Sternenseelen Bd 2 - Solange die Nacht uns trennt
aber es versetzte ihn nur noch mehr in Angst. Wie sollte er diesen Erwartungen gerecht werden?
»Mir fallen viele Worte für dich ein. Loyal. Mutig.« Sie streichelte seinen Brustkorb. »Du hast ein aufrichtiges Herz, und wenn du eines nicht bist, dann schwach.«
»Ich habe dich vor Ansgar und Samuel nicht beschützen können. Das Tageslicht, es schwächt mich zu sehr.«
»Ich bin keine zerbrechliche Puppe, die in Watte gepackt werden muss.« Sie runzelte die Stirn. »Und die anderen verlieren sich doch ebenfalls am Tag.«
Er schüttelte den Kopf. Es fiel ihm so schwer, ihr seine Schwäche zu gestehen, fürchtete, nie wieder das grenzenlose Vertrauen in ihren Augen zu sehen. »Es ist meine Schwachstelle. Nach all den Jahren sollte ich viel besser damit zurechtkommen. Felias erinnert sich an fast alles, was am Tag geschieht, hat sich viel besser unter Kontrolle. Selbst Anni übertrifft mich mittlerweile, dabei ist sie so viel jünger.«
Sie lachte und sah ihn erleichtert an. »Das beschäftigt dich so? Ich liebe dich doch nicht wegen deiner besonderen Fähigkeiten. Du könntest ein ganz normaler Junge sein, und das würde nichts an meinen Gefühlen für dich ändern. Niemand ist perfekt, und ich finde es gut, dass auch du deine Fehler hast. Dann fühle ich mich nicht mehr so unzureichend.«
Raphael legte seinen Kopf verwundert schief. »Wie kommst du darauf?«
»Ist das nicht offensichtlich? Du siehst unglaublich gut aus, bist für meine Begriffe nahezu unsterblich, wahnsinnig erfahren, stark, mutig und einfach nur umwerfend. Wie sollte ich mich als gewöhnliches Mädchen neben dir nicht wie eine graue Maus fühlen?«
Nun war es an ihm zu lachen, nur um sogleich wieder ernst zu werden. »In meinen Augen bist du vollkommen.«
Ihre Wangen färbten sich rot, verlegen senkte sie den Blick.
»Ich meine das ernst. Du bist alles, was ich mir gewünscht habe, und ich würde es niemals ertragen, dich zu verlieren. Ich sollte dich von hier wegschicken, damit ich dich nicht weiter in Gefahr bringe.«
Sie sprang auf, die Augen vor aufrichtigem Zorn blitzend. »Ich bin kein kleines Kind und kann auf mich selbst aufpassen. Komm ja nicht auf die Idee, dich aus dem Staub zu machen oder mich von hier wegzulotsen. Was auch immer auf uns zukommt, wir werden es zusammen durchstehen.«
Wie sie so vor ihm dastand, konnte er sein Glück wieder einmal nicht fassen. »Du bist unglaublich.«
»Du meinst wohl, unglaublich wütend.«
Er lachte.
»Versprich mir, dass du mich nicht wegschickst und nicht verschwindest.« Tränen glitzerten in ihren Augen. »Lieber sterbe ich, als ohne dich zu sein.«
Der Schmerz, der sich auf ihrem Gesicht abzeichnete, versetzte ihm einen Stich. Er stand auf und zog sie in seine Arme, strich ihr sanft über das Haar. »Versprochen.« Er nickte zum Kamin, der in der gegenüberliegenden Wand eingelassen war. »Ich mache uns ein Feuer, und dann vergessen wir die Sorgen für den Abend.«
Sie schenkte ihm ein kleines Lächeln und setzte sich auf das Bett, während er dünne Äste über etwas Papier aufschichtete und entzündete.
10
† S olange Raphael vor dem Kamin kniend darauf wartete, dass es ausreichend brannte, um größere Scheite aufzulegen, durchkämmte Lilly im Schneidersitz ihre zerzausten Haare mit den Fingern. Dabei beobachtete sie ihn nachdenklich. Wie konnte er sich nur für schwach und unzureichend halten? Sie konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Seine Silhouette zeichnete sich vor dem Feuer ab, tauchte sein blasses, schönes Gesicht in goldenes Licht. Sie bewunderte seine breiten Schultern, die durch den Wollpullover noch viel deutlicher zum Vorschein traten und ihm eine unglaublich männliche Ausstrahlung verliehen. Ihr stockte der Atem, und sie spürte ein sehnsuchtsvolles Ziehen in sich aufsteigen. Als hätte er ihre Gedanken erahnt, wandte er sich zu ihr um, und ihre Blicke trafen sich, woraufhin sie errötete. Mit einem Mal flammte auch in seinen Augen die Leidenschaft auf, er legte ein Holzscheit auf, kam zu ihr ins Bett und presste seine Lippen in einem feurigen Kuss auf die ihren. Sie fühlte eine warme Hand, die sich unter ihren Pulli schob, sich zu ihrer Brust vorwagte und zart über die empfindsame Haut strich.
Sie warf den Kopf seufzend nach hinten, was er als Einladung auffasste, sanft an ihrem Kinn zu knabbern, während seine Hand weiter heiße Schauer der Erregung durch ihren Körper jagte. Sie legte ihre bebende Hand auf seinen muskulösen Brustkorb, um etwas
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