Sternenseelen Bd 2 - Solange die Nacht uns trennt
geschadet.«
Sie stöhnte auf, folgte ihm dann aber unter leisem Murren. Zu ihrer Überraschung stellte sie nach kurzer Zeit fest, dass ihr die kalte Luft guttat und ihre Lebensgeister belebte. Der bärenhafte Junge passte sein Tempo dem ihren an und musterte sie regelmäßig von der Seite, um ihre Atmung zu überprüfen. Nach und nach verschärfte er die Geschwindigkeit, bis sie an ihre Grenze kam. Frustriert bemerkte sie, dass auf seiner Stirn nicht eine Schweißperle zu sehen war. So sportlich war sie dann auch nicht, dass sie mit einem magischen Wesen mithalten konnte. »Übertreib es nicht«, keuchte sie.
Er lachte, drosselte aber sofort das Tempo, bis sie einen Rhythmus fanden, der Lilly zwar forderte, jedoch nicht überanstrengte. Gleichmäßig trabten sie einen breiten Waldweg entlang, den Torge für sie mit einer Taschenlampe, die er vorsorglich mitgenommen hatte, ausleuchtete. Je tiefer sie in den Wald vordrangen, desto feuchter wurde die Luft, legte sich wie ein nasser Film über ihre Gesichter und durchweichte ihre Kleider. Schließlich kamen sie von der anderen Seite zur Hütte zurück. Lilly fiel keuchend und abgekämpft auf die Bank, die unter dem Vordach stand.
»Keine gute Idee«, brummte Torge und zog sie auf die Beine. »Zieh dich um, sonst holst du dir noch den Tod. Für heute reicht deine Straßenkleidung. Nächstes Mal solltest du jedoch besser vorbereitet sein.«
Sie war zu erschöpft, um sich auf eine Diskussion mit ihm einzulassen, sondern befolgte einfach seine Anweisung. Wie sehr sie sich jetzt ein schönes, heißes Bad im Schein ihrer Vanilleduftkerzen wünschte.
»In fünf Minuten bist du zurück. Wir haben noch einiges vor.«
»Das kann nicht dein Ernst sein«, murmelte sie.
Das Training wurde stressiger, als sie erwartet hatte, und sie musste dringend im Internet nach ein paar billigen Sportsachen suchen. Ihre Trainingsoutfits fürs Tanzen waren für das, was Torge mit ihr vorhatte, offensichtlich nicht geeignet.
Nachdem sie sich umgezogen hatte, hielt er einen langen Holzstab in den Händen, den er ihr sogleich weiterreichte. »Deine Waffe.«
»Und was nimmst du?«, fragte Lilly.
»Sollte ich jemals eine Waffe benötigen, wenn ich dir gegenübertrete, habe ich meine Sache mehr als gut gemacht.« Er lächelte sie übertrieben selbstbewusst an und forderte sie auf, ihn anzugreifen.
Zaghaft hob sie den Stab, überlegte, wo sie am besten hinschlagen sollte, um ihn nicht aus Versehen zu verletzen. Doch so weit kam es gar nicht, denn bevor sie mit dem Stab auch nur in Torges Nähe kam, spürte sie einen Ruck, und er wurde ihr aus den Händen gerissen. Wütend funkelte sie den Jungen an, während sie ihre Waffe mit schmerzenden Händen aufhob.
»Kein Zögern. Sobald du dich entscheidest anzugreifen, musst du es durchziehen. Mit allen Konsequenzen.«
Plötzlich sprang Raphael von hinten auf Torge zu und schmetterte einen faustdicken Ast auf dessen Rücken. Ein lautes Krachen erklang, dann flogen die Holzsplitter durch die Luft.
»Hast du einen Knall?« Torge fuhr herum, packte Raphael mit einer Hand und hob ihn in die Luft.
Der lachte nur. »Ich wollte ihr nur zeigen, dass sie sich keine Sorgen um dich machen muss. Du bist der reinste Felsklotz.«
»Hm«, brummte Torge und ließ ihn wieder runter. »Dann hoffen wir, dass dein Mädchen das kapiert hat.«
Lilly sah sich um. Die Sternenseelen waren zurückgekehrt und umringten sie neugierig. Nach Felias’ zerrupftem Äußeren zu schließen, war er nicht weit gekommen. Das geschah ihm recht, dachte sie. Einen Dämpfer für seine Überheblichkeit konnte er brauchen. »Ich bin doch keine Zirkusattraktion.« Auf Zuschauer konnte sie bei ihren kläglichen Versuchen gerne verzichten. »Lasst uns allein.«
»Im Kampf darfst du dich auch nicht ablenken lassen«, wandte Felias grinsend ein. »Und ein wenig Abwechslung tut uns ebenfalls gut.«
»Ein anderes Mal«, schnaubte Torge. »Seht zu, dass ihr Land gewinnt.« Als sie sich immer noch nicht regten, machte er ein paar schnelle Schritte auf sie zu. »Na los.«
Widerwillig drehten sie ab und gingen in die Hütte.
»Du auch, Antares. Ich will nicht, dass sie sich mehr Gedanken darüber macht, wie sie aussieht, als wie sie überlebt.«
»So oberflächlich bin ich auch nicht«, murrte Lilly.
»Deswegen schaust du auch ständig zu ihm hinüber?«
Sie lief rot an. Manchmal wünschte sie sich, schlagfertiger zu sein und vor allem nicht so leicht durchschaubar.
Raphael gab ihr einen
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