Sternenschimmer
ganz irdische Weise mit der blanken Faust. Freds Nase knackte. Und die Schlägerei begann. Lena trat Freds Prügelgehilfen gegen das Schienbein, während Finn sich auf ihn stürzte. Zwei weitere Freunde von Fred kamen herbeigeeilt. Und schon bald flogen wir alle über Tische und Bänke. Lena hatte sich mit dem Plastik-Benjamini bewaffnet und hielt einen unserer Gegner damit ganz allein in Schach. Iason schien es ein tiefes Bedürfnis zu sein, Fred für die Ohrfeige gegen mich zu bestrafen. Ja, und mir war es nicht minder wichtig, Mirjams Haaren endgültig einmal das zukommen zu lassen, was sie verdienten. Leider sah Mirjam das ähnlich. Ihre Haare waren jedoch länger. Ha! Man konnte sich richtig darin festkrallen, sie verknoten, und wenn man daran zog, fiepste Mirjam wie ein Meerschweinchen.
»Spinnt ihr!« Greta sprang auf die Theke und versuchte vergeblich, uns zur Besinnung zu bringen. Keiner achtete auf sie. »Euch hat doch ’n Pavian ins Gehirn geschissen!«
Iason hatte Fred in eine Ecke gedrängt und forderte ihn nach jedem Schlag auf, sich bei mir zu entschuldigen. Fred schüttelte immer wieder benommen den Kopf und musste dafür büßen. Lena pfefferte Freds Freund einmal mehr den Plastik-Benjamini um die Ohren. Und Frank versuchte mit diplomatischen Vorschlägen, etwas Ruhe in die Sache reinzubekommen. Es gelang ihm nicht, dafür bekam er versehentliche Rempler und Boxhiebe ab.
»Jetzt ist aber Schluss!«
Das, was uns schließlich aufschrecken ließ, war nicht Gretas Gebrüll. Nein, es waren nicht enden wollende Wassermassen, die urplötzlich auf uns herabstürzten, ausgelöst durch einen Hebel oberhalb der Theke, den Greta in ihrer Verzweiflung gezogen hatte.
Perplex hielten wir alle inne, zu verdutzt, um einen weiteren Schlag auszuteilen.
Iason wischte mit dem Handrücken über seine blutende Augenbraue, während Finn sich schwer atmend eine geprellte Rippe hielt. Lena und ich starrten nicht weniger ramponiert nach oben, und Frank ließ sich von Greta mit offenem Mund die Tennissocke hochziehen. Was für ein Tag! Auch unsere Gegner waren völlig überrascht. Nur in Fred regte sich allmählich wieder Leben. Ein höchst aufgebrachtes Leben, und schließlich lief er vor Zorn fast lila an. »BIST DU WAHNSINNIG? DAS WAR DIE LÖSCHANLAGE. SIE HAT VIERZIGTAUSEND LITER!!!« Autsch, seine Nase sah wirklich übel aus.
»Irgendjemand musste euch doch aufhalten!«, verteidigte sich Greta laut, um das Rauschen zu übertönen.
»Meine Möbel! Das Inventar!«, jaulte Fred nun auf.
»Futsch«, sagte Lena mit gespieltem Bedauern. »Alles futsch!«
»Ich bring dich um!« Der klitschnasse Fred wollte sich brüllend auf Greta stürzen, doch Iason und Finn, die ebenfalls trieften, hielten ihn zurück. Im selben Moment kamen vier äußerst erstaunte Polizisten zur Tür herein.
»Sie kommen spät«, tadelte Greta sie.
Ohne diese Spitze zu beachten, traten die Polizisten auf uns zu. Einer von ihnen begann, mich kritisch zu mustern. »Sag mal, dich habe ich doch erst kürzlich in der Nordmannstraße abgeführt?«
Das klang nicht gut. Gar nicht gut. »Mi… mich? Nein, ich bin nicht die aus Weilers Labor.«
Seine Miene verfinsterte sich. »Mitkommen«, sagte er streng.
Ich seufzte. Tatbestand der zweite, und das in gerade mal einer Woche. Scheiße, das war wirklich ein Grund zum Fluchen.
23
E ine Maske aus Naturprodukten bot Entspannung pur. Und die hatte ich mir nach den letzten stressigen Tagen wirklich verdient. Also band ich mir die Haare dürftig mit einem rosa Puschelband zurück, griff eine satte Menge Quark aus der Verpackung und verteilte sie in meinem Gesicht. Dann stellte ich das Küchenradio an und verwöhnte mich mit den guten Songs meines Lieblingssenders. Ah, das tat gut. Nun ließen sich die Ich-mache-meine-Schandtaten-wieder-gut-Hausarbeiten beschwingter erledigen.
Wow, so einen Ärger hatte es mit meiner Mutter schon lange nicht mehr gegeben. Meine Konflikte mit dem Gesetz hatten ein regelrechtes Kleinstfamilien-Drama ausgelöst. Der Einbruch ins Labor und das zerstörte Café waren definitiv zu viel für ihre armen Nerven gewesen. Da unsere Spülmaschine noch immer kaputt war, machte ich mich mit dem Stahlschwamm brav über den angebrannten Risottotopf her, während die Bilder des Krachs noch einmal wie ein Film an mir vorbeiliefen.
Mit ernster Miene hatte meine Mutter mich zu sich in die Küche gebeten. Als schuldbewusste Tochter, die ihr Vertrauen missbraucht hatte, musste ich mich zu ihr
Weitere Kostenlose Bücher