Sternenschimmer
krallte mich noch fester an das Geländer. »Du kannst mich nicht zwingen, mit dir zu gehen!«
Er fuhr zu mir herum. »Doch, Mia, ich kann, und ich werde es tun, wenn du dich weiterhin sperrst.«
Jetzt verlor ich restlos die Nerven. »Du hast versprochen, mich nie zu lenken!«
»Iason«, stellte sich Finn weiter auf meine Seite. »Seit der Geschichte in Weilers Labor wird diese Stadt schärfer überwacht als jeder andere Ort auf der Erde.«
Iason zog die Brauen zusammen und presste zwei Finger an die Nasenwurzel, als würden Finns Worte ihn schmerzen.
»Finn, muss ich dir das wirklich erklären? Mia ist mein Sinn.«
»Ja, aber Mia ist auch Mia.« Finn bedachte ihn mit seinem gelben Schein. »Die Irden ticken anders als wir, Iason.«
Iasons Griff veränderte sich. Auch Finn merkte es und setzte nach: »Zudem wären wir hier zwei Wächter, und wenn es hart auf hart kommt, hast du immer noch deinen Schattenblick. Wir können Mia schützen.«
Bei dem Gedanken, welche Gefahren mein Vorschlag aufwarf, wurde mir schlecht. Ich schüttelte heftig den Kopf. »Das hab ich damit nicht gemeint, Finn.« Ruckartig fuhr ich zu Iason herum. »Nicht deinen Schattenblick!«
Seine Bewegungen waren langsam und schwer, als er die Augen schloss, sich mit der Hand über das Gesicht strich und mich schließlich losließ. »Das sind die Möglichkeiten, die du hast. Wähle, Mia.«
Ich kreuzte die Arme vor der Brust. Meine Haut fühlte sich kalt und schutzlos an. Vor welcher absurden Entscheidung stand ich da? Was für eine Verantwortung lud ich gerade auf mich?
»Ich habe Lena gegenüber etwas gutzumachen. Ich kann sie jetzt nicht im Stich lassen«, flüsterte ich.
Iason schlug die Augen auf und sah mich an. »Aber wenn wir Tom gefunden haben, verschwinden wir. Und bis dahin bleibst du immer in der Nähe von einem von uns. Ein Alleingang, und wir reisen sofort ab.«
Ich schluckte. »Okay.«
»Dann lasst uns jetzt mit Mirjam reden. Danach entscheiden wir, wie es weitergeht.«
Finn und mir voran ging er die Treppe hinab, als es auch schon wieder gegen die Klotür trommelte.
»Ihr dürft mich nicht gegen meinen Willen hier festhalten! Das ist Freiheitsberaubung, hört ihr! Dafür könnte ich euch anzeigen!«
Iason schloss auf und Mirjam stolperte mit Schwung hinaus.
Demonstrativ nahm er das braune Päckchen vom Sideboard. » Du willst uns anzeigen?«
Sie wandte sich ab.
Er hielt ihr die neue Nachricht vor das Gesicht. » Wo ist Tom?«
»Was?« Sie klang fassungslos.
Seine Augen wurden schmal. »Willst du mir etwa sagen, du wüsstest nicht, wohin sie ihn verschleppt haben?«
Mirjam zuckte. »Glaubst du, ich wäre so eng mit diesen Leuten, dass sie mir das anvertrauen?« Ihr Gesicht bekam wieder diesen gequälten und von Erschütterung gezeichneten Ausdruck. »Was ich dir vorhin sagte, ist die Wahrheit. Ich habe sie noch nie gesehen! Bis heute wusste ich nicht einmal, dass O’Brian entführt worden ist.«
Geschlagen ließ Iason das Päckchen sinken.
Unsere Hoffnung zerplatzte wie eine Seifenblase.
»Aber ich könnte versuchen, es über meinen Vater herauszubekommen«, flehte sie regelrecht.
Iason schüttelte den Kopf. »Ich lasse dich nicht zu ihnen zurück.«
»Iason.« Ihre Stimme klang jetzt fester. »Wenn du mich nicht gehen lässt, wird ein anderer die Aufgaben übernehmen, die ich für meinen Vater erledigen soll, und derjenige wird sie bestimmt zur Zufriedenheit dieser Leute ausführen.«
Ihren Worten folgte eine erschreckende Stille.
Was sollten wir tun?
Finn zischte einige Flüche auf Loduunisch.
Die Art und Weise, wie Mirjam Iason ansah, war mir zuwider; aber ihm nicht, denn seine harten Züge begannen sich zu regen.
Mirjam berührte seinen Arm. »Vertrau mir«, sagte sie mit sanfter Stimme. »Ich bin auf eurer Seite.«
Iason und Finn tauschten Blicke und verständigten sich auf Loduunisch. Irgendwann nickte Iason kaum merklich.
»Nein.« Ich schlug ihre Hand weg und trat zwischen die beiden. »Das sollten wir nicht. Wir sollten das nicht tun.«
»Mia«, versuchte Iason mich zu beruhigen. »Wenn einer etwas verhindern kann, dann sie.«
»Oder gerade nicht!«, schrie ich.
»Da ist etwas in ihren Augen«, sagte er geradezu verzweifelt. »Ich kann es nicht erklären, aber …«
»In ihren Augen!«, spuckte ich die Worte fast. » In ihren Augen!« Ich brauchte einen Moment, um nicht völlig auszurasten. »Iason, hier geht es um Toms Leben und du vertraust ihr, weil sie dich mit einem täppischen
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