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Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied

Titel: Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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blickte fragend über den Tisch. »Ißt Maiya nicht mit dir?« fragte sie endlich.
    Jhaviirs Brauen hoben sich. »Nein, nein; weder Maiya noch Ramari oder Kliya. Sie wollen während des Essens Ruhe haben, also esse ich mit den Kindern, und sie essen für sich. Maiya hat natürlich angenommen, du würdest es vorziehen, am Tisch der Frauen zu sitzen, aber ich habe ihr gesagt, du hättest nichts dagegen, heute abend mit uns zu speisen. Ich hoffe, das war nicht verkehrt.«
    »Nein. Natürlich nicht«, sagte Keva rasch. Doch Danior nahm wahr, daß sie mit errötetem Gesicht auf ihren Teller starrte . Er studierte sie heimlich und erkannte, daß sie nicht angenommen hatte, daß ihr Vater den Wüstenbräuchen folgte. Aber warum sollte es ihr unangenehm sein, daß ihr Vater drei Frauen hatte ... Vielleicht besaß sie, wie seine Mutter, starke Gefühle und konnte sich nicht vorstellen, einen Gefährten mit anderen zu teilen.
    Danior reimte sich später aus dem lautstarken Protest der jüngeren Kinder und dem Stirnrunzeln der älteren zusammen, daß die Kinder normalerweise nicht so früh aus der Nähe ihres Vaters fortgeschickt wurden. Tedni, der älteste Junge, trödelte herum und maulte, bis ihn seine Schwester Resha mit sich fortzog.
    Als sie verschwunden waren, entschuldigte sich Jhaviir und kramte aus den Kletterpflanzen entlang der Wand eine kleine Flasche hervor. »Jetzt wollen wir etwas trinken«, verkündete er, als er die bernsteinfarbene Flüssigkeit in mundgeblasene Gläser goß; dann setzte er sich wieder hin. Sein Gesicht schimmerte im Licht der Laterne.
»Hi-basa,
hergestellt aus einer Knolle, die ich in den Rauhen Ländern entdeckt und hierher mitgebracht habe. Trink aber langsam, oder du wirst es bedauern. Wahrscheinlich wirst du es auf jeden Fall bedauern, aber wir müssen deine Ankunft mit mehr als dem hastig verschlungenen Essen feiern.«
    Danior nahm ein Glas und beobachtete Jhaviir; er versuchte zu begreifen, wie er beides sein konnte: seinem Vater so ähnlich und doch so anders. Sein Gesichtsschnitt, die Proportionen des Körpers und der Glieder, die Form der Hände - das alles war identisch. Doch Jhaviir bewegte sich anderes, jede Bewegung war sichtbar großzügiger, entschiedener, als ob er bewußt die Aufmerksamkeit auf sich lenken wollte. Und es gab etwas in seinen Augen, in der Art, wie er redete, das den gleichen Schluß zuließ. Er brachte sich selbst ein; er sprach wie ein Mann, der sich selbst auf ein Podest gestellt hatte; ein Mann, der damit rechnete, jedes Auge zu fesseln. Danior beobachtete ihn und fragte sich, ob er di kultiviertere Zurückhaltung seines Vaters oder Jhaviirs mehr beherrschende Art bevorzugte. Er hob vorsichtig sein Glas.
    Der
hi-basa
schmeckte harzig und ließ seine Zunge brennen. Da er sich Jhaviirs abwägenden Blickes bewußt war, nahm er mehrere Schlucke hintereinander. Schon beim vierten jagte ihm das Blut brausend durch den Kopf. Er setzte das Glas mit einem lauten Geräusch ab und schämte sich so. fort über seine plötzliche Ungeschicklichkeit.
    »Ganz langsam«, warnte Jhaviir. »Und jetzt, bevor noch mehr Zeit verrinnt - es gibt Dinge, die wir voneinander wissen müssen. Keva, Rezni erzählte mir, daß du die Barohna des Marlath-Tals bist, daß sich wieder Leute im Tal niedergelassen haben und du es in deine Obhut genommen hast. Doch mir ist bekannt, daß deine Haut zu dieser Jahreszeit, so kurz nach der Schmelze, schwarz verbrannt sein müßte, wenn es so wäre. Und ich sehe, daß dem nicht so ist.«
    Keva errötete und schaute ihm zögernd in die Augen. »Nein, ich ... ich erinnere mich noch nicht einmal ans Marlath-Tal. Ich hörte nur davon, als ich Danior traf. Ich verließ den Warmstrom ...« Sie schaute Danior unsicher an. »Es war vor elf oder zwölf Tagen. Ich ging fort, sobald mir Oki erzählt hatte, was sie mir angetan hat. Daß sie mich gestohlen hat. Ich ging in Richtung der Berge, um dich zu suchen, da traf ich auf Danior, und er sagte mir, daß ich dort niemand gesehen habe. So entschloß ich mich, den Rotmähnen bis zum Wald zu folgen, um zu sehen, ob ich dort etwas in Erfahrung bringen könnte.«
    »Aha. Und dann bist du im Wald Rezni begegnet. Und hast ihm gezeigt, wie eine Barohna Steine zum Leben erwecken kann.«
    »Nein!
Ich ... ich weiß nicht, was ich getan habe. Er erschreckte mich. Ich dachte ... es geschah einfach.« Sie starrte mit zusammengepreßten Lippen auf den Tisch, Tränen in den Augenwinkeln. »Ich weiß nicht wie«, flüsterte

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