Sternenstaub
anderen sahen zu Luna, die blicklos ins Leere starrte. Luna quollen fast die Augen aus den Höhlen, doch sie sah nicht uns, sondern etwas, das sich in ihren Gedanken verbarg.
Mit einem Schritt war Iason bei ihr. »Was siehst du?«
Luna rang nach Atem. Atem, den sie nicht besaß. »Einen Angriff – Lokondra plant einen Anschlag auf die Raumstation.«
»Unmöglich!«, sagte Finn. »Die Raumstation wird militärisch gesichert.«
»Er hat Waffen«, fuhr sie mit hohler Stimme fort. »Unzählige Gewehre und Granaten, mit denen er das Tor sprengen wird.«
Finn wandte sich fluchend ab. »Also hat er noch viel mehr Waffen von der Erde als befürchtet.«
»Und er wird es dann tun, wenn die Schiffe mit den Kindern landen.« Das war wieder Luna. »Er weiß, dass die meisten Clans kommen werden, um sie abzuholen.«
»Wir müssen sie warnen!«, mischte nun ich mich ein. »Das Schiff muss woanders landen.«
Luna schüttelte heftig mit dem Kopf. »Der Commander ist ein Ostloduuner, der sich eingeschleust hat. Er lässt keine Nachricht zu den Passagieren durch.«
Iason wurde weiß. »Die Kinder landen in neun Tagen. Hunderte von Familien werden an diesem Tag auf der Raumstation sein.«
Skytos Miene verfinsterte sich. Nachdenklich fuhr er sich durchs Haar, ging auf und ab, auf und ab. Dann drehte er sich um. »Los, sleitet zu euren Clans und warnt sie vor«, wies er die anderen Wächter an. »Sagt ihnen, dass ich jeden Heiler, Brainsafer, und auch jeden, ich betone, jeden brauche, der mit einer Waffe umgehen kann. Jeder von euch bildet mit seinem Clan einen Platoon, den ihr zur Raumstation führt, wo ihr sie in den nächsten Tagen weitestmöglich ausbildet und dann beim Kampf anführt. Alles klar? Dann los. Wir treffen uns im Fort.«
»Und Mia?«, warf Lyra ein. »Wer schützt sie hier?«
Skyto sah Iason an. Die Botschaft war klar. Für ihn, nicht für mich.
Iasons Kopf fuhr zu mir herum. In seinem Gesicht zuckte ein Muskel und der Puls pochte wild an seinem Hals. Ich fühlte seine Zerrissenheit. Zu welcher Entscheidung wurde er da auch gezwungen? Ich schloss die Augen und nickte. Er drückte meine Hand.
Skyto warf seine innere Flutlichtanlage an und zielte damit auf die anderen Wächter. »Ich sagte, ihr sollt aufbrechen, sofort!« Jetzt war er wieder ganz der Leader.
In der einen Sekunde sah ich noch ihre Körper erblassen. In der anderen hatten sie sich schon in Nichts aufgelöst.
Skytos Blick wanderte flimmernd zu mir. »Das sind unsere Familien, denen da ein Massaker bevorsteht. Du musst dir überlegen, ob du Iason für diesen Kampf freigibst.«
»Ich weiß!«, flüsterte ich. »Und deshalb komme ich mit euch.«
»Nos ioR! Auf keinen Fall!«, protestierten Iason und Skyto wie aus einem Mund.
»Ich, ich kann kämpfen. Ihr habt es mir beigebracht, und jetzt weiß ich auch, wie man sich gegen eine Initiation wehrt.«
»Mia, darum geht es doch gar nicht«, herrschte Iason mich an. Aber dann war seine Stimme voller Not. »Begreifst du nicht, Lokondra greift das Fort nicht wegen der Kinder und Familien an. Der Mord an ihnen und die Zerstörung des Forts sind nur Kalkül, ein logistisch geschicktes Beiwerk. In Wirklichkeit aber macht er es wegen dir. Hörst du! Er will dich! Lokondra denkt, du befindest dich im Donjon. Deshalb will er das Fort zerstören, weil er weiß, dass er sonst nicht an dich herankommt.«
Ich starrte ihn an. Wie konnte er nur auf die Idee kommen, ich würde ihn allein in diese Hölle ziehen lassen?
»Mia, du bist mein Sinn. Wenn du mitkommst, bin ich auf dich konzentriert. Und Skyto würde wiederum auf mich achten, weil sein Sinn es ihm so vorschreibt. Versteh doch, wir würden in erster Linie dich beschützen und keinen sonst.« Er unterbrach sich und die nächsten Atemzüge gehörten allein seinem stummen Flehen. »Wenn die Flüchtlinge landen, wird meine gesamte Familie dort sein. Ajas wird sich von nichts zurückhalten lassen, wenn er erfährt, was Lokondra plant. Hope wird dort sein. Und Tony.«
Mein Herz und mein Verstand schalteten sich beinahe gegenseitig aus, Panik schraubte sich in meiner Brust hoch. Hope! Silas! Tony! So viele, die ich liebte, würden dort in einen grauenhaften Kampf geraten. Es würde ein Blutbad geben. Und ich würde hier tatenlos auf sie warten und konnte nur darauf hoffen, dass möglichst viele von ihnen zurückkamen. Aber nur ohne mich hatten sie überhaupt eine Chance. Der Verstand siegte.
Iason fühlte es. »Ich werde meine Emotionen vor dir abschirmen
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