Sternenschimmer
durch die Tischreihen balancierte. In diesem Moment kam Mirjam frisch gestylt und mit wehendem Haar aus der Toilette. Doch als sie auf ihre Flamingoart an uns vorbeistakste, hielt sie inne, ging zwei Schritte rückwärts und blieb mit gerümpfter Nase zwischen Iason und mir stehen. »Hier stinkt’s nach Müll. Habt ihr euch nach der Arbeit nicht gewaschen?«
»Warte.« Lena beugte sich zu uns vor und machte ein übertriebenes Schnuppergeräusch. »Nein, das sind nicht Mia und Iason. Ich glaube, das ist dein Parfum.« Sie schnupperte noch einmal. »Ja. Jetzt bin ich mir ganz sicher.«
Wenn irdische Blicke töten könnten, dann wäre Lena wohl jetzt vom Stuhl gekippt. Doch quicklebendig, wie sie glücklicherweise war, grinste sie Mirjam herausfordernd an.
»Gibt’s ein Problem?«, fragte Fred, der sich hinter seine vor Zorn erstarrte Freundin stellte.
»Das sind die Typen vom Einbruch bei meinem Vater«, erklärte Mirjam mit gepresster Stimme. »Zwei von ihnen sind Loduuner. Wenn unsere Überwachungsgeräte nicht die fremden Funkwellen ihrer Walkie-Talkies als Warnsignal zu uns durchgestellt hätten, dann wäre jetzt bestimmt unsere ganze Bude ausgeräumt.«
»So.« Fred nickte finster. »Dann habt ihr hier nichts verloren«, sagte er knapp und räumte unsere vollen Gläser ab.
Frank sprang protestierend auf. »Hey, die haben wir bezahlt.«
Fred hielt ihm warnend den Zeigefinger vor die Nase. »Mach du dir erst mal Gedanken darüber, mit wem du dich abgibst, Milchbubi.«
Da konnte sich keiner mehr von uns auf seinem Stuhl halten.
Frank wich empört einen Schritt zurück. »Was ist das hier eigentlich für ein Scheißladen?«
Wow! Frank konnte ja genauso gut fluchen wie ich. Am liebsten hätte ich Fred ebenfalls die Meinung gesagt, aber ich hatte Iason ja gerade erst versprochen, keine weitere Auseinandersetzung mit Mirjam und Konsorten auf loduunische Kosten zu bestreiten, und – da war ich mir sicher – dieser Streit würde garantiert in eine solche Richtung ausufern. Zudem schien Frank im Augenblick bestens geeignet, meinen Part zu übernehmen.
Die Tür schwang auf.
»Ich hab sie gefunden.« Greta stand mit ölverschmiertem Gesicht im Eingang, warf fröhlich einen dicken Schlüsselbund in die Luft und fing ihn wieder auf. Doch als sie unsere hitzigen Gesichter sah, fragte sie nur: »Was is’n hier los?«
»Auch das noch«, seufzte Iason leise.
Fred warf Greta einen verächtlichen Blick zu. Dann widmete er sich wieder uns. Die Stimmung war zum Zerreißen gespannt. Mirjam zückte ihr iCommplete und rief Freds Gehilfen. Wahrscheinlich hatte sie Angst, ihr wutschäumender Liebster würde sich sonst den teuren Anzug ruinieren. Die Haltung von Iason und Finn war konzentriert abwartend wie bei Panthern vor dem Sprung. Frank zitterte vor Wut. Und Lena, ja, Lena dampfte wie ein brodelnder Vulkan. Aber ich musste wohl am provokantesten geguckt haben, denn als Freds Verstärkung aus dem Hinterzimmer zu ihm kam, beugte er sich langsam zu mir hinab. »Du stinkendes Loduuner-Flittchen, sieh bloß zu, dass du mit deinem außerirdischen Abschaum Land gewinnst.«
Oh nein, ich wusste, ich würde es bereuen. Ich wusste es. Warum hatte ich Iason nur so ein dämliches Versprechen gegeben.
» Mach den Abgang!«, zischte Fred mich durch seine zusammengepressten Zähne an.
Egal, mein Sündenkonto war sowieso schon weit überzogen, also spuckte ich ihm vor die Füße.
Fred schlug mir ins Gesicht. Ein Blick von Iason genügte und der Tisch vor Fred rammte sich, haarscharf an mir vorbei, in dessen Bauch. Erschrocken wich ich zurück. Fred krümmte sich, Mirjam quiekte schockiert, und Finn hob anerkennend eine Braue. »Respekt. Das war Millimeterarbeit.«
Iason achtete gar nicht auf uns. Er fixierte Fred. Wenn ich bisher geglaubt hatte, Iason wütend zu kennen, dann wurde ich jetzt eines Besseren belehrt. Im Vergleich dazu, wie der Strahl aus seinen Augen nun Fred beschoss, hatte er sich die anderen Male wahrscheinlich nebenbei ins Fäustchen gelacht. Es war, als hätte er eine innere Flutlichtanlage angeworfen.
»Heb dir deinen tödlichen Blick auf«, versuchte Finn, ihn etwas zu besänftigen.
»Hm«, machte ich und konnte eine gewisse Genugtuung wohl nicht verbergen.
Fred stützte die Hände auf die Tischplatte und sah keuchend und wutschäumend zu mir hin. » Halt’s Maul, du Schlampe!«
Auch das schien unzulässig für meinen Privatwächter. Blitzschnell sprang er über den Tisch und verteidigte meine Ehre auf
Weitere Kostenlose Bücher