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Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied

Titel: Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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ließ sein Herz jagen. Wenn er keine Schafe mehr besaß, würde es keinen fingierten Diebstahl geben. Und kein Hochzeitsfest - wenn er keine Schafe mehr besaß, würde es überhaupt nichts mehr geben.
    Feuerkriegerin.
Er stellte sich vor, wie sie lachte, während sie Blitze aus Sonnenlicht gegen seine Schafe schleuderte, und er lief schneller.
    Danior hatte erwartet, daß Keva Einwände erheben würde, wenn sie erführe, daß Tinata mit ihnen zur
tarnitse-Hütte
gehen würde. Aber sie zuckte nur mit den Schultern und nahm Tinatas Begleitung an. Danior ersah daraus, daß sie genauso in Gedanken versunken war wie er.
    Sie aßen, verabschiedeten sich, und dann gingen sie in die Wüste. Tedni führte, Tinata folgte mit ostentativ gezücktem Dolch. Während der Wanderung fing Danior in ihren Augen manchmal ein beunruhigtes Glitzern auf, aber sie gab ihre beschützende Pose nicht auf.
    Die
tarnitse-Hütte
lag zwei Stunden von Pan-Vi entfernt; ein kleines Gebäude aus getrocknetem Gras, das man an einem Gerüst aus stabilen Pfählen befestigt hatte und das direkt über einer kleinen Quelle errichtet worden war. Ein Wasserrinnsal floß unter einer Wand hindurch und in die Wüste hinaus, Flechten markierten seinen Weg. Danior musterte die Hütte zweifelnd, während er sich fragte, was er hier wohl lernen könnte. Nicht so tief zu dringen, wenn er mit dem Stein verbunden war? Sich keine Sorgen zu machen? Vielleicht würde er überhaupt nichts lernen. Vielleicht war es unmöglich, die Steine zu benutzen und unberührt zu bleiben?
    »Mein Vater hat euch davon unterrichtet, was ihr tun müßt«, sagte Tedni gewichtig. »Ihr könnt jetzt etwas essen und dann, wenn die Sonne am höchsten steht, in die Hütte gehen und mit dem Fasten beginnen. Tinata und ich haben die Pflicht, euch zu beschützen, während ihr dem Wasser lauscht. «
    »Ja, er unterrichtete uns«, sagte Danior geistesabwesend. Vielleicht war es unmöglich.
    Tedni nickte zufrieden und machte sich wichtigtuerisch daran, die gewohnten Samen, die getrockneten Früchte und Hammelfleischstreifen vorzulegen.
    Dann hatte die Sonne ihren Höchststand erreicht, und Danior und Keva gingen zur
tarnitse-Hütte.
Danior spähte durch die schmale Tür. Nadeln aus Sonnenlicht bohrten sich durch das strohbedeckte Dach und glitzerten auf dem Wasser, das im Zentrum des Bodens emporsprudelte. Es gab keine Möbel, keine Geräte oder Werkzeuge, keinerlei Verzierungen. Nur den nackten Fußboden und das gemächlich sprudelnde Wasser.
    Danior trat zögernd ein und ließ sich neben der winzigen Quelle nieder. Jemand hatte Glasscherben in die feuchte Herde um sie herum gedrückt und so ein winziges geschmücktes Becken geschaffen. Keva wich seinem Blick aus und verbarg ihre Gedanken. Doch er brauchte den Stein nicht, um zu ahnen, was
sie
dachte, oder um den Schmerz zu kennen, den sie erzeugten. Sollte sie gehen oder bleiben? Es würde auf jeden Fall zu einem Blutvergießen kommen. Blutvergießen, weil sie hierher gekommen war – weil sie beide hierher gekommen waren. Danior schaute sich seufzend um, gewöhnte seine Augen an die Dunkelheit und versuchte das aufkommende Gefühl zu unterdrücken, daß sie eingeschlossen waren.
    Er saß dort mit gekreuzten Beinen, wie Jhaviir es ihnen gesagt hatte, auf jedem Knie eine Hand, die Handfläche nach unten. Danior schloß die Augen, ließ den Kopf nach vorn sinken und bemühte sich, sein Bewußtsein zu leeren, wie für den Unterricht. Er atmete flach und versuchte, bei jedem Ausatmen einen beunruhigenden Gedanken mit ausströmen zu lassen.
    Aber hier in der
tarnitse-Hütte
gab es keine dozierende Stimme. Hier gab es überhaupt keine Stimme. Hier gab es nur den Schmerz in seinen Beinen und das schwache Plätschern des Wassers. Und angestaute Hitze. Die frühe Morgensonne brannte auf die Hütte nieder. Nach einer Weile, als sich immer noch beunruhigende Gedanken in seinem Kopf tummelten, kniete Danior sich über die Quelle nieder und trank. Das Wasser war kalt, schwach süß.
    Doch es sagte ihm nichts. Schweiß lief ihm über den Rücken und ließ seine Haut jucken. Seine Waden und Oberschenkel fingen an, sich zu verkrampfen. Er entdeckte, daß seine Gedanken wie eine Kette abliefen, jeder Gedanke führte zu einem weiteren; doch keiner war neu, keiner brauchbar. In Pan-Vi bleiben? Und den Paarungsstein durch eine Serie von Kämpfen hindurch umklammern? Noch mehr erschreckten, hungrigen Männern in den Tod folgen? Er schloß die Augen und spürte, wie ihm

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