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Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied

Titel: Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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er zuweilen im Labyrinth stehen und zog in Erwägung, in die Siedlung des Größeren Clans zu gehen – mit erhobenen Händen, um den anderen zu zeigen, daß er sein Messer nicht berühren würde – und mit den Menschen zu sprechen, die nach diesen neuen Bräuchen lebten. Er blickte oft hinunter und fragte sich, wie es sein mochte, das Sonnenlicht vom
    Inneren dieser Glaszelte aus zu betrachten; es durch die bunten Scheiben gefärbt zu sehen. Er fragte sich, wie es sein mochte, sich ein neues Gewand zu nähen und es nicht an Pelar abtreten zu müssen, um es zwei Saisons später zerrissen und schmutzig wieder zurückzubekommen. Er fragte sich, wie es sein mochte, den Anhänger offen zu tragen, ohne Angst zu haben, er könnte gestohlen werden.
    Neue Bräuche. Doch in seine Gedanken mischte sich Furcht. Kein Feind war so unerbittlich wie ein verlassener Bruder. Und alle Fon-Delar-Männer waren seine Brüder, obgleich der Grad der Blutsverwandtschaft variierte. Er ging ins Labyrinth zurück; ein neuer Gedanke war ihm eingefallen. Wußte sein Onkel, daß die Yarika tot waren? Er runzelte die Stirn und fragte sich, warum sie einen Überfall auf Leben und Tod gemacht hatten; warum sie gestorben waren, wo sie sich doch durch Weglaufen in Sicherheit hätten bringen können. Jeder wußte, daß der Größere Clan seine Feinde selten verfolgte. Sie schlugen sie nur zurück und kehrten dann heim in ihre Glassiedlungen. Schwäche, sagte Pelar, doch Garrid vermutete, daß sie sich nur so verhielten, weil sie Wichtigeres als den Kampf gefunden hatten.
    Aus Sand Glas zu schaffen konnte wichtiger sein, wenn man einmal das Geheimnis kannte.
    Saaten zu setzen konnte auch wichtiger sein.
    Aber das wagte er Pelar gegenüber nicht einmal anzudeuten.
    Und die Yarika waren tot. Vielleicht gab es etwas, von dem er nichts wußte. Etwas Neues. Er hatte vor siebzehn Tagen das Lager verlassen, um neue Weideplätze auszukundschaften. Er hatte in dieser Zeit mit niemandem außer einem Botschafter der Hensi gesprochen; das war vor vierzehn Tagen gewesen. Vielleicht gab es einen neuen Krieg, von dem er noch nichts gehört hatte.
    Er drehte sich um und suchte einen Weg durchs Labyrinth, jetzt voller Sorgen. Er hatte Angst, das Lager zu erreichen und zu erfahren, was in der Zwischenzeit geschehen war. Er wischte seine unloyalen und gefährlichen Gedanken beiseite. Aber als er aus dem Labyrinth auftauchte, versteckte er den Steinanhänger unter seinen Gewändern, dort, wo niemand ihn sehen würde. Besonders Pelar nicht.
    Als Garrid sich aufmachte, durch die Wüste umzukehren, löste Danior die Hand vom Paarungsstein, setzte sich auf und massierte seine Schläfen, um seiner augenblicklichen Verwirrung Herr zu werden. Die Fon-Delars; einer der beiden großen Wüstenclans, dessen Männer wegen ihres geschickten Umgangs mit Messer und Speer geachtet wurden. Rezni hatte ihm das des öfteren erzählt. Aber Garrids Gedanken waren weit weniger fanatisch gewesen als die des Yarikas. Er war nicht von so hysterischer Angst erfüllt gewesen, und nicht von dem blutdürstigen Bedürfnis, sein Messer zustoßen zu lassen.
    Vielleicht würde es sich ändern, wenn er von der Barohna hörte. Und er würde es bald hören, da die Botschafter schon unterwegs waren.
    Danior fand Jhaviir in einem der Gewächshäuser, wo er Setzlinge kultivierte. Er arbeitete mit einer solchen Konzentration, daß es aussah, als vollzöge er einen feierlichen Ritus. Als Danior eintrat, blickte er hoch und stand auf, als er dessen Gesichtsausdruck sah. »Ja?«
    Danior gab die Neuigkeit nur zögernd von sich. »Ein anderer hat den Stein an sich genommen.«
    Jhaviirs Finger schlossen sich fester um die Harke in seiner Hand. Seine Anspannung ließ steile Falten zwischen seinen Brauen erscheinen. »Erzähl!«
    Danior wünschte sich, es nicht tun zu müssen; aber er erzählte es ihm. Was er gesehen hatte, was er wußte. Als er geendet hatte, hockte sich Jhaviir wieder auf die Fersen und nickte nachdenklich. »Ein Neffe von Kanir. Garrid, Pelar
    Ich kenne die Namen nicht. Aber sie leben in Kanirs Nähe. Dann war mein Entschluß, den Stein um den Hals des Yarika zu lassen, richtig gewesen. Wir werden ein gutplaziertes Ohr im Lager der Fon-Delars haben, wenn dieser junge Clanmann sein Heim erreicht. Wahrscheinlich morgen abend. «
    Danior nickte, er fühlte weder Triumph noch Stolz. Wie konnte er auch, da sie vorhatten, sich Garrids Faszination von den Glasarbeiten gegen seine Leute zunutze zu machen?

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