Sternenstaub

konnte. Deutlich besser als nichts , dachte ich.
    »Ich kann Tony sehen.« Er öffnete ein Auge. »Willst du wissen, wie der Kleine tickt, Mia?«
    Erstaunt sah ich ihn an. »Du kannst bis in seine Gedanken blicken?«
    Hell nickte und in mir begann alles zu kribbeln. »Stellt euch in einen Kreis«, wies er uns an. »Dann könnt ihr mitsehen.«
    Wir nahmen uns an den Händen und schlossen die Augen. Hell schickte uns seine Vision wie einen Film. Es war … unglaublich …
     
    »Wenn ich auf Loduun bin, übe ich erst mal richtig telekinieren.«
    Silas hob vorwurfsvoll die Brauen. »Kannst du das noch nicht?«
    »Nee, hatte ja auf der Erde keinen, der es mir beibringt.«
    »Also, ich habe mir das auf der Erde ganz allein beigebracht«, prahlte Silas.
    Tony lauschte gespannt der Unterhaltung. Silas und seine Freunde redeten immer so viel von sich, sich, sich. Er, Tony, konnte das gar nicht. Ob das an seinem Sinn lag, andere glücklich zu machen?
     
    Ach, Tony, dachte ich und mein Herz schwamm davon.
     
    Der Kleine kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe, als der Herr Kapitän über die Lautsprecher die Landung ankündigte.
    »Seid ihr alle angeschnallt?« Tante Lore, ihre Flugbegleiterin, ging an den Sitzreihen entlang. Sie war eine schlanke große Frau mit kurzen Haaren und gutmütigen braunen Augen.
    »Du auch, Tony?«, fragte sie mit einem zärtlichen Lächeln, als sie bei ihm angelangt war. Fast alle lächelten, wenn sie bei ihm waren. Das freute ihn. Er war jetzt schon ein Sinnerfüller! Aber am meisten lächelten der Wächter Demian und seine Mia, wenn sie ihn sahen.
     
    Wie wahr.
     
    Tony nickte kräftig und rutschte auf seinem Sitzpolster anständig nach hinten. »Bereit zur Landung, Mam.«
     
    Bei diesem Anblick musste ich schmunzeln, dann konzentrierte ich mich wieder auf das, was ich sah.
     
    Als Tante Lore weiterging, klammerte er sich aufgeregt mit beiden Händen an die Anschnallgurte, die rechts und links von seinem Körper nach unten liefen. Hui, er war so aufgeregt!
    Um sich abzulenken, versuchte Tony weiter, wie Silas zu denken. Ehrgeizig stellte er sich vor, wie es wäre, wenn er wieder zu Hause wäre. Na ja, und auch die anderen Kinder natürlich. Nein, dachte er beharrlich, wenn er zu Hause wäre, würde seine Mama oder sein Papa ihn dann abholen? Oder sogar beide?
     
    Tonys Eltern! Er wusste also noch gar nicht, dass sie nicht mehr … lebten!
     
    Tony freute sich so, seine Familie zu sehen, okay, die anderen Kinder bestimmt auch, aber er ganz besonders, zwang er seine Gedanken, bei sich zu bleiben. Och nee, dabei fühlte er sich so allein, das machte keinen Spaß. Also stellte er sich vor, wie sie alle ihre Mamas und Papas und Geschwister in die Arme nahmen. Und auch wie es wäre, wenn Hope, Silas und er Mia wiedersahen! Dieser Gedanke zauberte ein breites Lächeln in sein Gesicht, das allerdings von seinem nächsten Gedanken gleich wieder weggewischt wurde. Auch wenn der Anfang ihrer Reise wirklich nicht schön gewesen war, erinnerte er sich seufzend. Nachdem die bösen Männer sie einfach mitgenommen hatten, war Tanja am nächsten Tag zu ihnen in die Abschiebehalle auf der Vulkobase gekommen. Sie hatte Hope ihre Puppe und ihm den kleinen Koffer mit seinem Teddy und dem schicken Hemd, das Mia ihm zum Geburtstag geschenkt hatte, gebracht. Und dann hatte sie ganz viel geweint und versprochen, dass Bert bald nach Loduun nachkommen würde. In seine Gedanken versunken runzelte Tony die Stirn. Er hatte seine Arme um Tanja geschlungen und versucht, sie zu trösten. Trösten, das konnte er gut. Die Leute freuten sich meistens ganz schnell wieder, wenn er bei ihnen war. Aber dieses Mal hatte Tanja nicht aufhören können zu weinen, und das hatte ihn ganz durcheinandergebracht. Tony zog seine Brauen zusammen. Er verstand es noch immer nicht. Wenn die Irden sie schon nicht mehr bei sich haben wollten, dann hätten sie doch wenigstens nett Bescheid sagen können. Aber die Männer waren gemein und grob gewesen. Vielleich waren sie ja Freunde von Lokondra! Bei diesem Gedanken weiteten sich vor Schreck seine Augen. Nur so konnte es sein. Oh nein, wenn Mia eines Tages wieder nach Hause auf die Erde flog, wäre sie ganz allein mit ihnen. Tony fühlte, wie er zornig wurde. So stark er es schon konnte, flimmerte er mit den Augen. Dann würde er mit ihr gehen und sie beschützen. Um Mia zu retten, würde er die Männer auch hauen und, ja, er würde sie sogar beißen! Aber nur wenn es unbedingt sein