Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied
nicht so schwer, als der Rat die Arnimis darum ersuchte, die drei Jüngsten nach Arnimi zu senden. Ich hatte ja noch Jhaviir. Wir waren nicht vertraut miteinander, aber ich hatte das Gefühl, daß wir es eines Tages werden würden – wenn wir älter wären, wenn wir mehr Zeit hätten, um über die Dinge nachzudenken, die wir gemeinsam hatten.«
»Jhaviir war Lihwa Marlaths Gefährte?« vermutete Danior zögernd.
»Ja, deswegen schickte ihn der Rat nicht fort. Die drei jüngeren besaßen hier keine Bindungen. Aber Jhaviir hatte bereits Lihwa zu seiner Gefährtin gewählt, so wie ich deine Mutter gewählt hatte. Lihwa hätte nicht ruhig mitangesehen, wie er davonging, ebensowenig, wie deine Mutter meinem Weggang ruhig zugesehen hätte. Das ist eines der Dinge, die den Rat beunruhigen. Barohnas haben niemals Männer zu ihren ständigen Gefährten gemacht. Stets haben sie die Väter ihrer Töchter zufällig ausgewählt und sind eine kurze Verbindung eingegangen – selten länger als eine Saison – und haben ihre Treue für ihre Steingefährtinnen und die anderen Frauen des Rates aufgehoben. Dann erschienen wir, meine Brüder und ich, und dann entschied sich zuerst deine Mutter und dann Lihwa dafür, die alte Loyalität aufzugeben, die alten Bräuche, und einen ständigen Gefährten zu nehmen.« Geistesabwesend griff er in die Tasche und zog einen abgegriffenen Samtbeutel hervor.
Danior starrte auf den Beutel, auf den geschliffenen blauen Stein, den sein Vater hervorzog. »Ein Paarungsstein«, sagte er laut und überrascht.
Sein Vater nickte. »Ja. Als der Edelsteinmeister hörte, daß Lihwa und Khira ihre Throne eingenommen hatten, schnitt er für sie Steine. Ihre Mütter waren Steingefährtinnen gewesen, wie ihre Großmütter davor. Er nahm an, daß sie es auch würden. Er nahm an, daß sie die Steine benutzen würden, um ihre Gedanken untereinander zu verbinden, um das Hand zwischen ihnen stark zu halten, während sie ihre Täler regierten.
Aber als er diesen Stein deiner Mutter brachte, wollte sie ihn nicht tragen. Wir waren vertraut miteinander, so vertraut, daß sie dachte, es würde mich kränken, wenn ich sähe, wie sie den Stein trug und mit Lihwa Gedanken teilte. Sie dachte, ich würde mich ausgeschlossen fühlen – und ungehalten sein – jedesmal, wenn ich den Stein leuchten sähe.«
Danior runzelte die Stirn und fragte sich, wie weit er sich mit seinen Fragen vorwagen konnte. »Hast du dich denn so gefühlt?«
»Nein. Aber es ist schwer, eine Person, die starke Gefühle besitzt, davon zu überzeugen, daß das nicht bei jedem so ist. Sie dachte, ich wäre gekränkt, und gelangte zu der Schlußfolgerung, sie müsse den Stein zerstören. Ich fühlte, daß sie den Stein eines Tages nötig haben würde, um ihre Gedanken mit jemandem außer mir zu teilen. Jemandem, der besser verstand, was es heißt, einen Sonnenthron zu beherrschen: Lihwa. So fragte ich sie, ob ich statt dessen den Stein haben könnte. Und sie gab ihn mir.«
»Aber Lihwa starb«, sagte Danior zögernd, »und Jhaviir auch.«
Sein Vater schaute auf den Stein hinunter. Er sprach langsam, wägte jedes Wort sorgfältig ab. »Ich weiß nicht, ob er tot ist. Natürlich, er ritt fort, nachdem Lihwa gestorben war, und niemand hat ihn gesehen, niemand hat etwas von ihm gehört. Aber es gibt viele Orte, von denen wir noch nichts gehört haben, wo er hingeritten sein könnte. Sein Training war härter als meins. Er hat schon als kleines Kind gelernt, mit Waffen umzugehen. Vielleicht lernte er alle Disziplinen eines Soldaten. Als er wegging, war er bewaffnet, und kannte sich in den Bergen aus. Er untersuchte sie genaue als ich es je getan habe. Wenigstens rede ich mir das ein, wenn ich mich frage, was aus ihm geworden sein mag. Und das kommt immer öfter vor, je älter ich werde.«
So schmerzte die Erinnerung. Danior verstand das und zögerte bei der nächsten Frage. »Ihr wart Zwillinge«, wagtet er zu fragen, »aber Jhaviir wuchs als Kämpfer auf und du nicht.« Er hatte nie begriffen, weshalb sein Vater und dessen Bruder, die einander so ähnlich waren, so unterschiedlich aufgezogen worden waren, durch verschiedene Menschen.
»Nein, wir waren weit mehr als nur Zwillinge. Die Menschen hier nennen uns so, weil sie die Wahrheit nicht akzeptieren können. Es verletzt ihre geheimsten Gefühle, die sie in bezug auf die Weise hegen, wie das Leben von den Eltern auf das Kind übergeht, und über die Heiligkeit dieses Vorganges. Das, so nehme ich an,
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