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Sternenschatten

Sternenschatten

Titel: Sternenschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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einmal gesagt: ›Die Galaxis ist zu klein für mich. In ihr gibt es ja nur hundert Millionen Sterne. Das ist nicht meine Kragenweite, deshalb schreibe ich über Metagalaxien.‹ Er hätte sich lieber einen einzelnen Stern genau vornehmen sollen …«
    Danilow kicherte leise.
    »Aber das Ganze muss doch irgendeinen Sinn haben, oder?«, bohrte Mascha mürrisch weiter. »Ja wohl wenigstens ansatzweise … Nur um Größe zu demonstrieren … nein, das ist zu wenig. Also … wozu das Ganze, Andrej Valentinowitsch?«
    Mein Großvater schwieg lange. »Mascha, wenn ich recht habe«, sagte er schließlich verlegen und widerwillig, »dann würde dir die Antwort nicht sonderlich gefallen. Mich selbst begeistert sie auch nicht gerade.«
    Ging das schon wieder los? Gut, ich verstehe das, zeit seines Leben war es für meinen Großvater nicht darauf angekommen, was er wusste, sondern was er verheimlichen konnte. Anspielungen, vage Drohungen, Sand, den er einem in die Augen streute, nebulöse Prophezeiungen – all das hatte es ihm erlaubt, der Rolle des Schreibtischgelehrten zu entschlüpfen und in den dreckigen Sumpf politischer Intrigen hineinzuwaten.
    Aber wenigstens jetzt könnte er sich doch mal anders verhalten!
    »Großpapa, soll ich da durch?«
    »Ich glaube, es wäre für uns alle sinnvoll, durch dieses Tor zu gehen.«
    »Ohne dich könnten wir sowieso nicht von hier wegfliegen«, erinnerte mich Danilow. »Ich glaube zwar nicht, dass das eine kluge Entscheidung ist, aber wenn du da durchgehst … dann müssen wir alle mit.«
    Wahrscheinlich musste ich mich damit abfinden.
    Und sei es nur deshalb, weil mir diese Welt mehr als deutlich ihre Macht vorgeführt hatte. Eine Zivilisation von einem derartigen Potenzial ist kein optimaler Verbündeter. Überhaupt eignete sie sich für uns als Partner etwa genauso gut wie das britische Empire in seiner Blütezeit für irgendeine gottverlassene afrikanische Kolonie.
    »Dann lasst uns gehen«, sagte ich. »Vielleicht ist es besser, wenn wir uns bei den Händen fassen. Und dich … Karel … tragen wir.«
    »Ich habe nichts dagegen«, willigte mein Großvater ein.
    Ich nahm den Reptiloiden auf den Arm und schaute Danilow an. Schweigend packte er meinen Ellbogen, Mascha trat dicht neben ihn.
    »Du hast nicht noch ein paar von deinen Spielzeugen übrig?«, wollte ich von ihr wissen.
    »Nein«, antwortete sie. Es hörte sich ehrlich an.
    Aber was sollte uns eine Laserpistole hier schon nutzen? Oder sogar der viel gerühmte alarische Ggorschsch?
    »Es tut mir leid, dass ich euch in diese Situation gebracht habe«, sagte ich, während wir ungeschickt, mit der Grazie verirrter Kleinkinder den Hang hinunterkraxelten. »Wenn ich …«
    »Spar dir das!«, knurrte Danilow, allerdings ohne wirklich böse zu klingen. »Dafür ist es jetzt zu spät.«
    Worin die unregulierte Struktur dieses Orts und erst recht die Absorption von Energie bestand, das wusste nur das Schiff. Ich selbst bemerkte nichts Auffälliges. Selbst als wir über kleine, unter den Füßen knirschende Kieselsteine stapften, selbst als wir jene Stelle erreichten, wo die unbekannte, an ein Gespenst erinnernde Frau verschwunden war, passierte nichts. Danilow hielt meinen Arm fest gepackt, so dass wir nebeneinandergingen, wie drei Idioten, die sich zu einem Sirtaki-Schnellkurs entschieden hatten. Der Reptiloid – mir war nicht klar, wer gerade den Körper kontrollierte – schaute sich aufmerksam um.
    Nichts geschah.
    Es funktionierte nicht!
    Sie hielt sich nur kurz, einen flüchtigen, aber erschütternden Augenblick lang, meine Scham. Ich biss die Zähne zusammen und stellte mir unsere Rückkehr zur Erde vor. Wenn doch nur irgendwas passieren würde! Von mir aus etwas Ekelhaftes und Widerliches! Aber wenigstens irgendwas! Selbst wenn ich mit einer ganzen Welt kämpfen, durch kniehohe Scheiße und Blut waten müsste – ich würde es tun. Wie schwer es auch wäre, ich würde es schaffen, und wenn ich kriechen müsste …
    Vor meinen Augen hing ein trüber, funkelnder Schleier.
    Danilows Finger bohrten sich in mir in den Arm, bis es schmerzte. Der Reptiloid fiel in sich zusammen, anscheinend wechselte er in den Trancezustand über, weil er etwas in der Art des Jumps befürchtete. Mascha schrie auf und klammerte sich an Danilow. Der konnte sich nicht halten, so dass wir alle hinfielen. Die Welt wogte, geriet in Bewegung. Alles tauchte in gespenstisches weißes Licht ab. Wir lagen nicht mehr auf Steinen – unter uns war rein gar

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