Sternenlaeufer
auf.
»Was ist los?« Pol packte ihren Arm. »Was gibt es?«
»Fühlt Ihr es denn nicht?« Sie zitterte und klammerte sich haltsuchend an seine Schulter, während ihr Blick Riyan suchte. »Fühlt Ihr es denn nicht durch Eure Ringe?«
Er hob die Hände und starrte sie mit weißem Gesicht an. »Gütige Göttin, es ist schwach, aber es ist da. Ruala, woher kommt das?«
Sie ging ein paar Schritte vorwärts. Rialt half ihr; Riyan fing an, unter wachsenden Schmerzen zu zittern. Dann fühlte Pol es auch, eine Verzerrung seiner Gedanken und Gefühle einer Benommenheit, einen trockenen Schmerz aus Farben und Lauten und Stoffen in seinem Kopf, die aber nicht wirklich dort waren. Es fühlte sich sonderbar vertraut an, aber er konnte nicht klar genug denken, um es zu identifizieren. Ruala hob ihr Gesicht zu ihm empor, und ein neuer Schock befiel sie, als er den Atem anhielt.
»Ihr auch?«, wisperte sie.
Rialt starrte von einem zum andern. Er war verwirrt. »Was ist los? Und was immer es ist, woher kommt es?«
Ruala blinzelte den Korridor entlang, der in der Morgensonne leuchtete, die in Pols Augen schmerzte. »Da«, sagte sie und wies mit dem Finger. »Da …«
Mireva traf Ruval in den Ställen. Er zog sie hastig und stumm in die kleine Sattelkammer, wo er gewöhnlich schlief, und schloss die Tür. Müde sank sie auf eine Bank.
»Was, bei allen Höllen, tun wir jetzt?«, krächzte er. »Chiana und ihre so genannte Armee sind für uns verloren! Dieser Narr Marron hat alles verdorben …«
»Sei still! Lass mich nachdenken!« Die ganze lange Nacht und den gesamten Morgen über hatte sie kaum etwas anderes getan.
Aber eine starke Dosis Dranath hatte sie wieder auf die Beine gebracht, wenn sie auch noch immer müde war. Panik erschöpfte nicht nur den Geist, sondern auch den Körper. Sie zwang sich, sich zusammenzureißen, und durchbohrte Ruval mit ihrem Blick.
»Riyan wird Miyons gesamtes Gefolge nach Anzeichen von Zauberei durchsuchen«, berichtete sie und fing mit dem Schlimmsten an. »Du wirst die Gestalt ablegen müssen, die du jetzt trägst, und eine andere benutzen.«
»Als ob ich das nicht wüsste! Ich habe mir schon Kleider gestohlen.« Er deutete auf ein Bündel am Boden. »Du wirst mir helfen müssen, damit der Wechsel klappt. Verdammt, Mireva …«
»Beruhige dich. Wir können Marrons Dummheit ausgleichen. Aber nicht, wenn du dich weiterhin wie ein geistloser Narr aufführst anstatt wie ein Prinz.«
»Gib mir bloß ein anderes Gesicht, für einen Tag oder so, und ich zeige dir einen Prinzen«, gab er zurück.
Ein paar Augenblicke später war es geschafft. Ruvals dunkles Haar war nun grau gesträhnt, seine blauen Augen braun, sein glattes Kinn wies ein tiefes Grübchen auf. Mireva arbeitete ein paar Falten in sein Gesicht, um den Eindruck eines Mannes zu stützen, der doppelt so alt war. Dann lehnte sie sich gegen die Wand und seufzte müde. »So. Präge das deinem Gedächtnis ein. Und verwechsle es aus Angst vor dem Namenlosen nur nicht mit dem anderen!«
Ruval zog sein Hemd aus. Die Tunika eines Bediensteten aus Cunaxa war am Morgen verbrannt worden. »Wie ist dein kleines Spiel mit Pol letzte Nacht gelaufen?«
»Ein voller Erfolg, bis auf den Schock am Ende. Andry hat ihn in einer Weberei gefangen«, sagte sie. »Ich dachte, Pol würde ›Meiglan‹ mit Liebesschwüren umarmen, was nützlich gewesen wäre. Aber seine Haltung war recht unerwartet.« Sie grinste plötzlich. »Er hält sie für eine lügende, betrügende, kleine Hure. Und das ist sogar noch besser, denn jetzt traut er seinem eigenen Urteil und seiner Wahrnehmung nicht mehr. Der Schlag für seinen Stolz und seine Klugheit war verheerend.«
»Natürlich hat ›Meiglan‹ geweint und gefleht.«
»Natürlich. Ich hatte wirklich einen wundervollen Auftritt, bis Andry ihn unterbrach.«
»Na ja, seinetwegen brauchen wir uns nicht mehr viele Sorgen zu machen.« Ruval zog ein schlichtes Hemd und eine Weste an, wie sie die meisten Diener in Stronghold trugen.
»Was hast du gehört?«
»Meinst du, ich wüsste etwas und du nicht?« Er lachte wieder. »Wie es scheint, ist er für alle Zeit in die Schule der Göttin verbannt. Zumindest will es so das Gerücht. Ich bezweifle, dass Rohan je versuchen wird, ihn dort einzusperren, aber es läuft darauf hinaus. Einer von Miyons Leuten hat ihn voller Wut aus dem Sommersalon stürzen sehen. Und seitdem gehen die Gerüchte um.«
»Ah!« Sie wiegte sich hin und her und kicherte. »Köstlich!«
»Einige
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