Sternenlaeufer
was sicher kommen wird.«
Zum ersten Mal schien sein Vater wirklich erschüttert. »Andry, du hast Recht, ich verstehe Lichtläufer nicht. Ich sollte es. Ich habe mit deiner Mutter – gütige Göttin – achtunddreißig Winter inzwischen gelebt, ich habe zwei Faradhi -Söhne, und es sieht aus, als würden meine Enkel ebenfalls Lichtläufer. Die Zerstörung, die vor uns liegt, wie du mir erzählst …«
Andry erstarrte. »Du glaubst nicht daran.«
»Du tust es«, sagte Chay leise. »Also muss ich es.«
Nie im Leben hatte er sich so stolz oder so klein gefühlt. Er legte eine Hand auf den Arm seines Vaters. Er war unfähig zu sprechen. Aber der Augenblick herzlichen Verstehens verging bei Chays nächsten Worten.
»Ich habe vorhin gesagt, dass die Menschen fürchten, was sie nicht verstehen können. Aber es ist auch wahr, dass sie keine Angst vor etwas haben können, was sie verstehen. Du verwandelst die Kunst und die Geschicklichkeiten der Lichtläufer in Magie. Es geht nicht nur darum, dass du Dinge tun kannst, die wir anderen nicht tun können. Du stößt uns mit der Nase hinein. Diese Anrufungen der Göttin, all die Worte aus der Sprache der Alten, die niemand versteht, kunstvolle Rituale in deiner eigenen Gemeinschaft …«
»Wer hat uns beobachtet?«, fragte er. »Pol? Sioned?«
Die grauen Augen musterten ihn ruhig. »Dein Bruder. Und es gefällt ihm nicht besonders, was er gesehen hat.«
»Maarken?« Der Verrat ließ Andrys Atem einen Augenblick lang stocken. Allein – er stand ganz allein in dieser Sache. Sein Heim – verboten; seine eigenen Eltern verteidigten ihn nicht, seine Familie misstraute ihm – und nun das. Maarken spionierte ihm nach.
Aus Chays Stimme klang Müdigkeit. »Andry, ist es wirklich Respekt, den du suchst? Wäre es nicht besser, wenn du dich um Vertrauen bemühen würdest? Wenn du offen arbeiten würdest, so dass alle es sehen und verstehen können?«
»Ihr fürchtet mich wirklich«, flüsterte er. »Ihr alle.«
»Du bist mein Sohn«, krächzte Chay. »Ich möchte dir vertrauen, aber du machst das fast unmöglich. Warum bist du nicht zu uns gekommen, als du von der Armee erfahren hast, die nach Drachenruh marschiert ist?«
»Warum bist du dagegen, dass ich Lichtläufermacht gegen die Feinde der Wüste einsetze? Ist es nicht das, was Andrade gewollt hat?«
»Sie wollte eine Linie von Prinzen, die auch Lichtläufer sind. Keine Lichtläufer, die sich benehmen, als hätten sie alle Rechte und Privilegien von Prinzen.«
»Oh, jetzt verstehe ich«, sagte er. Er war jetzt zutiefst verletzt und wütend. »Ihr wart alle erstaunt, dass ich überhaupt einen Finger krumm gemacht habe, um Drachenruh zu verteidigen! Ihr dachtet, ich würde lachend zusehen, wie es zerstört wird!«
»Andry!«
»Es stimmt doch, oder?«, tobte er. »Nun, von mir aus kann Ruval Pol zerstören, das ist mir egal! Keiner von ihnen spielt eine Rolle. Verglichen mit dem Horror, der seit nunmehr neun Jahren mein Hirn erfüllt, zählt überhaupt niemand sonst!«
»Außer dir?«, fragte Chay rau.
Andry erstarrte kurz, machte dann auf dem Absatz kehrt und marschierte davon.
Rohan hörte Pol und Riyan zu, ohne eine Frage zu stellen oder etwas dazu zu sagen. Als sie geendet hatten, sagte er nur: »Kommt mit.« Er führte sie in die Bibliothek und das Büro, das er mit seiner Gemahlin teilte, und verschloss die Tür. Das, zusammen mit seinem Schweigen, ließ die jungen Männer unruhig werden. Aber sie trauten ihren Augen kaum, als er das Geheimfach öffnete, in dem die übersetzte Sternenrolle aufbewahrt wurde.
»Dies ist eine Kopie dessen, was Meath vor Jahren in Dorval gefunden hat. Das Original und eine andere Übersetzung sind in der Schule der Göttin. Du weißt von der Sternenrolle, Pol. Urival und Morwenna haben dich einiges daraus gelehrt. Aber nur deine Mutter und ich wussten, wo sie versteckt war. Wenn ich sie zurücklege, zeige ich dir, wie das Versteck funktioniert. Eines Tages musst du sie vielleicht sehr schnell holen.«
Pol trat vor, als er das Kästchen auf den riesigen Schreibtisch stellte, doch Riyan hielt sich zurück. Rohan sah zu ihm hinüber.
»Was ist los?«, fragte er, obwohl er sehr gut wusste, was Riyan beunruhigte.
»Das heißt … sehr viel Vertrauen in mich zu setzen«, murmelte der junge Mann.
Rohan lächelte ein wenig, als er das Pergament entrollte. Er hatte richtig geraten, doch das war nicht allzu schwierig gewesen. Der Sohn war wie der Vater, und Ostvel kannte er ein halbes
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