Sternenseelen Bd 2 - Solange die Nacht uns trennt
wir es uns nicht leisten, an einem Ort zu bleiben, Beziehungen zu führen oder auch nur Freundschaften zu Menschen aufzubauen. Bei jeder Begegnung mit anderen Sternenseelen erfahren wir von alten Gefährten, die gefallen sind. Ist das kein Opfer?«
Sie senkte den Blick. »Es tut mir leid. Ich kann mich einfach nicht an das Ganze gewöhnen.«
Er lächelte mild. »Du bist noch so jung, warte einige Jahre, dann wirst du uns besser verstehen. Madame Favelkap ist eine unserer Besten. Du kannst dich geehrt fühlen, dass sie dich unterrichtet. Jedenfalls ist es schön für mich, ein etwas normaleres Leben zu führen. Wenn auch nur für kurze Zeit.«
»An einem Internat für reiche Kids? Völlig normal«, schnaubte sie lachend.
»Es ist die gewöhnlichste Art zu leben, die für uns erreichbar ist.«
»Es muss hart sein.«
Er zuckte mit den Schultern. »Manchmal. Es ist ja nicht nur das Fehlen eines Privatlebens, das ständige Reisen, sondern auch dass wir nie ohne Vorsicht mit einfachen Menschen sprechen können.«
Sie sah ihn prüfend an. Sprachen sie nun von seinem Dasein als Sternenseele oder dem als Rockstar? Vermutlich verschlimmerte diese Kombination die Probleme um ein Vielfaches, auch wenn es eine hervorragende Tarnung war, die es ermöglichte, unauffällig zahlreiche Orte zu bereisen. Zudem ließen sich das seltsame Verhalten am Tag und ein auffälliges Erscheinungsbild viel leichter erklären.
»Du scheinst kaum Schwierigkeiten mit dem Wechsel von Tag und Nacht zu haben.«
»Du bist ganz schön direkt. Das gefällt mir. Wir haben alle unsere Stärken und Schwächen. Zu meinen gehört, dass mein Verstand am Tag nicht vollständig benebelt ist und ich mir mehr Dinge in der Morgendämmerung einprägen kann. Fast alle Jäger haben diese Gabe, ansonsten wäre unsere Aufgabe zu gefährlich. Schließlich suchen wir die direkte Konfrontation mit den Bestien – da dürfen wir ihnen tagsüber nicht vollkommen ausgeliefert sein.«
Lilly schluckte. Bisher hatte sie Raphael für nahezu perfekt gehalten, und nun bekam sie drastisch vor Augen geführt, wie gefährlich seine Schwäche für ihn sein könnte. Es in der Theorie zu wissen war eine Sache, es zu sehen eine ganz andere. Aber machte es ihn nicht etwas menschlicher?
In dem Moment schlich Katie mit kirschrotem Kopf und hektischem Blick in das Klassenzimmer. Sie huschte zu ihnen hinüber und kramte aus ihrem Rucksack die aktuelle CD der Stargazer, die sie Mikael verlegen hinhielt. »Kannst du mir die bitte signieren? Ich bin ein großer Fan von euch!«
»Gönn ihm doch einen Augenblick Ruhe«, sagte Lilly unwillig über die Störung.
Beschämt senkte das Mädchen den Kopf, woraufhin ihr die Worte sofort leidtaten. Bevor sie jedoch etwas sagen konnte, um sie abzuschwächen, lächelte Mikael sie dankbar an, ergriff dann aber die CD und holte einen Stift aus seiner Jackentasche. »Ist schon in Ordnung. Für wen soll ich denn signieren?«
Katie stotterte mit leuchtenden Augen ihren Namen und sah gebannt zu, wie er mit schwungvoller Handschrift einen Gruß und seine Initialen schrieb. »Schöner Name.« Er drückte ihr die CD wieder in die Hand, woraufhin sie sich bedankte und aus dem Zimmer stürmte, um dem nahenden Lehrer nicht in die Arme zu laufen.
Ihnen sollte jedoch keine Erholung gegönnt sein, denn sogleich betrat Calista den Raum, verscheuchte den Jungen, der sich gerade vor sie setzen wollte, und platzierte sich selbst rittlings auf dessen Stuhl. »Mischst du dich auch mal unter das Volk?«, fragte sie mit einem verführerischen Lächeln, das ihre perfekten Zähne entblößte, während sie sich so weit vorbeugte, dass Mikael ein tiefer Einblick in ihr üppiges Dekolleté ermöglicht wurde. »Du kannst dich auch gerne neben mich setzen.«
»Ich fühle mich hier sehr wohl, aber danke für das Angebot.«
Lilly unterdrückte ein Kichern, als Calistas Augen bei der Abfuhr vor Wut aufblitzten. Diese Zicke war viel zu oberflächlich. Doch so leicht gab sich diese nicht geschlagen.
»Findest du es hier nicht schrecklich langweilig? Also mir fehlt das aufregende Großstadtleben – die Partys, Klubs und angesagten Leute. Ich könnte die ganze Nacht durchtanzen.«
»Irgendwann wird auch das eintönig.«
»Mit mir nicht.« Sie lächelte ihn unzweideutig an.
Lilly fragte sich, ob sie sich einmischen sollte. Sie musterte Mikael. Er schien sich zu amüsieren. Stand er etwa auf solche leichtfertigen Mädchen? Nun, warum auch nicht? Er hatte selbst gesagt, dass er
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