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Sternenlaeufer

Sternenlaeufer

Titel: Sternenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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und er schüttelte den Kopf. Eine Brise vom Meer her kühlte die Luft, aber er fror nicht. Das tat er nie, außer im tiefsten Winter. In der Schule der Göttin erzählte man sich den Witz, dass er in seiner Kindheit so viel Wüstensonne aufgesogen hätte, dass er nie Kälte empfinden würde, höchstens den schlimmsten Schneesturm, den der Vater der Stürme aus der eisigen Tiefe des Veresch schicken würde.
    Viele von jenen, die unter ihm standen, waren in warme, wollene Gewänder und Tuniken gehüllt, die vor dem Wind schützen sollten. Manche hatten die Kapuzen aufgesetzt – vielleicht, um die Ohren warm zu halten, vielleicht aber auch, um ihre Reaktion auf die schockierenden Erneuerungen verbergen zu können, die Andry einführen wollte. Er zuckte zwar mit den Achseln, prägte sie sich aber dennoch ein. Vielleicht würde er sie woanders ihren Pflichten nachgehen lassen, so dass sie ihm keine Probleme mehr verursachen konnten. Wieder dachte er an Urival, dessen Abreise aus der Schule der Göttin keine Garantie dafür gewesen war, dass seine Probleme weniger wurden. Was immer Pol von den Künsten der Faradhi wusste, es war zu viel – denn es war nicht Andry gewesen, der ihn unterwiesen hatte.
    Doch jetzt war nicht die Zeit, darüber nachzudenken. Er legte die Hände auf das glatte Balkongeländer und musterte die Versammlung mit berechtigtem Stolz. Die Lichtläufer, Schüler und Diener der Schule der Göttin zählten über vierhundert – zwei Drittel davon waren Faradh’im auf verschiedenen Stufen der Erfahrung.
    Zu Andrades Zeiten hatten hier ebenso viele Menschen ohne die Gabe wie Lichtläufer gelebt. Der Grund für ihre Anwesenheit war nicht Talent gewesen, sondern Geld. Vor Andrys Herrschaft hier wurde von den Schülern verlangt, der Schule der Göttin den Teil des elterlichen Reichtums zu übergeben, der sonst ihre Mitgift dargestellt hätte. Es gab keine Vorurteile hinsichtlich der Größe des Geschenks; einige wenige Schafe waren alles, was Nialdan gebracht hatte, aber sie zählten ebenso viel wie der Anteil an Radzyns Reichtum, der von Andry eingebracht worden war. Tatsächlich war es sogar diese gewaltige Summe gewesen, die es ihm ermöglicht hatte, auf die Sitte mit der Mitgift jetzt völlig zu verzichten. Eltern, die es verabscheuten, Besitz zu veräußern, um die geforderte Summe aufbringen zu können, schickten jetzt gerne ihre talentierten Söhne und Töchter, um sie zu Lichtläufern ausbilden zu lassen; die anderen Kinder profitierten davon durch ihre größere Mitgift. Andry hatte mehr als genug eingebracht, um jeden Einkommensverlust auszugleichen. Es schenkte ihm eine gewisse, grimmige Belustigung, daran zu denken, wie Rohan sich verhalten hätte, wenn Pol in die Schule der Göttin gekommen wäre; seine Mitgift war die gesamte Prinzenmark.
    Sie hätten wahrscheinlich das getan, was Chay und Tobin bei Maarken gemacht hatten – die hatten Andrade erklärt, wenn sie Whitecliff haben wolle (seine Mitgift, solange sein Vater noch lebte), dann könne sie ja kommen und es Stein für Stein abtragen.
    Aber Andry hatte darauf bestanden, sein gesamtes Vermögen der Schule der Göttin zu vermachen. Er hätte fast jedes Schloss in der Wüste haben können, das er begehrte, ein Gut oder Schloss und alle Ehren, die dem Sohn eines Kriegskommandanten und Enkel eines Prinzen zukamen. Und nun war sie sein. Und dank ihm reicher und beliebter, als Andrade je zu hoffen gewagt hatte.
    Und alle blickten auf ihn, wenn es um Führung ging. Niemand, nicht einmal diejenigen, die für diese Demonstration ausgewählt worden waren, wussten von seiner schrecklichen Vision und den Träumen, die ihn im Schlaf heimsuchten. Die Vorsicht sagte ihm, sie müssten ihm um seiner selbst willen vertrauen, nicht aus Angst vor einer Furcht erregenden Zukunft. Sie mussten ihm folgen, weil sie an ihn glaubten, mussten ihm treu ergeben sein, damit ihr Glaube an ihn ihre Furcht besiegte, wenn er schließlich seine Gründe bekannt gab. Sie mussten bis ins Mark sicher sein, dass er sie lehren würde, ihre Gaben gegen die bevorstehende Schlacht und das Blut einzusetzen. Er konnte den Kopf seines Bruders in der Menge nicht ausmachen und suchte stattdessen nach Hollis’ auffälligem Haar. Wo sie war, würde auch Maarken sein. Endlich entdeckte er sie am Brunnen. Er murmelte Torien zu: »Führe meinen Bruder und seine Gemahlin näher zu den Toren. Ich wünsche, dass sie ungehindert zusehen können.«
    »Sehr wohl, Herr.«
    Andry holte tief Luft

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