Sternenlaeufer
schickte ihn in die Küche, Erfrischungen in das Sommerzimmer zu bringen. Dorthin zog sich Rohan gleich darauf zurück, um seine vornehmen Gäste zu empfangen. Er hatte sich gerade in einem bequemen Sessel niedergelassen, als ein Diener an der Tür scharrte, sie öffnete und Lord Urival und Lady Morwenna aus der Schule der Göttin ankündigte.
Rohan ging ihnen entgegen, um sie zu begrüßen, wobei er seine Neugier, so gut er konnte, verbarg. »Eine willkommene Überraschung, Herr«, sagte er. »Herrin, bitte, setzt Euch. Es werden gleich kalte Erfrischungen gebracht.«
»Förmlichkeiten sind so beruhigend, nicht wahr?«, bemerkte Urival zynisch, als er müde in einen Sessel sank. »Im Grunde nutzlos, aber tröstlich.«
»Hört nicht auf ihn, Hoheit«, sagte Morwenna. »Er ist wund vom Sattel.«
Arlis eilte mit gekühltem Wein herbei. »Ich habe Anweisung gegeben, die Gobelin-Suite herzurichten, Herr«, wandte er sich an Rohan, während er einschenkte. »Ist das recht?«
»Solange es dort nur ein Bett und eine Badewanne gibt«, seufzte Morwenna und grinste dann. »Ehrlich gesagt, würde ich mich im Moment auch nur mit der Wanne zufriedengeben!«
»Drei Zimmer und ein wunderschönes Bad, Herrin«, erklärte Arlis schüchtern.
»Klingt perfekt.« Sie musterte ihn, als er ihr einen Weinkelch reichte. »Du bist doch Lathams Sohn, nicht wahr? Der Enkel von Volog und Saumer.«
»So ist es, Herrin.«
»Prinz Arlis, ich freue mich, Euch kennenzulernen. Meine Mutter diente viele Jahre lang am Hofe Eures Großvaters Saumer in Zaldivar als Faradhi .«
»Ich hoffe, sie war dort glücklich, Herrin.«
»Sehr.«
Rohan bemerkte Urivals nervöses Stirnrunzeln und schickte den Knappen fort. »Das wäre alles, Arlis. Sorge bitte dafür, dass die Suite schnell vorbereitet wird.«
»Sehr wohl, Herr.« Unter Verneigungen zog er sich zurück und schloss die Tür.
»Ein feiner Knabe, Hoheit«, bemerkte Morwenna. »Die grünen Augen von Kierst sind nicht zu übersehen.«
»Sioneds Augen«, sagte Urival. »Wo ist sie, Rohan?«
»Bei Sorin in Feruche. Was führt Euch nach Stronghold?«, wollte er dann wissen, zu direkt, wie er wusste, aber Urival war nie ein Freund von Weitschweifigkeit gewesen.
Der alte Mann zuckte mit den Schultern. »Gobelin-Suite, ja? An die kann ich mich von meinem Aufenthalt 698 her gar nicht erinnern.«
»Es sind die alten Gemächer meiner Mutter«, erklärte Rohan. »Sioned hat die Behänge beim letzten Rialla ausgesucht, und wir haben den Räumen einen neuen Namen gegeben. Ich nehme an, sie ist es, die Ihr sprechen wollt.«
»Das wäre so, wenn sie hier wäre. Da das nicht der Fall ist, muss ich Euch damit belästigen.« Urivals Lächeln glich einer Grimasse. »Das ist eines der Privilegien Eurer Position, Hoheprinz.«
Morwenna, einige Jahre jünger als Rohan und mit der dunklen Haut, dem schwarzen Haar und den schrägen braunen Augen einer Fironeserin, gab ein verächtliches Schnauben von sich. »Was er sagen will, Hoheit, ist, dass wir beide es nicht länger in der Schule der Göttin ausgehalten haben. Deshalb sind wir gekommen, um Euch mit weiteren überflüssigen Lichtläufern zu belasten. Ich kannte die Höchste Prinzessin flüchtig, als sie noch ein junges Mädchen war, das seine Ringe so schnell erwarb, dass Andrade kaum damit Schritt halten konnte. Sie allein hat mehr von einer Lichtläuferin an sich, als Ihr je benötigen werdet.«
»Sie wäre erfreut, Euch das sagen zu hören. Aber wir sind hier sonst nicht so formell – wenn es Euch nicht angenehm ist, mich bei meinem Namen zu nennen, dann befreit mich zumindest von dem ›Hoheit‹.« Er lächelte, während die Sorge an ihm nagte, warum Urival so ungewöhnlich lange zögerte, ihm seinen Grund für seine Anwesenheit in Stronghold zu enthüllen. »Charme«, murmelte der alte Lichtläufer. »Den besitzt die ganze Familie mehr oder weniger stark. Bei Andry ist es noch schlimmer – denn er hat ihn nicht nur von Chay, sondern auch von Tobin. Er hat uns mit seinem Charme alle dazu gebracht, Dinge zu akzeptieren, die wir in hundert Generationen nicht einmal in Erwägung gezogen hätten. Und als uns endlich klar wurde, worauf er damit hinauswollte …«
»Oh, bei der Liebe der Göttin und all ihren Werken, erzählt es ihm!«, fuhr Morwenna ihn an.
Urival musterte sie. »Es ist das Vorrecht meiner siebzig Winter und neun Ringe, zu sprechen, wann und wie es mir gefällt.« Er stellte seinen Wein ab, ohne einen Schluck getrunken zu haben und
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