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Sternenlaeufer

Sternenlaeufer

Titel: Sternenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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hmmm?«
    »Unbeschreiblich.«
    »Beim ersten Mal musste es so gemacht werden.«
    »Ich verstehe, Herr. Darf ich das den anderen sagen?«
    »Bis zum heutigen Abendessen sollte es allgemein bekannt sein.«
    Oclel nickte. »Wie Ihr wünscht. Ich denke …«
    Was er dachte, würde warten müssen. Maarken marschierte heran. Er bebte in eiskalter Wut.
    »Andry«, war alles, was er hervorstieß.
    »Einen Augenblick, Maarken …«
    »Sofort.«
    Oclel fuhr zusammen; niemand durfte in diesem Ton zum Herrn der Schule der Göttin sprechen, nicht einmal der eigene Bruder des Herrn. Andry dachte kurz daran, seinen hohen Rang gegenüber einem Mann auszuspielen, der schließlich auch ein Lichtläufer war, verwarf die Idee dann aber wieder. Er wünschte Verständnis und Mitarbeit, keine Ablehnung. Und Maarken, der für gewöhnlich ausgeglichen und beherrscht war, war stolz wie ein Drache – und außerdem der Sohn ihrer temperamentvollen Mutter.
    »Also schön. Lass uns nach oben ins Torhaus gehen. Dort können wir allein sein.« Mit einem Blick gab er Maarken zu verstehen, dass er sein Bedürfnis anerkannte, seiner Wut Ausdruck zu verleihen. Ein Blick wie graues Wintereis begegnete dem seinen, und zum ersten Mal fragte er sich, ob er sich nicht doch verrechnet hatte.
    Hollis folgte ihnen. Sie schloss die Tür und lehnte sich ein wenig zitternd dagegen. Ehe Maarken etwas sagen konnte, stöhnte sie erstickt auf. »Andry! Der Wein – du hast doch nicht …«
    Er ging zum Tisch und nahm ein Stück des gefalteten Pergaments auf, das Sioned Andrade acht Jahre zuvor gegeben hatte. »Doch. Und ich möchte dich bitten, Pol zu fragen, ob er noch etwas schicken kann. Dies hier ist das Letzte.«
    Sie presste mit aufgerissenen Augen den Rücken an die Tür. »Verstehst du denn, was du da tust? Kennst du das Risiko denn nicht?«
    »Beruhige dich«, sagte er und versuchte mühsam seine Ungeduld zu unterdrücken. »In kleinen Mengen liegt keine Gefahr, wenn sie selten genommen werden. Außerdem ist es notwendig.«
    Maarkens Stimme war jetzt seidenweich. »Ohne das Zeug kannst du wohl keinen Diarmadhi -Zauber wirken?«
    »Es klappt besser mit der zusätzlichen Kraft. Aber wir sind nicht hier, um über Dranath zu sprechen.«
    »Nein.«
    Die Brüder starrten sich über den Tisch hinweg an. Andry wusste, dass er besser still bleiben sollte, bis er beurteilen konnte, welche Form Maarkens Wut annehmen würde, aber er musste ihn einfach überzeugen.
    »Alles, was ich gesagt habe, war wahr. Du weißt, wie hilflos wir hier sein würden, wenn es zum Krieg käme. Ich bin mit dem Hoheprinzen verwandt und sein Erbe – und ich bin der Sohn des Herrn von Radzyn. Jemand wie Miyon oder Chiana oder auch Pimantal aus Fessenden weiß genau, dass er dich auf dem Schlachtfeld festnageln könnte, wenn er die Schule der Göttin bedroht.«
    »Weiter.«
    Andry erkannte plötzlich, dass er sich in Maarkens Wut getäuscht hatte. Die war nicht wie die von Tobin – weißglühend und vergänglich. Diese Wut war wie die von Chay: kalt und hart und zeigte ihn von seiner schlimmsten Seite.
    »Wir müssen in der Lage sein, uns selbst zu verteidigen. Nicht nur gegen die Gefahren, die wir erahnen können, sondern …« Er brach ab und verlagerte sein Gewicht, nahm die Hände vom Tisch und streckte sie mit der Handfläche nach oben seinem Bruder entgegen. »Ich habe Dinge gesehen.«
    »Ach ja.« Maarkens Stimme klang abwertend. »Sorin sagt, du hast merkwürdige Träume.«
    Andry fühlte, wie auch in ihm Wut aufstieg. »Nicht nur Träume – Visionen. Von einer Zukunft, die mich erschreckt.
    Maarken, du hast keine Ahnung von dem Blut …«
    »Ich habe heute nichts davon gesehen«, erklärte der ältere Mann ruhig. »Was ich gesehen habe, war Terror. Und was ich gesehen hätte, wenn die Flammenmauer nicht zusammengebrochen wäre, war Irrsinn.«
    »Darum ging es aber doch bei der verdammten Idee!«, brüllte Andry frustriert. »Die Ros’salath tötet nicht – nicht in dieser Form jedenfalls …«
    Hollis hielt den Atem an. »Was soll das heißen: in dieser Form? Andry, was hast du getan?«
    »Noch mehr Gesetze gebrochen«, fuhr Maarken sie an. »Er hat die Gesetze und Traditionen der Schule der Göttin genommen und auf den Mist geworfen!«
    Andry machte einen letzten Versuch. »Andrade hat Dinge vorhergesehen. Gütige Göttin, Maarken, du und ich, wir existieren doch überhaupt nur wegen dem, was sie gesehen hat – und was sie dagegen getan hat! Ich sage dir, das, was ich gesehen

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