Sternenstaub
wissen«, klagte sie und erklärte: »Ich wollte die Kids mal mit was Schönem auf andere Gedanken bringen. Mensch, das war so ’ne bescheuerte Idee.«
»Das kannst du laut sagen.«
»Sie kommt zu sich«, unterbrach Ajna uns.
Beide wandten wir die Köpfe.
Luna stützte sich auf die Unterarme und schüttelte benommen den Kopf.
»Geht es wieder?«, fragte Mirjam besorgt. »Ach, Luna, es tut mir so leid.«
Luna hatte alle Mühe, den Kopf zu halten. Er schwankte so eigentümlich, als wäre sie high oder so. Und dann grinste sie auch noch so entrückt. »Eigentlich fühlt es sich voll cool an. Alles ist so schön und leicht. Fliege ich?«
Bo zupfte Mirjam an ihrem rosa Rock. »Du. Kann ich das auch mal probieren?«
Ich schob ihn entschieden hinter mich. »Sie hat einen Rausch!«, sagte ich vorwurfsvoll.
»Das geht aber nach ein paar Minuten wieder weg«, versicherte Mirjam schnell. »Bei mir ist das auch manchmal so, wenn ich mich zu viel lasere.«
Na, aber wohl nicht ohne Folgen. Das erklärte einiges.
Als ich an diesem Abend mit Ariel vor dem Haus saß, Ajna wiegte gerade ihr Baby in den Schlaf, sagte ich: »Was du da heute mit deiner Mama gemacht hast, das war großartig, Ariel.«
Der Junge schwieg und sah zu den Sternen, die immer wieder von den verschlungenen Wolken verdeckt und erneut freigegeben wurden.
»Hast du das von ihr geerbt?«, fragte ich.
Er nickte. »Genau wie meine große Schwester. Wir können Energien genau dorthin verteilen, wo sie gebraucht werden. Aber wir können auch sehr gut Bilder verschicken und andere Telekinese oder Telepathie.«
Ich erinnerte mich daran, dass bei Ariel diese Begabung schon im Tulpenweg auffällig gewesen war.
»Nur das Baby ist ein Minddefender, so wie mein Papa einer gewesen war.«
Einige Atemzüge blickte Ariel auf das Envedasarmband an seinem Handgelenk. Dann sah er mich an. Diese Augen, die schon viel zu viel gesehen hatten. »Mia, darf ich das Band meinem kleinen Bruder geben?«
Ich verstand, Ariel wollte nicht, dass dem Baby das gleiche Schicksal drohte wie Trom. Ich blickte auf das Band, das weiter- und weitergereicht wurde, weil jedem Besitzer das Wohl eines anderen, den er liebte, wichtiger war als sein eigenes. Es fiel mir schwer, es zu sagen, aber: »Es gehört dir, also kannst du damit machen, was du für richtig hältst.«
Ariels Mundwinkel hoben sich. Gott, wie ich es liebte, diesen Jungen lächeln zu sehen.
»Du und deine Mama, ihr seid euch sehr nah, stimmt’s?«
Ariel nickte, jedoch zog er kurz darauf finster die Brauen zusammen. »Aber Mirjam ist eine blöde Kuh. Ich will, dass sie verschwindet.«
Sanft stieß ich ihn mit der Schulter an. »Sag so was nicht! Mirjam gibt ihr Bestes und versucht, euch abzulenken, damit ihr nicht ständig an eure Verwandten denken müsst.« War das aus meinem Mund gekommen? Hatte ich gerade Mirjam Weiler verteidigt? Nicht wirklich, oder?
Ich strich ihm über den Kopf. »Was ich damit meine, ist, dass wir jetzt zusammenhalten müssen. Alle. Auch wenn wir es ab und an mal vermasseln.«
Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn und blickte auf das weite Feld, das noch vor mir lag. Zum ersten Mal wurde mir so richtig bewusst, wie hart das Leben hier eigentlich wirklich war. Aber wenn wir das Korn auf den Feldern verkommen ließen, hätten wir alle im kommenden Winter nicht genügend zu Essen. Die Natur war da konsequent und es war Erntezeit. Während Iason und die anderen also das Fort verteidigten, arbeiteten wir bis in die Nächte hinein auf den Feldern.
So auch heute.
Es war um die Mittagszeit, als wir plötzlich lautes Brummen am Himmel hörten. Der Boden unter unseren Füßen begann leicht zu vibrieren, als ein heller Lichtkegel das Eintreffen des ersten Schiffs in die Atmosphäre ankündigte. Was ich fühlte? Nichts, denn als Iason seine Gefühle vor mir verschloss, hatte er auch meine mit sich genommen. Ein nächstes Beben ertönte, gefolgt von einem weiteren. Manche Kinder stellten ihre Körbe ab. Andere stützten sich auf ihren Spaten. Wegen des grellen Lichts beschatteten einige von uns die Augen mit den Händen. Wir blickten zum Himmel. Da kamen sie.
30
W as siehst du?«
Aufgeregt drängten Mirjam, Ajna und ich uns um Hell herum.
Er war so konzentriert, dass seine Hand meine beinahe zerquetschte.
»Ich sehe die Kinder im Flugschiff.« Klar, Hell blickte schließlich in die Vergangenheit, nicht in die Zukunft, weshalb er uns die Geschehnisse nur zeitverzögert schildern
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