Sternenstaub
Fenster. Als ich den Kraterrand hinaufblickte, erkannte ich dort einen blau schimmernden Punkt. Iason!
»Es gibt so vieles, das ich dir sagen möchte.«
Ich strich mit den Fingerspitzen über den Hörer. »Du fehlst mir«, flüsterte ich mit belegter Stimme.
»Es wird nicht für immer sein, Mia. Ich habe darüber nachgedacht. Lokondra kann deine emotionalen Amokläufe unmöglich auf Dauer durchstehen.« Er stieß einen Laut aus, der zwischen Lachen und Weinen lag. »Ich weiß doch, wovon ich rede.«
Ich stieß einen ähnlichen Gefühlscocktailmixlaut aus. »Ja, das weißt du.«
»Aber ich, Mia, ich stehe es durch, ich werde warten, hörst du, ich werde, egal wie lange es sein muss, auf dich warten, weil du mir wichtiger, viel wichtiger bist, als mein Sinn.«
Ich lächelte gequält. Das hatte ich immer hören wollen.
Im selben Augenblicke spürte ich meinen Herzschlag lauter werden. Panisch warf ich einen Blick über meine Schulter. Lokondra!
»Ich muss jetzt Schluss machen«, flüsterte ich.
»Gib nicht auf«, sagte er leise und dann klackte das Gespräch weg.
49
A m nächsten Morgen, nachdem ich mit Lokondra gefrühstückt hatte, setzte ich mich wie jeden Tag noch einmal mit Tony in die Küche, damit er nicht allein essen musste. Guin wollte mir gerade Mojas, also den loduunischen Kaffee einschenken, als ich ihr meine Hand auf den Arm legte. »Guin, das kann ich selbst machen. Setz dich bitte zu uns.«
Sie lächelte schüchtern, als wüsste sie nicht so recht.
»Bitte.« Ich sah sie eindringlich an.
Gehorsam nahm sie auf dem freien Stuhl Platz, den ich ihr, mit einem Arm über meine Tischhälfte gebeugt, zurückschob.
Tony bohrte gerade mit eifriger Intensität den Finger in das Brot, das er sich vors Gesicht hielt, und als das Loch so groß war, dass problemlos ein Päckchen Butter hindurchgepasst hätte, streckte er den Mund hindurch und grinste sie durch das Loch hinweg breit an. Das löste ihre Verlegenheit etwas.
»Sag mal, weißt du vielleicht etwas von zwei Gefangenen, die in den letzten Tagen hierhergebracht worden sind?« Ich hielt ihr den Brotkorb hin.
Etwas schüchtern griff sie zu. »Ja, Gerome hat da was erwähnt.«
Als Nächstes schob ich ihr den Pflanzenmus rüber, den ich so gern mochte.
»Warum fragst du?«
Während sie sich bediente, legte ich die Unterarme vor mir verschränkt auf den Tisch. »Weil ich sie kenne, und den einen kennst du vielleicht auch. Sein Vater war vom Clan der Treuen, genau wie du.«
»Wie ist sein Name?«, fragte Guin kauend.
»Hell.«
Guin ließ das Messer fallen. – Ja, sie kannte ihn.
»Das kann unmöglich sein. Hell ist … tot. Der Clanrat der Treuen hat ihn hingerichtet, weil er von halb ostloduunischem Blut war.«
»Nein, Guin.« Ich beugte mich zu ihr vor. »Lokondra hat ihn zur Leibeigenschaft gezwungen, und als es Hell vor einem Jahr endlich gelungen ist zu fliehen, hat er sich auf der Erde versteckt.« Ich sah sie an, wie sie dasaß, vollkommen erstarrt und ins Leere blickend. »Du bist noch nicht lange hier, stimmt’s?«
»Seit drei Monaten erst«, kam es wie ein Hauch aus ihrem Mund. »Und vorher waren da noch die Monate im Domestikationslager.«
»Kanntest du ihn gut?«
Da sammelten sich Tränen in ihren Augen. »Ich bin mit ihm zusammen groß geworden.«
Das war auch für mich neu. »Dann bist du die Tochter seiner Tante. Derjenigen, die ihn aufgezogen hat, nachdem seine Eltern gestorben waren?«
Sie nickte, so als würden ihre Gedanken plötzlich in eine andere Zeit zurückwandern, in ein vergangenes Leben. »Wie konnte ich das vergessen«, flüsterte sie mehr zu sich selbst.
Ich legte ihr meine Hand auf den Arm. »Ich habe Freunde, Guin. Sie können uns helfen, ihn zu befreien. Meinst du, du kannst herausfinden, wo sie ihn festhalten?«
Ihr Blick kehrte zu mir zurück. »Natürlich. Ich wurde dazu initiiert, dir zu dienen. Dafür kann Lokondra mich nicht bestrafen.«
»Ja, aber willst du es auch?«
Sie zögerte zunächst, doch dann nickte sie. »Hell ist wie ein Bruder für mich, ich …«
Sie liebte ihn.
»Dann holen wir ihn da raus, das verspreche ich dir. Und Lokondra wird nie erfahren, dass du mir dabei geholfen hast.«
Ich zog Tony die Jacke an, setzte ihm seinen kleinen Rucksack auf und dann gingen wir zu Lokondra. In seiner Suite verwickelte ich ihn in ein Gespräch, in dem ich ihn fragte, ob er was dagegen hätte, wenn ich mit Tony und Guin noch mal einen Ausflug ins Amüsierviertel unternahm. Guin
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