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Sternenschatten

Sternenschatten

Titel: Sternenschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Augen schmerzten. Ob uns hinter dem Hügel etwas erwartete?
    Aber was sollte sich da verstecken?
    »Wir können ohne Weiteres eine andere solche Anomalie untersuchen«, bemerkte Mascha. »Oder einen Erkundungsflug über den Planeten machen. Das Schiff ist doch zu Atmosphärenflügen imstande?«
    Sie sagte es in einem durch und durch freundlichen Ton. Mit etwa dem gleichen Mitleid hatte ich mich an Mascha und Danilow gewandt, kaum dass sie in meiner Gewalt und zu der Einsicht gelangt waren, dass sie keine Chance mehr hatten und jeder Widerstand zwecklos war.
    Nur der Zähler schwieg. Zielstrebig und unermüdlich ging er weiter. Er hielt ungebrochen zu mir, denn ihre Zivilisation war weiß Gott nicht auf eine Allianz zwischen Erde und Geometern erpicht – und sei es nur, weil sie damit ihre privilegierte Rolle als lebende Computer verlieren würde. Aber hatte er wirklich noch nicht kapiert, dass diese Sache eine Nummer zu groß für uns war? Wir würden nie herausbekommen, was die Geometer in die Flucht geschlagen hatte – und das hieß, wir würden den Dingen ihren Lauf lassen müssen.
    »Siehst du da vorn wenigstens irgendwas Ungewöhnliches, Karel?«, wollte ich wissen.
    Der Reptiloid ließ sich erneut mit der Antwort Zeit. Er blieb stehen und machte einen langen Hals. »Heb mich hoch«, verlangte er schließlich.
    Ich hob ihn mit einem seltsamen Gefühl hoch. Ich hielt jetzt – verborgen in diesem kleinen Körper – zwei intelligente Wesen auf dem Arm. Beide gehörten vermutlich zu den klügsten Köpfen in der Galaxis. Die Körperhülle war fragil. Allzu fragil für jene Kraft, die in ihr untergebracht werden musste.
    »Höher«, befahl der Reptiloid.
    Den Zähler hochhaltend, verharrte ich reglos. Was für ein seltsames Ensemble: ein Mensch mit einer grauen Echse in den zum Himmel gereckten Armen.
    »Ja, ich sehe etwas«, teilte mir der Zähler gelassen mit. »Lass mich wieder runter.«
    »Was denn?«, fragte Danilow. Seine Stimme klang angespannt.
    Die Augen des Reptiloiden funkelten. »Einen Menschen.«
    »Was?« Danilow beugte sich über den Reptiloiden und spähte Richtung Horizont. »Wo?«
    »Hinter dem Hügel. Da ist ein Mensch. Er ist allein. Und er kommt uns entgegen.«
    Unverzüglich stürmten wir vorwärts. Der Anstieg war flach und mühelos, den Reptiloiden ließen wir rasch hinter uns. Trotzdem entdeckten wir absolut nichts Ungewöhnliches.
    Bis wir die Spitze des Hügels erreicht hatten.
    Der an der Spitze rennende Danilow stoppte und kauerte sich wie ein Springer beim Start hin, gleichsam als wolle er sich verstecken. Mascha erstarrte neben ihm. Ich baute mich zwischen den beiden auf und spähte nach vorn.
    Rund hundert Meter vor uns stand ein Mensch.
    Anscheinend eine Frau. Anscheinend eine junge. Das Sternenlicht ließ uns nur ihre Figur und die langen Haare erkennen, aber nicht ihre Gesichtszüge.
    »Na bitte schön«, sagte Danilow überraschend ruhig. »Hattest du also doch recht, Pjotr. Zumindest teilweise …«
    Die Frau rührte sich nicht von der Stelle. Sie stand da, mit erhobenem Kopf, und schaute auf die Hügelspitze, auf uns. Über uns wunderte sie sich eigentlich nicht – fast als treffe sie in diesen unendlichen, verlassenen Weiten ständig Menschen.
    Menschen?
    Und Karel hatte sich auch nicht darüber gewundert, dass uns ein humanoides Wesen entgegenkam! Hatte er etwa genau damit gerechnet?
    Ich schob Danilow zur Seite und marschierte vorwärts. Um die Aufmerksamkeit auf mich zu lenken, hob ich den Arm.
    Jetzt bewegte sich die Figur. Sie winkte zurück, gleichmäßig, ohne Hast. Und sie kam mir entgegen.
    Wir hatten Kontakt!
    Ein Schritt, ein nächster … Mit einem Mal fiel mir auf, dass die Frau – ja, eine Frau, daran bestand inzwischen kein Zweifel mehr – nicht direkt auf uns zukam, sondern ein Ziel seitlich von uns ansteuerte … auf eine kleine Steinfläche zuhielt, die sich auf unfassliche Weise von ihrer Umgebung unterschied. Als ob sie glatter war oder dunkler, beinah als versickere das Sternlicht spurlos in ihr.
    »Halt!«, schrie Mascha. »Bleiben Sie stehen!«
    »He«, rief Danilow.
    Wir verstanden, was jetzt passierte, alle im selben Moment. Aber wir konnten nichts mehr dagegen tun. Die Frau verlangsamte den Schritt, als zögere sie. Machten sie unser Geschrei und unsere Gesten denn überhaupt nicht neugierig?
    Die Frau ging einfach weiter.
    »Sieh mal!« Danilow packte mich am Arm. »Sieh doch!«
    Die Luft flirrte, erzitterte vor Kälte. Die Silhouette der Frau

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