Sternenstaub
unterirdischen Hafen des Forts waren, kippte die Stimmung dann gänzlich.
Iason stand schon am Beckenrand und reichte mir die Hand, während ich etwas steif von der über Stunden leicht gebeugten Haltung von Allys Rücken stieg. Arg! Mir schmerzte jeder Knochen und meine Muskeln hatten sich bestimmt um die Hälfte verkürzt. Morgen würde ich vor Muskelkater keinen Schritt mehr tun können, dachte ich, als uns plötzlich Lyra entgegenkam. »Mensch, warum braucht ihr denn so lange?«
»Mia hatte Angst zu sleiten.«
Ich warf ihm einen strengen Blick zu.
Lyra verdrehte die Augen, als wäre ich die letzte Zimpertante. »Hauptsache, ihr hattet ’nen netten Ausflug!«
Obwohl Iason hinter mir ging, fühlte ich, dass er grinste. »Ja, Lyra, er war sehr nett.«
Sie schlug die Hände über dem Kopf zusammen. »Prima, dann hat es sich wenigstens gelohnt!«
»Sag mal, hast du irgendwas?«, fragte ich.
»Kommt einfach.«
Die beiden Sonnen gingen gerade am Horizont auf, als wir den Fußweg vom Fluss zur Siedlung eilten. Mist! Ein paar Bewohner waren doch schon wach. Sie versteckten ihre Neugier oder Ablehnung mir gegenüber hinter ihrem geschäftigen Treiben in und vor ihren Häusern. Doch die verstohlenen Blicke entgingen mir nicht, sobald ich an ihnen vorbeilief. Ja! Ich habe mit Iason die halbe Nacht verbracht. Na und? Ich beschloss, sie zu ignorieren.
Ajas und Jola standen gerade am Herd, als wir durch den dreieckigen Eingang des Jadis’ traten. Er sagte irgendetwas auf loduunisch zu ihr, als die beiden uns bemerkten und die Köpfe wandten. Ajas zog die Brauen zusammen. Sein goldenes Strahlen bündelte sich und erhielt somit eine strenge Note. Iason unterband die anrollende Strafpredigt, indem er beschwichtigend die Hände hob. »Wir haben in getrennten Räumen geschlafen, Dad. Wir sind erst heute früh losgezogen.«
»Darum geht es nicht. Ihr werdet nebenan erwartet.«
Lyra führte uns ins Wohnzimmer neben der Küche. Dort saßen Skyto, Finn, Demian, Luna – und sogar Hell! Luna wich meinem Blick aus.
»Was ist los?« Iason blickte in die Runde.
Die ausbleibende Antwort schürte das Unbehagen nur noch.
Schließlich war es Skyto, der wie immer schonungslos auf den Punkt kam. »Luna hatte eine Vision, die dich betrifft, Mia.«
Ich trat einen Schritt zurück. »Und die wäre?«
»Du warst bei Lokondra. Von uns Wächtern war keine Spur, auch von Iason nicht.«
Ich sah ihn an, als wäre ihm ganz plötzlich ein zweites Paar Ohren gewachsen. Dann schaute ich die anderen an.
Okay, das war noch nicht alles.
Iason merkte es ebenfalls. Mit einem Schritt war er bei ihnen. »Was wisst ihr noch?«, drängte er.
Es war wieder Skyto, der antwortete. »Nachdem Luna ihre Vision auf telepathischem Weg Hell mitgeteilt hatte, machte der sich sofort auf die Suche nach Spuren aus der Vergangenheit.«
Deshalb war Mirjam also ohne ihn zur Reunion zurückgekehrt.
»Er hat etwas herausgefunden, was Lokondra eventuell erklären könnte.« Skyto sah Hell an, woraufhin er selbst das Wort ergriff.
»Damals, 2012, die ersten Loduuner, die auf die Erde kamen, das waren Loduuner vom Clan der Neuerungen, Lokondras heutiger Clan. Ihr derzeitiger Seher hat da so eine Nachricht hinterlassen.« Nun sprach er auf loduunisch weiter, ehe sich seine Lippen schlossen und einer ohrenbetäubenden Stille Platz machten.
Iasons Schultern spannten sich an. »Hell, bist du dir sicher?«
An Hells Miene war abzulesen, wie schwer ihm das fiel. »Ja, Iason. Mia, also Lokondras Sinn, ist … ein ShakrA.«
Iasons Strahlen erlosch. Die Blicke der anderen suchten sich einen freien Fleck, um mich nicht ansehen zu müssen. Nur Iasons nicht. Sein Blick war ganz leer. Ohne eine Regung stand er da.
»Was ist das, ein ShakrA?«, fragte ich vorsichtig.
Lyra senkte mitfühlend die Lider. Ihre Wimpern ergossen sich wie Sonnenstrahlen auf ihren Wangenknochen. Dann öffnete sie die Augen, die nur noch zart schimmerten. »Ein ShakrA«, flüsterte sie, »ist ein Sinn, der schon vor Hunderten von Jahren bestimmt wurde. Er gilt als Mutter des Ursprungs, auf den ganz viele andere Sinne aufbauen, von dem sie abhängig sind.«
»Und das bedeutet?«
»Dass du als Lokondras Schicksal schon vor Hunderten von Jahren vorausgesagt wurdest. Nämlich 2012.«
»Du meinst damals, als die ersten Loduuner auf der Erde waren?«
Ihre Antwort war Schweigen. Das war also die Verbindung zwischen Lokondra und mir.
»Wie kann das sein? Woher wusste der Seher denn damals, dass
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