Sternenschimmer
nahm ihr den Stift ab und schrieb, mit ordentlich viel Druck, darunter.
Nein, dazu kam es gar nicht. Als ich im Tulpenweg auftauchte, war er superschlecht gelaunt, weil die Mutter von Hopes Freundin unterbinden will, dass die beiden Mädchen miteinander spielen. Daraufhin hab ich dort angerufen und ihr die Meinung gegeigt.
Das hast Du gut gemacht!
Iason sieht das anders. Er war total sauer auf mich und dann hat er Hope angeschrien, weil sie mir, ohne seine Einwilligung, erlaubt hat, dort anzurufen.
Nachdem Lena meine Zeilen gelesen hatte, hielt sie erstaunt inne. Aber dann kritzelte sie hastig etwas darunter und schob es mir hin.
Blöder Scheißkerl!
Ich nickte ihr zu. Lena riss erneut das Pad an sich.
Wie geht es Ariel?
Die Rektorin hat sich gemeldet! Sie gibt ihm eine letzte Chance. Ab morgen darf er wieder in die Schule gehen. Wenn aber noch eine Sache vorfällt, fliegt er!
Jetzt war es Lena, die nickte. Anschließend hielt sie mir ihre gedrückten Daumen entgegen.
Aber in dem Lächeln, das ich ihr daraufhin schenkte, steckte nicht viel Hoffnung. Ariel hatte seit dem Vorfall in der Schule mit keinem von uns mehr ein Wort gesprochen. Es brauchte nicht viel, um zu erkennen, dass er derzeit einem Pulverfass glich. Tanja hatte mit ihm eine Psychologin aufgesucht, doch bisher war es auch dieser nicht gelungen, an ihn ranzukommen.
Als Mr O’Brian zu Beginn der nächsten Stunde noch nicht im Klassenraum aufgetaucht war, führte Mirjam Weiler unüberhörbar ihren Freundinnen die brandneue Lasernagelfeile vor. Sie war umringt von lauter aufgeregten Gummihühnern, die schier exstatisch applaudierten.
Das war die Gelegenheit, auf die Lena und ich seit Tagen gewartet hatten. Wir schenkten uns gegenseitig einen Blick und zogen zwei zusammengenähte Bettlaken unter unserem Tisch hervor. Lena ging damit zur einen Seite des Klassenraums und ich stellte mich auf die andere. In leuchtend roten Buchstaben war nun unser Banner zu lesen:
WER LASERSCHMINKT, DER STINKT
Die halbe Klasse lachte.
Iason indessen schüttelte den Kopf und drehte sich zum Fenster.
Mirjams Miene war kalt wie Eis. Diese Runde war an uns gegangen. Wir setzten uns wieder hin, und Lena ballte die Faust. »Yes.«
»Ihr seid echt albern«, fuhr Frank uns an.
Ich verdrehte die Augen.
In diesem Moment kam Mr O’Brian herein. Noch bevor er seine Tasche abstellen konnte, schnellte Lenas Hand in die Höhe.
»Was gibt’s so Dringendes, Lena?«
»Mr O’Brian. In dieser Klasse scheint ein reges Interesse an Nebensächlichkeiten wie Schminkprodukten und dem gegenwärtigen Entwicklungsstand der Lasertechnologie vorzuherrschen. Da sich die Vereinten Nationen Erde aber derzeit auch mit Themen beschäftigen, die von weitaus mehr Belang sind,schlage ich vor, dass wir heute einmal die wichtigen Dinge zur Diskussion stellen.«
Mirjam drehte sich zu ihr um und zog die laserstrichgeraden Augenbräuchen hoch. »Könntest du dein intellektuelles Geschwafel noch mal für Normalsterbliche übersetzen?«
»Nimm dir ’n Wörterbuch«, schnauzte Lena zurück.
»Okay, okay.« Mr O’Brian machte eine beschwichtigende Geste. Dann setzte er sich auf die Kante des Lehrerpults. »Ich sehe den Bedarf. Wenn es euch möglich ist, in einem angemesseneren Ton zu diskutieren, dann werden wir uns in den nächsten fünfzehn Minuten damit auseinandersetzen.«
Falls Tom O’Brian sich eingebildet hatte, dieses Thema innerhalb einer Viertelstunde abhaken zu können, dann kannte er Lena und mich schlecht. Nach zwanzig Minuten hatten wir uns erst richtig warmdiskutiert.
»Hast du schon mal was von Toleranz gehört?«, setzte ich Gummihuhn Vicci entgegen. Sie hatte es gerade gewagt, das Wahlrecht für Loduuner anzuzweifeln. »Es ist doch völlig egal, wer sie sind oder woher sie kommen. Sie haben ein Recht darauf, in diese Gesellschaft aufgenommen zu werden, und dazu gehört eben auch das Wählen. Unsere Aufgabe sollte es nicht sein, Loduuner in ihren Rechten zu beschneiden, sondern sie auf das, was sie auf der Erde erwartet, vorzubereiten.«
Nachdem Lena und ich erst einmal bis ins Detail die Bedeutung unserer Arbeit dargelegt hatten, ging es nun um den Sinn und Unsinn von Äußerlichkeiten. Natürlich war der verklemmte Frank bei all unseren Darlegungen keine große Hilfe.
»Weißt du, Mia«, fauchte Mirjam, »den Loduunern ist nicht damit geholfen, dass ich mich nicht mehr zurechtmache. Was bringt es ihnen, wenn ich so wie ihr herumlaufe?«
»Wie wär’s mit ein
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