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Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied

Titel: Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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sie. »Es passierte einfach.«
    Jhaviir schaute sie lange nachdenklich an. Dann beugte er sich über den Tisch; er nahm ihre Hände und hielt sie, die
    Handflächen nach oben, in den seinen. Er musterte Kevas Finger der Reihe nach, als könnten sie ihm etwas berichten. Er seufzte tief, plötzlich erschien er weder bestimmt noch beherrschend. »Verzeih mir meine Hartnäckigkeit, jetzt, da wir nur ruhig miteinander trinken und über Belangloses sprechen sollten. Aber es gibt wichtige Dinge, über die wir uns unterhalten müssen. Hast du daran gedacht, ins Marlath-Tal zurückzukehren, um dort den Thron einzunehmen? Die Leute haben sich verteilt, aber sie würden zurückkommen. Sie wären froh, das weiß ich, wenn du zurückkämst.«
    Keva zog ihre Hand zurück, als hätte er sie verbrannt, alle Farbe wich aus ihrem Gesicht.
»Nein.
Ich bin ... ich bin nicht ...
nein!«
    Jhaviir beobachtete sie mit bittendem Gesicht, dann nahm er seine Finger zurück und faltete die Hände. Wieder zeigte sich seine Anspannung in den feinen Linien um seine Augen, den strangartig hervortretenden Kiefermuskeln. Seine Worte kamen zögernd. »Ich sehe ein, daß du gerade erst eingetroffen bist, Keva. Ich sehe ein, daß du zunächst Zeit zum Schlafen haben solltest, bis wir Gespräche dieser Art führen. Aber du bist zu einem wichtigen Termin gekommen - am Vorabend des Frühlings-Clan - Rufes - und zu einem Zeitpunkt, zu dem die Männer der Kleinen Clans am feindseligsten sind. Du bist offensichtlich eine wichtige Persönlichkeit - ihr beide seid wichtige Persönlichkeiten. Du hast dich Rezni als solche vorgestellt, und inzwischen - in der kurzen Zeit, als du gebadet hast - hat sich die Nachricht in Pan-Vi verbreitet. Auch die Neuigkeit, wie du den Zollidar eingeschüchtert und die fünf Gothnis in der Wüste getötet hast. Und seitdem du die Gothnis nahe der Wandernen Natter-Quelle erwischt hast, wird sich die Nachricht davon nicht nur hier ausbreiten, sondern überall in den Rauhen Ländern. Dutzende von Gruppen kommen zu dieser Jahreszeit an der Wandernden Natter vorbei. Sie ist von den Kleinen Clans zu einem der neutralen Plätze erklärt worden.
    Und so muß ich eine Bitte äußern, von der ich weiß, daß sie dir nicht angenehm sein wird. Nicht angenehmer als für mich die Tatsache, daß ich sie äußern muß. Aber ich muß dich fragen, ob du mir erlaubst, dich morgen dem Clan all beides, als meine Tochter und eine Barohna, vorzustellen als eine Barohna, die hierher gekommen ist, um sich eine Zeitlang der Sache der Größeren Clans anzuschließen. «
    Keva hob abrupt den Kopf und starrte ihn an.
»Nein«,
pro. testierte sie mit offensichtlichem Entsetzen. »Nein.
Bitte.
Ich kam nur hierher, um dich zu suchen. Ich ...«
    »Das weiß ich«, sagte er, augenscheinlich betrübt über den Schmerz, den er mit seiner Bitte hervorgerufen hatte. »Ich wünschte, ich wäre in der Lage, dir die Zeit zu geben, die du brauchst. Aber du mußt begreifen, was für einen empfindlichen sozialen Organismus ich hier aufgebaut habe, Keva.
    Ich weiß nicht, an wieviel von dem, was ich dir über meine eigene Kindheit erzählt habe, du dich noch erinnern kannst. An nicht mehr viel, vermute ich. Einiges davon, das sehe ich jetzt, war nur wert, vergessen zu werden.
    Ich wuchs bei einem Volk auf, dessen Mitglieder sich Kri-Nostri nannten. Es waren strenge und disziplinierte Leute, die ein sorgfältig eingeteiltes Leben unter widrigen Bedingungen führten. Ihre Disziplin war tatsächlich das einzige, was sie davor schützte, Opfer der immer wiederkehrenden Trockenheit oder ihrer einander bekriegenden Nachbarn zu werden. Das und der gute Ruf, den sie als Soldaten hatten, die vor nichts davonliefen. Ich lernte von den Kri-Nostri, streng zu werden. Und, was genauso wichtig ist, ich lernte, mir den Anschein von Stärke zu geben, selbst in meinen schwächsten Augenblicken. Und ich lernte, das Unglück zu schätzen. Ich messe mich jeden Tag daran und lasse mich dadurch stärken. Das war die Art der Kri-Nostri.
    Dann fand ich mich hier wieder; ein Kri-Nostri-Soldat, der in die Umgebung der Berge eingetaucht war. Immer, wenn ich die Steinwege hinunterritt, fühlte ich mich unwichtig. Weil nichts, wofür ich trainiert worden bin, in den Tälern von irgendeinem Nutzen war. Es gab keine Feinde, keine Kriege, keine Notwendigkeit, stark oder wachsam zu sein. Es gab nicht einmal eine simple physische Härte, an der ich mich in einem rauhen Land messen konnte. Die Barohnas haben

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