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Sternenlaeufer

Sternenlaeufer

Titel: Sternenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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get … geträumt hat?« Das kurze Zögern war kaum hörbar; er hatte eine plötzliche Vision von Sorins besorgten Augen. »Eines Tages wird man vielleicht von uns verlangen, uns selbst zu verteidigen. Offen gesagt, ich habe nicht die Absicht, in der Schule der Göttin in der Falle zu sitzen, so wie Lady Andrade es getan hat. Außerdem ist es traurig, aber wahr, dass meine Verwandten das Misstrauen gewisser Prinzen erregen. Wenn es zum Krieg kommt, aus welchem Grund auch immer, ist die Schule der Göttin wahrscheinlich der erste Ort, den sie einnehmen wollen. Und wie leicht wäre es, dies zu tun!«
    Andry machte Nialdan ein Zeichen. Der große Lichtläufer trat vor und entfachte mit erhobener Hand eine Flamme an einer Fackel, die sich direkt vor den offenen Toren befand. Einen Augenblick später wurde die Menge von dem leisen Donnern von Hufschlägen überrascht. Alle Augen richteten sich auf die vierzig Reiter, die – angeführt von Oclel – über die Felder galoppierten. Andry wusste, was sie zu sehen glaubten: Sie sahen keine Männer und Frauen, die sie kannten, die stumpfe Schwerter und mit Tuch umwickelte Pfeile trugen, sondern Krieger unter feindlichem Banner. Er schlüpfte bewusst unauffällig über die innere Treppe nach unten, aber nur wenige achteten überhaupt auf ihn. Er nickte zufrieden. Sollten sie doch Gefahr sehen, dachte er; sollten sie ihre eigene Hilflosigkeit begreifen.
    Oclel hob sein Schwert, und Pfeile schwirrten durch den Himmel. Sie schlugen außerhalb der Gefahrenzone dumpf auf dem Boden auf. Aber der nächste Ansturm traf die Mauern – fern der offenen Tore, aber dennoch nah genug, um die Drohung zu unterstreichen. Ein Aufstöhnen war zu hören, lautes Keuchen und ein paar Protest- und Wutschreie. Andry unterdrückte ein Lächeln.
    »Was, bei allen Höllen, tust du da eigentlich?«, erkundigte sich eine vertraute Stimme an seiner Seite, und der feste Griff an seinem Arm verriet Zorn.
    »Pst«, murmelte Hollis ihrem Gemahl zu. »Ich denke, wir werden es herausfinden. Lass ihn machen, Maarken.«
    Andry warf ihr einen scharfen Blick zu. Er war überrascht, dass sie seine Gedanken besser kannte als sein eigener Bruder. Er schüttelte Maarken ab und marschierte zum Tor. In der Mitte der breiten Öffnung blieb er stehen und hob beide Arme. Juwelenbesetzte Ringe und Armbänder funkelten in der Sonne – und im Glühen einer Feuerwand, die fünfzig Schritt von der Burg entfernt aus dem Boden wuchs.
    Nialdan war in der Nähe, die Arme ebenfalls erhoben und die Züge verzerrt vor Anstrengung, weil er eine zweite Feuerwand direkt neben Andrys beschwor. Was niemand außer den beiden Männern wusste, war, dass Nialdan mit dem Sonnenlicht arbeitete, Andry jedoch die Diarmadhi -Technik beherrschte, die Wand ohne dessen Hilfe zu errichten.
    Die Reiter wurden langsamer, als das Feuer erschien. Oclel bellte einen Befehl, und sie sprangen von den Pferden, um sich zu Fuß zu nähern. Andry flüsterte eine Entschuldigung; Oclel hatte keine Ahnung, was ihn und seine Leute erwartete.
    Lichtläufer näherten sich dem Feuer – und fingen an zu schreien.
    Andry zählte stumm bis zwanzig und senkte dann die Arme. In das entsetzte Stillschweigen hinein rief er Nialdan beim Namen, und das kleinere Feuer ging aus. Oclel führte seine Truppe mit weichen Knien durch die Tore und blieb nur stehen, um den Stallknechten zu befehlen, die Pferde einzusammeln.
    »Tut mir leid«, murmelte Nialdan Oclel zu, der schluckte und den Kopf schüttelte.
    Andry sagte nichts. Das Zeugnis derjenigen, die den Zauber gefühlt hatten, würde ausreichen. Mit ernstem Gesicht beobachtete er, wie ihm verstohlene Blicke zugeworfen wurden.
    Die erschütterten »Angreifer« hatten ihre Stimmen wiedergefunden. Andry lauschte den Wortfetzen und musste sich immer wieder zwingen, nicht ein grimmiges Lächeln auf seinen Lippen erscheinen zu lassen.
    »… drachengroßer Wolf mit Augen aus Feuer und Klauen, größer als meine Finger …«
    »… stürzte direkt auf mich zu, sage ich dir …«
    »… eine dieser Felsechsen wie in Dorval, bloß mit Zähnen …«
    »Wolf? Echse? Ich habe Drachen gesehen, ganz schwarz und Flammen speiend …«
    »Drachen, das gebe ich zu, aber blutrot, und es tropfte von Klauen und Zähnen …«
    »Herr?«
    Andry wandte sich um. Dort stand Oclel. Sein Gesicht war ausdruckslos. Eine Welle des Mitgefühls erstickte Andrys Frohlocken darüber, wie gut seine List funktioniert hatte. »Das war hart,

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