Sternenstaub

mit einer geschickten Handbewegung. Diesmal hielt ich das Gleichgewicht. Dann zog er mich wieder ganz dicht an sich heran.
    »Weißt du, eigentlich, also ganz eigentlich, mag ich Mirjam inzwischen sogar ein bisschen«, versuchte ich es wiedergutzumachen.
    »Jetzt übertreib mal nicht gleich.«
    Es kamen immer mehr Leute auf die Tanzfläche, immer mehr irritierte Gesichter begannen zu lachen und die Zahl der Kritiker wurde immer kleiner. Miesepeter gab es überall, da musste man drüberstehen.
    Was für ein außergewöhnlicher Abend.
    Emmi lachte auf Finns Schultern, während der mit einem ruckartigen Hip-Hop-Move auf uns zugetanzt kam. Und dann geschah es. Ich bemerkte es anfangs nur, weil alle um mich herum stehen blieben, sogar Finn wurde seltsam ruhig.
    Iason ließ mich los und blickte nach oben.
    »Was?«
    »Es geht los.« Er zeigte zum Himmel. »Die Reunion.«
    Die dunkle Silhouette seines Arms zeigte mir die Richtung. Umgeben von dem zarten blauen Schimmer schob sie sich vor den rot glühenden Himmel und was ich sah, war … Herr im Weltall! Es ging ganz langsam … Wind frischte auf und trieb die Funken der Feuerstellen wie Glühwürmchen um uns herum. Inmitten dieser sich bewegenden Welt verharrten wir reglos und im Vergleich dazu unscheinbar. Die wirbelnden und ineinander verschlungenen Wolken teilten sich wie das Rote Meer. Dazwischen kamen die beiden Sonnen zum Vorschein. Sie kreisten umeinander wie zwei klopfende Pulsare, die alle paar Sekunden magnetische Lichtimpulse in vielen Farben auswarfen.
    Gebannt stand ich da. Das galaktische Lichtspiel ließ die Luft vibrieren. Dann wurde alles ganz still. Weiter und weiter wanderten die beiden Sonnen aufeinander zu. Auch wenn es nicht wirklich sein konnte, schoben sie sich aus unserer Perspektive ineinander, bis sie als einziger Feuerball aus Aquamarin, Opal und einem türkis durchwirkten Blauton leuchteten. – Als würde die Welt neu entstehen.
    Die Köpfe in den Nacken gelegt, bestaunten wir alle den Himmel. Dann schlossen die Loduuner die Augen. Also tat ich es auch. Es lässt sich schwer beschreiben, doch ich konnte es mit allen Sinnen spüren. Dieser Moment war der Übergang in eine neue Zeit. Eine Zeit, die ihnen Frieden und Hoffnung bringen sollte, wünschte ich mir, während ich spürte, wie Iason seine Hand in meine schob.

26
     
     
    E s dämmerte bereits, als mich eine Hand an der Schulter berührte. »Mia«, drang ein Flüstern bis in meinen Traum durch. Wie ein Schnellschiff rauschte mein Bewusstsein aus der Tiefschlafphase durch den Halbschlaf und bremste scharf im Wachzustand. Träge blinzelnd drehte ich mich auf den Rücken. Die Hängematte knarrte und schwankte leise. Erschrocken, aber umständlich rappelte ich mich hoch. »Was …?«
    In derselben Sekunde lag ein Finger auf meinen Lippen.
    Seine Augen schimmerten gedämpft. »Zieh dich an, ich möchte dir etwas zeigen.« Er reichte mir meine Kleider.
    Iason führte mich den langen Flur entlang, an den vielen Zimmern vorbei. Aus Finns drang ein friedvolles Schnarchen, das kurz darauf von Liams weniger friedvollem, sondern sehr genervten Anschiss unterbrochen wurde. Sonst war alles still.
    Auf leisen Sohlen, damit die anderen nicht aufwachten, schlichen wir die Treppen hoch und kamen in das obere Stockwerk. Draußen schickte das Zwielicht einen ersten rot und violett blitzenden Spalt durch die blau-grüne Wolkendecke. »Sagst du mir, was du vorhast?«, fragte ich Iason leise.
    »Nein.« Er schob den Eingang für mich zur Seite und folgte mir dann. Das leise Rascheln der Membran – ein Abschiedsgruß. Mit zügigen Schritten bog er nach rechts auf die staubige Straße ab.
    »Das würde ich aber schon sehr gern wissen.«
    »Mia.« Er seufzte, irgendwie überheblich, wie ich fand. »Wie lange kennst du mich inzwischen?«
    »Das ist keine Antwort auf meine Frage.«
    »Und ob, du solltest langsam begriffen haben, dass ich dich gerne auf die Folter spanne.« Mit einem satten Grinsen im Gesicht ging er weiter.
    Ich rollte die Augen und schloss zu ihm auf. Wenn dieser sture Loduuner etwas nicht wollte, wollte er es nicht.
    Unser Weg führte etwa zehn Minuten die Straße entlang. Wir kamen am Festplatz vorbei. Die gestrigen Feuer waren erloschen, lediglich einzelne dünne Rauchschlieren stiegen überall aus den übrig gebliebenen Aschehäufchen auf.
    Von dort steuerte er auf eine hohe Felswand zu, die das Tal, mit Ausnahme von den zwei Eingängen, von der offenen Wildnis drumherum abschloss. Ein