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Sternenspiel

Sternenspiel

Titel: Sternenspiel
Autoren: Sergej Lukianenko
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Vorschriften es nicht mal ausdrücklich verboten. Im Gegenteil, ich könnte mich durchaus auf den Punkt zur Zulässigkeit einer Inanspruchnahme von Hilfe seitens der Außerirdischen bei den Kursberechnungen berufen.
    Warum hatte Gott bloß keinen Beamten an meine Stelle gesetzt …?
    »Gut«, antwortete ich, wobei ich spürte, wie ich eine unsichtbare Grenze überschritt. »Wie willst du das anstellen?«
    »Ganz einfach.« Der Reptiloid kroch vom Sitz und überließ mir den Platz des Piloten, während er über dem Pult schwebte. »Wir arbeiten häufig mit Computern.«
    »Aber nicht mit denen von Menschen …«
    »Funktioniert er mit Binärcode?« Der Zähler fuhr mit der Pfote übers Pult. Sanft drückte er auf die Schnittstellen des Rechners, die unter einer transparenten Abdeckung lagen.
    »Soll ich die wegnehmen?«, fragte ich.
    Der Zähler antwortete nicht, der Monitor erlosch aber langsam.
    Es wäre idiotisch gewesen, mich da einzumischen. Deshalb beobachtete ich einfach, wie der Reptiloid den Rechner ausschaltete, wie der Computer neu startete, sich jedoch aufhing, ohne das Betriebssystem hochgefahren zu haben. Das Lämpchen der Festplatte flackerte, doch die Information verschwand irgendwohin. Anscheinend in das kleine dreieckige Köpfchen.
    Wie das wohl war – direkt mit einem Rechner zu interagieren? Sollte das tatsächlich die normale Kommunikationsform der Zähler sein?
    Und wenn ja, wie schafften sie es dann, Wesen mit Emotionen zu bleiben? Irgendwo hatte ich mal gelesen, jedes Lebewesen, das in der Lage sei, Informationen auf dem Niveau einzelner Bytes zu verarbeiten, sei emotional unterkühlt, zumindest in unserem Verständnis. Die Zeit verläuft dann nämlich mit ganz anderem Tempo.
    »Eine höchst interessante Programmlösung …«, meinte der Reptiloid, als er die Pfote vom Pult nahm. Der Computer startete sich daraufhin nicht, die Monitore schimmerten immer noch schwarz, obendrein verlosch nun auch noch das Betriebslämpchen für die Festplatte.
    »Was für eine Lösung?«
    »Das Navigationssystem. Für einen derart leistungsschwachen Rechner ist eine solche Genauigkeit und Schnelligkeit ganz außerordentlich. Haben Menschen das entwickelt?«
    »Selbstverständlich.«
    »Ihr seid sehr begabt«, lobte der Reptiloid gönnerhaft.
    »Du wolltest die Koordinaten des Jumps berechnen.«
    »Ich bin gerade dabei.«
    »Und gleichzeitig unterhältst du dich mit mir?«
    »Beides findet auf unterschiedlichen Ebenen des Bewusstseins statt, Pjotr. Wir haben ein externes und ein internes Bewusstsein. Mit dem einen verarbeiten wir riesige Datenmengen. Mit dem anderen realisieren wir eine äußerlich erkennbare Tätigkeit.«
    »Und beide Ebenen funktionieren parallel?«
    »Wenn es sein muss, ja. Jetzt zum Beispiel. Wenn ich zu Hause bin, in meinem Nest, dann schalte ich das externe Bewusstsein ab. Wenn ich keinen Informationszugang habe, schalte ich das interne Bewusstsein ab.«
    »Und welches Bewusstsein ist wichtiger für dich?«
    »Das ist eine sinnlose Frage«, erwiderte der Reptiloid.
    »Aber was hat sich bei euch eher herausgebildet, Karel?«, verbiss ich mich in das Thema. »Das interne oder das externe Bewusstsein?«
    »Bist du ein Xenobiologe?«
    »Nein, es interessiert mich nur.«
    »Das interne. Das externe haben wir künstlich entwickelt.« Anscheinend rückte der Zähler nur widerwillig mit der Sprache raus.
    Was mich nicht wunderte. Abermals hatte er mir damit Informationen über seine Heimat gegeben – etwas, das jede Rasse gern vermeidet. Ich versuchte mir eine Welt vorzustellen, in der eine solche Lebensform entstand. Eine Welt, in der es nicht nötig war, gegen Feinde zu kämpfen, sich um Nahrung zu kümmern, sich gegen Unwetter zu schützen oder Arbeitsgeräte zu entwickeln. Eine Welt, in der das Überleben von der Schnelligkeit und Genauigkeit der Informationsverarbeitung abhing.
    Irgendwie war das unvorstellbar.
    Aber die Natur bringt keine absurden Lebensformen hervor. Jedes Wesen passt in idealer Weise in seine ökologische Nische. Die zerbrechlichen und gigantischen Hyxoiden waren die Könige der heißen und windlosen Steppen des Siriusplaneten. Die alarischen Mäuse eine Schöpfung der hügeligen Ebenen einer Welt bei Fomalhaut, die sich in den Labyrinthen tiefer Bauten herausgebildet hatten, für sie kam es auf Beweglichkeit und geringe Maße an.
    Wie musste da der Planet aussehen, der die Zähler aus dem Nichts hatte entstehen lassen? Eine Welt, die wie der Saturn mit einem Ring umgeben
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