Sternenlaeufer
sein Fleisch würde versengt und seine Knochen auf den geschwärzten Steinen in Asche verwandelt werden.
»Rohan!«
Das Wort ergab kaum einen Sinn für ihn. War das sein Name? Ja. Sioneds Stimme. Sioned …
Sie schrie wieder seinen Namen, und diesmal reagierte er. Er ängstigte sich nicht um sich, sondern um sie. Er löste seinen Blick aus den rubinroten Augen des Drachen, die ihn festhalten wollten, und erkannte leicht erstaunt, dass er zu Boden gestürzt war. Der Drache ragte über ihm empor; er konnte sehen, wie sich die Schwingen hoben, so dass die Decke wie hinter einer blutroten Wolke verschwand, die über einen weißen Himmel zieht.
Aber dort hätte es schwarz sein müssen. Das Feuer hätte weißgetünchte Balken und Steine schwärzen müssen. Unwirklich. Er suchte nach einem Halt und war kaum wieder auf die Füße gekommen, als der Drache mit messerscharfen Krallen ausholte. Sie fuhren direkt durch ihn hindurch – und ließen ihn doch unverletzt.
Benommen vor Erleichterung lachte er in die heißen, glühenden Augen hinauf. Der Drache war kein Umriss, den Mireva selbst angenommen hatte, sondern eine Beschwörung. So harmlos wie Frühnebel. Er brüllte in die klaffende Dunkelheit des Verstecks: »Wenn das das Beste ist, was du fertigbringst, dann versuch es doch noch einmal!«
Der Drache verschwand. An seine Stelle trat ein junger Mann mit dunklem Haar und Ianthes Augen. Ein tödliches Grinsen lag auf dem hübschen Gesicht. »Besser, Hoheprinz?«
Rohan durchquerte den Raum, der sie trennte. Er war überzeugt, dass es sich auch hierbei um eine Illusion handelte. Aber das spöttische Lachen war echt. Das Messer, das sich in seine Schulter bohrte, war echt. Der Schmerz war echt.
»Nein!« Riyan taumelte vor. Seine Hände waren in vertrautem Schmerz verkrampft. Er krachte gegen Ruval und schlug ihn nieder. Das blutbefleckte Messer klapperte auf die Steine. Chays Stiefel senkten sich auf die Klinge, als Ruvals Finger danach tasteten.
Als Riyan so abrupt ihr Verteidigungsgewebe durchbrach, erblindete Pol für einen Moment. Von seinem Platz hinter ihrem Schutz aus hatte er die Drachenbeschwörung gesehen. Es war ein erschreckender Anblick, aber einer, der seinen Vater nicht verletzen würde, wie er wusste. Der Drache hatte keine Substanz. Seine Sinne, die des Lichtläufers und die des Zauberers, sagten ihm das ohne bewusstes Begreifen.
Aber das Messer war echt. Als er spürte, dass es solider Stahl war, durchflutete Panik seinen ganzen Körper und erschütterte das Gewebe ebenso sehr wie Riyans plötzlicher Rückzug daraus. Aber Ruval bewegte sich zu schnell. Pol konnte wieder klar sehen und machte einen Satz nach vorne. Er war bereit zu töten. Ehe er jedoch dort war, hatte Riyan sich schon herumgedreht und die bebende Form fest mit beiden Armen umklammert. Sie rollten gegen die Mauer neben der klaffenden Öffnung, Ruval wurde durch Riyans Körper geschützt. Chay, der einem Angriff mit Zauberei gegenüber nicht so verletzlich war, stürzte sich mit einem Messer vor.
»Nein!«, schrie Riyan wieder. »Das ist nicht er! Meine Ringe brennen das Fleisch von meinen Fingern. Das ist nicht Ruval! Es ist Ruala!«
Pol sah voll Entsetzen, dass sich die große, muskulöse Gestalt in eine kleinere verwandelte. Die hatte sanfte Kurven und zerzaustes schwarzes Haar. Hose, Hemd und Tunika waren alles, was von der Illusion von Ruval noch blieb.
Rohan erholte sich als Erster. Er zog Riyan und die halb bewusstlose junge Frau auf die Füße. Doch dabei fuhr er plötzlich zusammen. Er lehnte sich an die Wand und hielt seinen Arm umklammert. Sioned schob seine Finger von der Wunde. Ihre gerunzelte Stirn beunruhigte Pol, aber ihre Worte besänftigten seine Furcht. »Als hättest du noch nicht genug Narben, du Dummkopf!« Sie riss den Ärmel auf und wickelte einen Streifen davon um seinen Arm, um die Blutung anzuhalten.
Rohan verzog das Gesicht unter ihrer groben Behandlung, die noch mehr als ihre Worte zeigte, dass es keine ernsthafte Verletzung war. Zu Pol gewandt meinte er grimmig: »Sie ist noch immer da drin. Es sei denn, es gibt einen Fluchtweg aus diesem Versteck.«
Maarken drängte sich an seinem Vater vorbei, der Riyan und Ruala auf die nächsten Stühle half.
»Maarken – nein!«, rief Pol, aber sein Vater tauchte bereits in die Dunkelheit ein. Irgendetwas flammte strahlend auf, man hörte einen überraschten Schmerzensschrei, und Maarken taumelte rücklings gegen Pol.
»Gütige Göttin«, hauchte er. Dann riss
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