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Sternenschatten

Sternenschatten

Titel: Sternenschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Nicht freiwillig übrigens. Und nicht durch ein Tor.«
    Mein Gott, wie alt war er denn? Er musste mindestens genauso alt sein wie mein Großvater. In meiner Brust zog sich etwas schmerzlich zusammen. Während mein Großvater schnaufend durch den Garten spazierte, brach dieser kräftige Mann mit seinem Sohn zu Wanderungen auf!
    »In den besten Jahren vereinigte die Allianz an die einhundertundfünfzig Planeten … ›vereinigt‹ trifft es nicht ganz … eher an sich gebunden …«
    Mein Kopf schwirrte. Was hatte ich bisher angenommen, wie viele Welten zum Schatten gehörten? Fünfhundert? Damit dürfte ich gewaltig danebengelegen haben! Wenn ein Imperium, zu dem einhundertundfünfzig Planeten gehörten, keine Spuren in der Geschichte hinterließ … Aber es existierte ja immerhin die sogenannte Chlystow-Grenze, benannt nach einem Soziopsychologen, der festgestellt hatte, dass ein Sternenimperium von mehr als siebenhundert Welten mit unterschiedlichen Kulturen zerfallen muss. Angeblich bewiesen die Daten über das Konklave, dass dieses Phänomen auch auf Aliens zutraf …
    »Wir haben sogar die Tore in den unterworfenen Welten isoliert«, fuhr Kelos fort. »Kannst du dir das vorstellen? Am Anfang haben wir versucht, die Tore zu vernichten … Wie naiv wir da waren. Dann haben wir sie einfach eingezäunt, Sarkophage um sie herum gebaut, sie im Raum verkapselt … Aber natürlich sind die Tore da hindurchgewachsen, wenn auch langsam. Und erst am Ende sind wir dahintergekommen, welche Welten uns der Schatten überließ.«
    Während ich Kelos betrachtete, begriff ich, was für ein Glück ich gehabt hatte. Ein unerhörtes Glück. Er würde mir alles erzählen. Er würde mir erklären, was es mit dem Schatten auf sich hatte und ob wir Hilfe von ihm erwarten durften.
    War mir das Schicksal also doch hold gewesen.
    Und wie immer drängte sich die Frage auf: War das ein Zufall?
    »Was ist ein Sarkophag, Papa?«, fragte der Junge leise und verschlafen.
    Kelos fuhr zusammen. »Eine Grabstätte für alte Könige«, antwortete er trotzdem völlig gelassen. »Oder für Gegenstände, die niemand mehr braucht.«
    »Braucht die Tore wirklich niemand mehr?« Dari hob den Kopf und schaute seinen Vater provozierend an.
    »Früher habe ich geglaubt, es braucht sie tatsächlich niemand.«
    Ich war regelrecht hingerissen davon, wie er mit dem Jungen umging. Obwohl er das Thema eigentlich nicht vertiefen wollte, antwortete er dem Jungen klar und verständlich, ohne sich anmerken zu lassen, wie er über den Gesprächsgegenstand dachte.
    Und dagegen hatte ich wahrlich nichts einzuwenden. Vielleicht weil es kein Gespräch zwischen Ausbilder und Schützling, sondern zwischen Vater und Sohn war.
    Sie flößt einem Furcht ein, die Welt, in der man Lehrer den Eltern vorzieht.
    »Papa, wir sind ja schon da!«, rief Dari plötzlich. »Papa!«
    Kelos spähte das Ufer entlang und schüttelte den Kopf. »Ach, Plasma und Asche … Pjotr, schnapp dir die Stange! Und du, Dari, ans Steuer!«
    Schon in der nächsten Minute versuchten wir verzweifelt, das Floß gegen die Strömung zu bewegen. Der Junge am Steuer war dabei natürlich keine große Hilfe. Aber ich wäre der Letzte gewesen, der darüber ein Wort verloren hätte. Sollte er ruhig mit den nackten Füßen über die glitschigen Balken rutschen und sich gegen das widerspenstige Ruder stemmen, fest davon überzeugt, uns nach Hause zu bringen.
    Kelos packte den Rucksack und schulterte ihn. Er blieb, wie er war, nur mit Shorts bekleidet, die nächtliche Kälte machte ihm nichts aus. Dari zog sich einen Pullover über. Ich hielt mich etwas abseits und beobachtete, wie die beiden sich fertig machten.
    Durfte ich davon ausgehen, sie zu begleiten? Oder würde die kurze Gastfreundschaft auf dem Floß keine Einladung zu ihnen nach Haus nach sich ziehen?
    »Brauchst du eine förmliche Einladung?«, fragte Kelos direkt.
    Meine Befangenheit löste sich sofort in Luft auf.
    »Nicht unbedingt. Aber jetzt habt ihr mich auf dem Hals«, antwortete ich etwas nassforsch.
    Der Waldpfad war schmal, aber klar zu erkennen. Anscheinend wurde er oft benutzt. Mir fiel auf, dass die Bäume, die etwa zehn Meter vom Fluss entfernt standen, im Sternenlicht so zart funkelten wie fein zerstampftes Glas im Licht eines Scheinwerfers …
    »Ob Mama den Weg markiert hat?«, wollte Kelos von seinem Sohn wissen. »Was meinst du?«
    »Nein, das habe ich gemacht, bevor wir losgefahren sind.«
    »Pfiffikus!«
    Abermals beschlich mich ein

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