Sternenschimmer
bisschen helfen«, zischte ich herausfordernd. »Die Zeit, die du mit Laserschminke vergeudest, könntest du auch mit Kindern verbringen, die wahrscheinlich nie die Gelegenheit haben werden, sich mit solchem Wohlstandskramzu beschäftigen.« Ich war so wütend, mir war es unmöglich, meine letzten Worte in kontrolliertem Tonfall rüberzubringen. Sprich: Ich schrie Mirjam geradezu an.
»Iason, was meinst du dazu?«, unterbrach Mr O’Brian die hitzige Debatte.
»Sprich ruhig frei heraus.« Lena zwinkerte Iason zu. »Egal, was du sagst. Du hast Mias und meine vollste Unterstützung.«
»Das glaube ich nicht«, entgegnete er. »Mirjam hat recht. Es ist keinem damit gedient, wenn sie sich nicht mehr lasert.«
»Das stimmt«, räumte ich ein. »Auf jemanden wie Mirjam können wir echt verzichten.«
Mr O’Brian stand auf. »Ich werde die Diskussion jetzt abbrechen. Ihr werdet unsachlich und geht unter die Gürtellinie.«
Wütend funkelte ich Mirjam an. Erst das Klacken der Tür ließ mich aus meiner Diskussionsexstase erwachen. Iason hatte den Raum verlassen.
In der folgenden Woche ignorierte ich Iason komplett. Das gefiel mir sehr gut. Er ignorierte mich ebenfalls, was mir weitaus weniger gefiel. Mit erschreckender Gründlichkeit kam er seiner selbst ernannten Aufgabe, Hope zu beschützen, nach. Da er seine Schwester sogar jeden Morgen in die Schule brachte, erschien er täglich zu spät zum Unterricht. Auch nachmittags verließ er die letzten Stunden eher, um sie abzuholen. Richtig ärgerlich wurde ich allerdings, als er sogar die Mathearbeit zwanzig Minuten früher abgab, um pünktlich vor Hopes Klassenraum auf sie zu warten. Ich hingegen schwitzte mich bis zur letzten Minute durch Dr. Henkes geliebte Sinuskurven, die sich wie Würgeschlangen um meine angestrengten Gehirnzellen wanden. Das Ergebnis: Ich bekam gerade noch sechs Punkte, während Iason als Klassenbester ohne einen einzigen Fehler abschnitt.
Hope mit in unser Nachmittagsprogramm einzubinden, warunmöglich. Iason kümmerte sich jede freie Minute, die ihm zur Verfügung stand, um sie. Nicht, dass er seine Schwester noch aufs Klo mitnahm. Aber für solche Fälle hatte er seinen inzwischen eingetroffenen Freund Finn rekrutiert.
Natürlich hatte Iason mich nicht, wie ausgemacht, mitgenommen, als er ihn mit Hope und Bert von der Vulkobase abholte.
Finn hatte hellbraunes Haar und ebenfalls wunderschöne strahlende Augen – wenn sie auch nicht so fesselnd waren wie Iasons. Auch er trug kein Halstuch. Nur Hemden oder mal einen ausgefallenen Schal, die seinen Hals verdeckten. Die beiden mussten wohl im gleichen Alter sein, denn auch Finns Haut schimmerte nicht mehr perlmuttfarben. Irgendwann packte ich eine günstige Gelegenheit beim Schopfe und betrachtete ihn unauffällig genauer. Ein honiggelber Schein umhüllte ihn. Fast golden strahlte es aus seinen Augen. Welchem Clan mochte er wohl angehören? Ich würde mich bei Tanja erkundigen. Fest stand, er war ein vollkommen anderer Typ als Iason, eher flippig und weitaus fröhlicher. Schade, dass ihn die Loyalität zu seinem Freund dazu zwang, mir gegenüber einen gewissen Abstand zu wahren. Finn war nur unwesentlich kleiner als Iason, sein Körper aber gleichermaßen durchtrainiert. Unter den Loduunern schien offensichtlich ein sehr ausgeprägtes Muskel- und Wachstumsgen vorzuherrschen, das zum Tragen kam, sobald man das zwölfte Lebensjahr erreicht hatte. Denn auch Luna war weitaus größer als ihre Klassenkameraden, während Tony, Hope und Silas in ihren Altersgruppen eher zu den kleineren Kindern zählten. Nur der sechsjährige Ariel bildete da eine Ausnahme. Er überragte Hope, die nur zwei Monate jünger als er war, fast um einen ganzen Kopf.
Na ja, jedenfalls war es ein Jammer, mit ansehen zu müssen, wie ihr Bruder Hope von uns anderen isolierte. Dies sagte ich auch eines Tages Tanja, von der ich mir am ehesten Hilfe versprach.
»Du musst irgendwas unternehmen. Das darf so nicht weitergehen.«
»Ich kann nichts tun«, erklärte Tanja, während sie ihre grüne Brille aus dem aschblonden Haar zog. »Iason hat eine Erziehungsvollmacht von seinem Vater. Er ist achtzehn Jahre alt und demnach berechtigt, das Sorgerecht für seine Schwester auszuüben.«
Und als ob das alles nicht schon Aufregung genug gewesen wäre, klingelte am Abend auch noch das Telefon.
Berts Gesicht verfinsterte sich, während er der Stimme am anderen Ende aufmerksam lauschte.
»Ja … Aha … Nun, das sehe ich etwas
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