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Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied

Titel: Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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wenige Worte aus Kevas Sprache zu kennen, offensichtlich auswendig gelernt, und Keva kannte keines aus ihrer Sprache. Einen Moment lang spielte Keva mit dem Gedanken umzukehren. Doch was konnte das Mädchen ihr schon antun? Keva folgte ihm achselzuckend. Sie schlängelten sich durch staubige Gassen und hielten schließlich vor dem Hintereingang eines gewölbten
han-tau
aus leuchtend bunten Scheiben, zwischen denen einfarbige eingesetzt waren, woraus sich ein reizvolles Muster ergab. Das Innere des Hauses wurde von einer einzelnen Laterne erleuchtet. Keva zögerte. Die Frau wies sie nochmals an, ihr zu folgen, dann führte sie sie durch dunkle Gartenräume zum Ursprung des Lichtes.
    Ein niedriger Tisch stand zwischen den wuchernden Kletterpflanzen, auf ihm waren Schüsseln mit Essen. Am Ende des Tisches standen vier Teller. Eine Frau erhob sich schweigend von einem Kissen auf dem Boden. Sie war um Jahre älter als das Mädchen, das sie hierhergeführt hatte, ihr Gesicht war härter, verbrauchter. Die Augen waren schmal und wachsam. Sie starrte Keva offen an.
    »Sei willkommen in Reznis
han-tau«,
sprach eine stolze Stimme. Keva schaute sich um und entdeckte Resha, ihre Halbschwester, die am hinteren Ende des Tisches saß. »Zuerst werden wir essen, dann werden wir Zeit haben, miteinander zu reden.«
    Reznis
han-tau?
Keva sah sich rasch um. Aber sie konnte Rezni nicht sehen. Nur Resha, das schwangere Mädchen und die hartgesichtige junge Frau.
    »Was ... weshalb hat sie mich hierhergebracht?« wollte sie wissen und hielt ihre Empörung mühsam zurück.
    Resha erhob sich gewichtig. »Frauengespräch. Sie holten dich zum Frauengespräch. Es gibt einiges, worüber gesprochen werden muß, und ich werde die Worte in die Sprache der Berge übertragen, damit du sie verstehst. Doch zuerst möchten sie dir zu essen geben.«
    Keva wandte sich wieder den beiden Frauen zu. Sie sahen sie aufmerksam an und horchten genau auf den Klang der Worte, die sie nicht verstehen konnten. Reznis Frauen – es konnten nur Reznis Frauen sein, erkannte sie. Die Frauen, die er abzuschieben gedachte, ihretwegen. Und sie hatten sie hierherkommen lassen, nicht Rezni? Ober was wollten
    sie sich mit ihr unterhalten? Sie wechselte unruhig ihren Stand, doch sie konnte keinen Zorn in den Augen entdecken, die sie musterten. »Ich kenne ihre Namen nicht«, sagte sie leise.
    Resha ließ ihre hellen Zähne aufblitzen. »Tinata – das ist Tinata, vom Familien-Clan Kranich«, sagte sie und stellte damit die jüngere Frau mit dem runden Gesicht vor. »Und Aeia von den Baanta. Zwei wichtige Familien.«
    Die beiden Frauen neigten die Köpfe, während sie immer noch angespannt auf ihre Reaktion warteten.
    »Weiß Rezni, daß sie mich hierzu aufgefordert haben?«
    Zu ihrer Verwunderung grinste Resha breit. »O nein. Er ist fortgegangen, um mit seinen Brüdern zu essen. Und er hat seinen Sohn mitgenommen. Er hat schon seine Chance zu reden gehabt. Jetzt sind sie an der Reihe.«
    Dann hatte Rezni einen Sohn. Wieder etwas, was er nicht erwähnt hatte. Keva seufzte und begriff, daß sie nur auf weitläufige Gegenargumente stoßen würde, wenn sie versuchen würde, sich jetzt zu entfernen. Und sie war hungrig. »Bitte sage ihnen, daß ich mich geehrt fühle, bei ihnen speisen zu dürfen.« Wenigstens schien keine der jungen Frauen wütend zu sein, obgleich die ältere sie so intensiv musterte, daß ihr unbehaglich zumute wurde. Sie rieb sich das Handgelenk und nahm dann erst wahr, daß Tinata ihr ein Kissen anbot. Keva setzte sich.
    Das Essen wurde ohne den Tumult eingenommen, den sie am Tisch ihres Vaters miterlebt hatte. Tinata, Aeia und Resha bedienten einander und widmeten sich dann schweigend dem Mahl; sie aßen konzentriert. Keva folgte ihrem Beispiel und bemerkte, daß sie zum erstenmal richtigen Hunger verspürte, seit sie die Wüste erreicht hatte. Während sie aß, löste sich ein Teil ihrer inneren Anspannung. Sie begann, sich behaglich zu fühlen. Sie fühlte, daß sie sich mit der Fremdheit und Verwirrung auseinandersetzen konnte, wenigstens auf dieser Ebene.
    Dann war das Mahl beendet. Resha stapelte die Teller am Ende des Tisches aufeinander und rutschte auf ihrem Kissen hin und her, ihre Augen blitzten vor Erwartung. In einer Weise, die an ein Ritual gemahnte, griffen Tinata und Aeia unter ihre Gewänder und zogen Messer mit langen Klingen hervor. Sie legten sie vor sich auf den Tisch und wandten sich erwartungsvoll Keva zu.
    Der Augenblick dehnte sich

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