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Sternenschatten

Sternenschatten

Titel: Sternenschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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wogte leicht, beinahe wie ein Spiegelbild im Wasser. Über die Steinfläche, die sie nun erreicht hatte und die sie anscheinend weitaus klarer sah als wir, ergoss sich eine Welle fahlen Lichts. Eine behände, sanfte Welle, die ihre Figur fortspülte, ihre Farben und Formen auflöste.
    Als das Licht erlosch, stand niemand mehr vor uns.
    »Das ist ein Tor«, krächzte Mascha heiser. »Das … ist ein Tor.«
    »Eine Schleuse«, korrigierte Danilow sie. Er sah mich an. »Jetzt weiß ich auch, woran mich dieser Planet erinnert, Petja.«
    Ich nickte. Ich hatte es ebenfalls begriffen. »Eine Quarantänestation.«
    Möglicherweise war das ein falscher Vergleich. Bisher war ich nur einmal auf einer Quarantänestation gewesen, während der Einführungskurse im Studium. Nach der Landung mit dem Reptiloiden hätte man mich durchaus dorthin abschieben können, aber … das war nicht geschehen. Jetzt fielen mir jedoch prompt wieder das flackernde, irritierende Licht der Deckenlampen mit den integrierten UV-Luftentkeimungslampen, der synthetische Beigeschmack der sterilen, ozonisierten Luft und die schwere, undurchdringliche Stille ein.
    »Das ist ihr Vorposten«, flüsterte Danilow. »Ein Planet, auf dem einfach jeder landen darf! Und dann geht’s mit ihrem Transportsystem weiter …«
    »Aber wohin?«, hakte Mascha nach.
    »Woher soll ich das wissen? Auf einen anderen Planeten. In unterirdische Städte. Ins Jenseits.«
    »Wer war diese Frau, Karel?« Ich sah den Reptiloiden an.
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht ist sie eine Pilotin der Geometer, eine von denjenigen, die von hier nicht zur Heimat zurückgekehrt sind. Vielleicht ist sie aber auch von hier.«
    »Aber du wunderst dich nicht darüber, dass diese Zivilisation ebenfalls humanoid ist?«
    Der Reptiloid betrachtete mich mit mitleidiger Verwunderung. »Nicht im Geringsten. Wenn die Geometer dich für einen Agenten des Schattens gehalten haben, heißt das, dass es in dieser Zivilisation auch Wesen mit dem Äußeren von Menschen geben muss.«
    »Und was ist mit der Frau passiert?«
    »Wahrscheinlich hat Danilow recht. Dieser Planet gehört zu ihrem Transportsystem. Hier gibt es Tore.«
    »Und was sollen wir jetzt tun?«
    »Zurückkehren. Oder der Frau folgen. Ich würde vorschlagen, diese runde Steinfläche zu betreten.«
    »Und ich würde vorschlagen umzukehren«, mischte sich Danilow ein. »Aber das wäre nur dann sinnvoll, wenn du auch damit einverstanden bist, Pjotr.«
    Ich blickte zu der Stelle hinüber, an der die Frau verschwunden war. Etwas in mir protestierte lautstark: ›Geh da nicht hin!‹ Nein, ich glaubte nicht, dass wir gerade eben Zeugen eines extravaganten Selbstmords geworden waren. Das hier war wohl in der Tat eine Art Transportterminal, vergleichbar mit den Kabinen der Geometer.
    Und mit einem einzigen Schritt nach vorn würden wir die Spielregeln akzeptieren, nach denen die Zivilisation des Schattens funktionierte. Wer auch immer sie sein mochten – Menschen wie wir oder Wesen, die zu Metamorphosen fähig waren wie die Cualcua.
    Sie hielten es nicht für nötig, diesen Planeten zu bewachen, bei dem es sich einfach um einen Landeplatz handelte. Ja, es war sogar gut möglich, dass die Besucher hier obendrein tatsächlich desinfiziert wurden …
    Anschließend stand den Gästen dann ein über den ganzen Kontinent gespanntes Netz von Toren zur Verfügung. Gerade eben war uns demonstriert worden, wie sie funktionierten. Sollte das ein Zufall gewesen sein? Das würde ich nie im Leben glauben! Damit stand ich vor der Wahl, durchs Tor zu gehen – oder mich davonzuscheren.
    »Das sieht wirklich nach einer Hyper-Zivilisation aus, Andrej Valentinowitsch«, sagte Mascha. Als ihr klar wurde, dass sie sich an einen Menschen wandte, den sie für tot erklärt hatte, erschauderte sie.
    Keine Ahnung, ob der Zähler von sich aus auf den Gedanken gekommen war, meinem Großvater das Wort zu überlassen, oder ob dieser es gefordert hatte. »Das wäre aber eine kümmerliche Zivilisation, Mädchen. Mit einer horizontalen Entwicklung. Wie in den alten amerikanischen Romanen, wo es auf jedem Asteroiden eine Bar gibt, eine kleine Kirche und einen Sheriff mit Stern.«
    Mein Großvater stieß ein Hüsteln aus, das schon sehr überzeugend klang. Mittlerweile kam er ziemlich gut mit den Sprechwerkzeugen des Reptiloiden zurecht.
    »Ein Planet, der als Weltraumbahnhof und zugleich als Diele fungiert, das ist doch absurd«, fuhr er fort. Ein alter Science-Fiction-Schriftsteller hat

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