Sternenschatten
verstand, worauf es ankam … »Aber ein noch größerer Fehler ist es, den Menschen nur als Gedächtnis zu sehen, als Summe seines Wissens, als Ansammlung von Informationsbytes. Wenn wir einen Schritt weitergehen und behaupten, die Persönlichkeit werde durch die Sprache geprägt, dann kommen wir der Wahrheit weitaus näher.«
»Babylon-7«, sagte Mascha.
»Das stimmt zwar, ist jedoch zu vage. Denn die Sprache – das ist die Gemeinschaft, nicht das Individuum. Dafür bedarf es einer weiteren Einzelheit … der letzten. Der Kreativität. Es ist etwas nötig, das ein Individuum geschaffen hat, das nur durch seinen Verstand entstehen konnte. Damit kommen wir wiederum der Seele sehr nahe … gefährlich nahe. Der arme Junge Nik Rimer … dieser Regressor und Dichter. Er hat es nicht einmal geschafft, richtig zu sterben.«
»Ich könnte zu Pjotr gehen und mich eine Weile mit ihm … unterhalten«, sagte Karel.
Ich schlug die Augen auf und starrte den Reptiloiden an. Sein Maul verzog sich zu einem hastigen Lächeln.
»… nur würde das nichts nützen«, beendete Karel den Satz.
Abermals versank ich in Halbschlaf. Allerdings flehte ich – nur in Gedanken – das Schiff an.
Schneller, flieg schneller. Ich muss den Samen abliefern. Mein Planet ist in Gefahr. Es ist meine Pflicht, ihn zu retten.
Ihn zu erhalten, für das Universum und für die Freundschaft.
Pjotr, das Konklave mobilisiert seine Kräfte. Ein großer Teil der Torpp hat die Photosphäre ihrer Sterne verlassen. Die Alari haben zwei Geschwader gebildet … eine Hauptflotte und eine Hilfsflotte. Die Hyxoiden und Daenlo machen ihre Flotten bereit.
Vielen Dank. Aber wir werden es schaffen.
Es ist nicht nötig, mich darüber aufzuklären, welche Flotte meine Heimat niederbrennen wird und welche … welche …
»Pjotr!«
Sie standen alle dicht neben mir. Das Licht in dem ovalen Cockpit trübte sich. Auf den Bildschirmen flammten Sterne auf.
Guter Gott! Wie nahe sie waren! Wollten sie mir etwa den Samen wegnehmen?
»Pjotr«, wiederholte mein Großvater. »Wir sind da. Wir sind in der Nähe des Schiffs der Geometer.«
Ungeschickt erhob ich mich aus meinem Sitz.
»Wir können unsere Reise auch in diesem Schiff fortsetzen«, warf Mascha ein. »Die Liga stellt ihre Schiffe allen zur Verfügung, die einen Samen für die Tore bei sich haben.«
»Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Wir sind also schon da?«
»Du hast geschlafen«, sagte mein Großvater leise. »Weißt du, du hattest ein Gesicht wie ein kleines Kind. Ich wollte dich nicht wecken …«
Der Zähler zu Füßen meines Großvater durchbohrte mich mit seinem Blick.
»Und ich habe auch Karel nicht erlaubt, dich zu wecken«, fügte mein Großvater noch hinzu. Er trat zur Seite, damit ich vorbeigehen konnte.
Langsam ging ich zur Schleuse.
»Pjotr!«
Ich drehte mich nicht um. Die erste Luke. Die zweite. Dieses fremde Schiff … ein wenig Angst hatte ich doch vor ihm. Ich musste hier raus … so schnell wie möglich …
Die Luke nach außen öffnete sich – und ich blickte in den Himmel.
Ein schwarzer – ein tiefschwarzer – Himmel. Die blassen Sterne standen am Himmel – zu zweit, zu dritt, in Gruppen zusammen, doch all das brachte ihnen nichts, die Schwärze blieb mächtiger als sie. Weitaus mächtiger.
Ich sprang auf die steinerne Erde des Irrsterns, drehte mich zurück und reichte Mascha die Hand. Das Schiff der Liga lag direkt auf dem Boden, eine kantige Nadel aus Spiegelglas. Das Sternenlicht tanzte in den Seitenflächen.
Die anderen kamen nach mir aus dem Schiff, diese so nahen und so fernen Freunde …
»Gehen wir!«, sagte ich. Meine Stimme zitterte, ich hatte nicht mit dieser Aufregung gerechnet, die jedoch fragte natürlich nicht, ob sie willkommen war.
Der Scout der Geometer stand fünfzig Meter von uns entfernt, einsam und verloren in der öden Ebene. Wie viele von ihnen hier wohl schon gewartet hatten … von diesen toten, verkümmerten Schiffen, zu denen ihre Piloten nie zurückgekehrt waren?
»Pjotr.« Mein Großvater streckte die Hand nach mir aus. Ich erschauderte und warf mich ihm entgegen, warf mich der Liebkosung des Ausbilders entgegen. »Wohin willst du fliegen?«
Ich schwieg.
»Wem bringst du diesen Samen, – Pjotr? Wer hat ihn an sich genommen? Wie soll ich dich jetzt nennen? Pjotr Chrumow? Oder Nik Rimer?«
Großpapa, bitte … das ist doch nicht nötig … quäl mich doch nicht so …
Woher soll ich wissen, wer gerade in mir steckt?
Was bedeuten schon
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