Sternenschatten
…«
Endlich sahen wir das Ende vom Tunnel vor uns. An dieser Stelle hatte er einen Durchmesser von rund zehn Metern, an den Wänden hingen keine Hütten mehr. Noch im Tunnel selbst, ganz kurz vorm Ausgang, bemerkte ich, dass etwas nicht stimmte. Mascha schielte immer wieder zu mir herüber, Kelos lächelte.
Was sollte das? Worüber sollte ich mich ihrer Ansicht nach denn wundern? Über den blauen Himmel, den ich in der Tunnelöffnung ausmachte? Über die frische Luft? Das Vogelgezwitscher?
Innerlich grinsend folgte ich Mascha und Kelos mit gelangweiltem Gesichtsausdruck. Der Tunnel mündete in einen flachen Trichter, durch den wir auf den Planeten gelangten. Kurz wurde mir schwindlig, anscheinend aufgrund des abrupten Wechsels des Gravitationsvektors.
Doch schon gleich darauf war wieder alles bestens.
Was für ein Wunder!
Unter uns Gras, über uns ein klarer blauer Himmel mit Schäfchenwolken. Ein breiter Fluss floss träge dahin, auf ihm bewegten sich die dreieckigen Silhouetten von Segeln, Jachten vielleicht oder Windsurfbretter. Ein grüner Wald. In der Ferne kleine Häuser, schmale, aparte Türme mit Fahnen …
»Wie hübsch«, sagte ich.
Sowohl Mascha als auch Kelos sahen mich völlig verzweifelt an. Ich drehte mich um und schaute in den Trichter. »Tief« unten zog sich ein grell beleuchteter Gang entlang. Jemand kletterte nachdenklich zu uns herauf.
»Aber ich bin doch begeistert«, stellte ich klar. »Wirklich! Kelos, ich habe mal einen alten Kinderfilm darüber gesehen, in dem eine Gruppe von Jugendlichen mit einem Photonenraumschiff zu einem anderen Stern fliegt. Das … war eine fiktive Geschichte, so etwas hat es nie gegeben. Jedenfalls war in diesem Film auf dem Schiff auch ein Illusionsraum eingerichtet worden. Es gaukelte dir absolut überzeugend vor, dich im freien Raum zu befinden …«
Sie lächelten beide. Sie wechselten sogar verständnisvolle Blicke. Bei Kelos ließ ich das durchgehen. Aber wie kam Mascha dazu loszukichern?
»Sieh dich einmal genauer um, Pjotr«, bat mich Kelos.
Ich ließ meinen Blick erneut durch die illusorische Welt schweifen. Und …
Es war wie ein Stromschlag: Ich spürte Tore. Ein Tor, dann noch eins, ein drittes … Nicht weit von uns entfernt, am Fluss, hinterm Wald …
»Das ist keine Illusion.«
Ein Zittern ergriff mich, kalte Gänsehaut rieselte mir über den Rücken. Ich drehte mich abermals um und blickte in den Trichter des Tunnels – und fuhr jäh zurück.
Denn ich erblickte einen Ort, weit, weit weg von hier …
Eine andere Welt …
»Dies hier ist der Planet der Handelsliga«, erklärte Mascha feierlich. »Jede Station hat einen direkten Zugang zu ihm.«
»Eine der Alternativen zu den Toren«, ergänzte Kelos. »Früher oder später wird die Liga die Welten auch untereinander mit ihren Tunneln verbinden. Was für Folgen das haben wird, vermag ich nicht zu sagen. Aber wie du dir denken kannst, wünsche ich ihnen Erfolg. Denn für mich hängt einiges davon ab.«
»Guter Gott …«, flüsterte ich bloß. Das Tor verbarg ja gnädigerweise den Moment des Übergangs. Und sie wirkten dann doch nicht ganz so profan, nicht wie ein Loch im Raum, wie ein Kaninchenbau für eine neugierige Alice …
»Genau deshalb«, erklärte Kelos triumphierend, »glaube ich, dass ihr den Schatten akzeptieren solltet. Ein System des Ortswechsels, das man selbst nicht kontrollieren kann, birgt jede Menge Nachteile. Dieses System hier wird sich jedoch bestimmt weiterentwickeln, und dann braucht niemand mehr die Tore zu fürchten. Wenn du auf einen Hyperverstand baust oder Unsterblichkeit erlangen willst, dann gehst du durch ein Tor. Aber wenn du von einer Welt in eine andere reisen und dabei deinen bewussten Wünschen folgen willst, dann solltest du dich an die Handelsliga halten.«
»Aber man könnte ihr System doch schon jetzt als Transportmittel einsetzen!«, rief ich, während ich von dem Trichter zurücktrat. »Oder etwa nicht? Man brauchte doch nur zu einer Station zu fliegen, hierherzukommen und könnte dann von diesem Planeten aus zu einer anderen Station gelangen …«
»Die Liga sieht solche Reisen bisher nicht gern«, sagte Mascha. »Anscheinend hat sie Angst vor den Konsequenzen. Was ist – wollen wir weiter?«
Wir hielten auf eines der Häuser zu, einen kleinen eingeschossigen Ziegelbau, komfortabel, aber einfach, wie das Haus auf der Datscha eines Menschen mit mittlerem Einkommen.
»Wir dürfen hier wohnen«, erklärte Mascha. »Um uns zu
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