast auch weniger zu verlieren. Du wirst nicht die wahre Identität dieser Zauberer aufdecken, also werde ich es tun. Sie sind nicht bloß Ianthes Söhne. Sie sind auch Pols Halbbrüder. Ich habe das seit jener Nacht gefürchtet, als ich ihn aus Feruche fortbrachte. Die Zeit ist gekommen, Rohan, ich kann es fühlen. Ich habe mein Leben riskiert und das von Tobin und Ostvel, um ihn zu holen, und jetzt stehe ich kurz davor, ihn genau deswegen zu verlieren.«
    »Sioned, ich habe es dir wieder und wieder gesagt, aber du scheinst es nie zu hören. Ianthe hat ihn ausgetragen, aber er ist dein Sohn, nicht ihrer.«
    Sie sagte nichts, sondern starrte bloß auf ihre Hände hinab.
    »Wenn du das nicht auch gespürt hättest, dann hättest du ihn in jener Nacht niemals aus Feruche fortgebracht.«
    »Natürlich glaube ich es!«, schrie sie. »Aber wird er das auch tun? Das ist noch eine Entscheidung, die er treffen muss: welche von uns seine wirkliche Mutter war!«
    »Wenn du zweifelst, welche Wahl er treffen wird, dann kennst du ihn nicht.«
    »Sprich nicht so, als würden wir ihm niemals die Wahrheit erzählen müssen! Wenn er herausfindet, dass ich ihn sein Leben lang belogen habe …«
    »Du warst nicht diejenige, die ihn durch eine Vergewaltigung

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