Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied
Wasser gefüllt, die in den sandbestreuten Boden eingelassen war. Eine Pflanzenart, die im Licht der Laterne Blätter vom tiefsten Violett zu besitzen schien, rankte sich üppig über die gewölbte Glaswand. Maiya legte behutsam Trockentücher aus und sagte: »Kleider – später.«
Als sie allein waren, blickte sich Danior um und studierte die Kammer. Dann schaute er Keva unsicher an, offensichtlich war er nicht sicher, in welcher Stimmung sie sich befand.
»Ich vermute, daß wir uns in die Wanne setzen sollen?« sagte er endlich. »Und uns mit den Blättern dieser Pflanze schrubben.«
Keva betrachtete das violette Laubwerk zweifelnd und empfand Dankbarkeit, daß wenigstens ihr Bedürfnis weinen und zu lachen langsam nachließ. »Hat Rezni dir das gesagt?«
»Er sagte mir, daß seine Frauen den purpurnen Stern statt der rotblättrigen Seifenpflanze ziehen, weil er die Haut nicht so reizt.« Er bückte sich, um sich die Stiefel aufzuschnüren und blickte dann unsicher zu ihr hoch. »Möchtest du allein baden?«
»Nein, hier ist genug Platz für zwei«, beruhigte sie ihn »Du wußtest, daß Rezni Frauen hat?« Wenigstens war ein Gesprächsgegenstand, der ihre zerbrechliche Gelassenheit nicht bedrohte.
»Er hat es mir gesagt. Aber er befürchtete, du würdest ablehnen, wenn er dir sagte, daß du nicht die Erste Frau sein würdest, daß es noch zwei vor dir gäbe.«
Keva starrte ihn staunend an. »Ich wies ihn bereits beim erstenmal ab. Ich erzählte ihm ...« Geschichten – genau durchdachte Geschichten. Daß sie eine Barohna aus dem Marlath-Tal wäre. Das sie ihren Verwandten, den Viir-Nega besuchen wolle. Daß sie zu ihren Leuten zurückkehr würde, sobald sie ihn gesehen habe.«
» Ja, Rezni hielt das für ein gutes Zeichen. Es verringert den Wert einer Frau, wenn sie zu rasch einwilligt. Seine anderen Frauen entstammen sehr einflußreichen Familien-Clans. Er hat mit ihnen gute Verbindungen geknüpft; doch er hat beschlossen, sie seinem jüngeren Bruder zu geben, wenn du einwilligst. Dann wärst natürlich du die Erste Frau.«
Dann hatte Rezni ihre Zukunft bereits geplant. Sie fragte sich kurz, was sie sonst noch alles verpaßt hatte, weil sie Reznis und Daniors Unterhaltung nicht genauer verfolgt hatte. Sie verdrängte den kurzen Wunsch herauszulachen, weil sie befürchtete, daß darauf Tränen folgen würden. Offensichtlich war hier einiges anders, aber sie wollte heute nacht nicht darüber nachdenken. Ihre Stimmung war zu unstabil. Heute nacht würde sie alles verdrängen: unbeantwortete Fragen, ungeklärte Verwandtschaftsverhältnisse – und die Bilder von durch die Luft wirbelndem Sand.
Sand und Blut. Sie zitterte, würgte den Brechreiz hinunter
Danior bemerkte es und ergriff ihren Arm. »Geht es dir Gut?«
»Mir ist kalt«, sagte sie schwach. Kalt und übel, und ich bin verwirrt. Obwohl sie das Dach ihres Vaters gefunden hatte und sich darunter in Sicherheit befand. Doch aus dem, was sie in der Wüste gesehen hatte, war ihr klargeworden, daß sie an einen fremden Ort gekommen war; es war ihr klar, daß es noch viele andere Momente geben würde, wo sie Irreren würde.
Aber nicht heute nacht. Ihre Suche war zu Ende. Sie hatte Ihren Vater gefunden. Heute nacht würde sie die störenden Gedanken beiseite schieben.
Heute nacht.
11 Danior
Danior mußte, während sie badeten, über einiges nach ken. Über die Geschichten, die ihm Rezni von den plündernden Männern der Kleinen Clans erzählt hatte. Ober was Keva an diesem Nachmittag getan, und die Spuren, es in ihr hinterlassen hatte. Über Jhaviir: die Stellung, die sich unter den Clansmännern geschaffen hatte; über das Armband aus Sonnenstein, das er trug, über das Blaue Licht. Danior hatte das Gefühl, daß die Entdeckungen und Ereignisse zu schnell aufeinander folgten, daß ihm kaum genügend Zeit blieb, darüber nachzudenken, sich zu fragen, wohin er seinen Fuß als nächstes setzen sollte. Er hatte den ersten Schritt getan, und breite Wege hatten sich vor ihm öffnet, zerrten ihn von einem Ereignis zum anderen.
Jetzt hatten sie ihn in ein Gebiet gebracht, von dem er angenommen hatte, daß er es einmal sehen würde; zu Menschen, von denen er nicht angenommen hatte, sie je kennenzulernen. Sie hatten ihn zu einer Freundschaft mit Rezni und zu einem Zusammentreffen mit dem Bruder seines Vaters gebracht. Mehr noch, er hatte das beunruhige Gefühl, daß er hierher gekommen war, um geprüft zu werden. Nicht in der traditionellen Art und
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